Vom Kreisläufer zum mitspielenden Cheftrainer: Königstransfer Branko Koloper soll Handball-Drittligist HG Saarlouis neben und auf dem Spielfeld anführen. Im Idealfall bis zur Tabellenspitze.
Die HG Saarlouis hat einen neuen Trainer. Branimir „Branko" Koloper ist 36 Jahre alt und wurde eigentlich als Spieler verpflichtet. Dass er nun in doppelter Funktion für den Handball-Drittligisten tätig ist, hat ihn selbst etwas überrascht. „Ich freue mich sehr auf die neue Aufgabe und dieses neue Kapitel in meiner Handball-Karriere und werde alles geben, damit es gut funktioniert", sagt der Kroate, der einen Zweijahres-Vertrag unterschrieben hat.
Ein Verfechter von harter Arbeit
Nachdem der Verein die Zusammenarbeit mit Ex-Trainer Philipp Kessler beendet hatte, war plötzlich die Trainersuche angesagt. Nach Informationen der „Saarbrücker Zeitung" sagte Wunschkandidat Maik Handschke einen Tag vor der geplanten Vertragsunterzeichnung ab. Demnach verweigerte sein aktueller Arbeitgeber, der luxemburgische Handballverband, die Freigabe. Kolopers Beförderung sei dennoch „auf keinen Fall" eine Notlösung: „Wir wollten uns als Verein bei der Trainersuche bewusst viel Zeit nehmen und haben mit vielen Kandidaten gesprochen. Bei manchen gab es eine Basis für weitere Gespräche, bei anderen gab es die nicht", erklärt der sportliche Leiter der HG, Mathias Ecker, „Mit Branko Koloper haben wir die Gespräche intensiviert, und seine Ideen und Ansätze haben uns überzeugt. Wäre es nur eine B-Lösung, hätten wir den Vertrag nicht mittel- bis langfristig ausgelegt." Er habe „einen riesigen Erfahrungsschatz, in der Champions League gespielt und unter Lino Cervar trainiert, der Kroatien zum Olympiasieg und Weltmeistertitel führte." Eigene Trainererfahrung hat Koloper nur in der Jugendabteilung in Ferndorf sammeln können. Die für ihn neue Rolle als Cheftrainer traue der Verein dem 36-Jährigen aber auch ohne Trainerlizenz „absolut zu. Wir stehen zu 100 Prozent hinter dieser Entscheidung und sind gespannt, welche neue Ideen er in den Verein einbringen möchte. Die erforderliche Lizenz wird er sofort angehen und wird sie recht zügig in der Tasche haben", kündigt Ecker an. Eine seiner Ideen wird gerade schon umgesetzt: Die Mannschaft trainiert deutlich häufiger, bis zu achtmal pro Woche. Koloper ist ein Verfechter harter Arbeit und der festen Überzeugung, dass nur eine gute Physis die Grundlage für Erfolg sein kann. „Wichtiger als die Trainererfahrung war uns, wie er über Handball spricht, was er anpacken möchte, und wie er dabei vorgeht", stellt Mathias Ecker klar.
In Zagreb geboren, spielte der Rechtshänder in der Jugend und in seinen ersten fünf Jahren als Profi für RK Zagreb – unter anderem auch in der Champions League. Nach einem einjährigen Gastspiel beim slowenischen Club RD Slovan zog es ihn 2011 nach Deutschland. Genauer gesagt zum ThSV Eisenach in die 2. Bundesliga. 2013 gelang dem Club der Aufstieg in die 1. Bundesliga. Im Sommer 2016 folgte der Wechsel in die Schweiz, zum GC Amicitia Zürich. Ein Missverständnis, wie er rückblickend eingestehen muss. „Es hat einfach nicht gepasst", gibt er zu. Mitten in der Saison wechselte er zu Zweitligist TuS N-Lübbecke, mit dem ihm ebenfalls der Aufstieg in die stärkste Handballliga der Welt gelang. Doch sein Weg führte zurück in die 2. Bundesliga, wo er zwischen 2017 und 2022 für den TuS Ferndorf am Kreis ackerte.
Die HG Saarlouis kennt er schon lange. Als Gegner. „Ich habe zu Zweitligazeiten noch gegen Dado Grgic, Daniel Fontaine und auch schon Darius Jonczyk gespielt", erinnert er sich und schwärmt vor allem von Grgic: „Wie er Handball gespielt hat, war super. Er hat uns immer vor Probleme gestellt und war zusammen mit Daniel Fontaine die Achse, die alle Gegner immer auf dem Schirm haben mussten." Nachhaltig beeindruckt hatte ihn auch immer das lautstarke Publikum in der Stadtgartenhalle: „Als Auswärtsmannschaft war es hier immer schwierig. Das Publikum war immer da und hat die Mannschaft als siebter Feldspieler unterstützt", berichtet er und betont: „Das will ich mit meiner Mannschaft auch wieder haben. Die Fans sollen unseren Kampf- und Siegeswillen und unsere Emotionen sehen können, und zusammen mit ihnen können wir das eine oder andere Wunder schaffen."
Seit dem 7. Juli ist der neue Cheftrainer im Saarland, wo er alsbald mit seiner Frau Kristina und seinem zwölfjährigen Sohn Antonio eine Wohnung beziehen wird. Schon am nächsten Tag fand der offizielle Vorbereitungsstart mit der Mannschaft auf dem Plan. „Wir haben einen richtig guten Kader mit Qualitätsspielern, aber auch jungen Spielern, die das Potenzial haben, sich zu entwickeln. Aber dafür müssen wir hart arbeiten", findet Koloper und nennt die Eckpunkte seiner Handball-Philosophie: Kampfgeist zeigen, immer alles geben, Emotionen zeigen und diese auf die Ränge übertragen. Trainingsschwerpunkte setzt der 1,95-Meter-Mann darüber hinaus im Athletikbereich und im Abwehrspiel. „Das sollte unser Grundstein sein. Nur mit einer guten Abwehr kann man etwas erreichen. Das hat sich im Laufe meiner Karriere gezeigt", sagt Koloper.
Fokus wird auf die Abwehr gelegt
Erweitert wurde auch die sportliche Leitung des Vereins. Und zwar um Robin Schweitzer, der Ecker unterstützen soll und sich vor allem um die jungen Spieler im Kader kümmert. „Wir haben gemerkt, dass es bei diesen Spielern nicht immer kontinuierliche Entwicklungen gibt, sondern dass diese auch mal wellenförmig verlaufen kann", erklärt Ecker, „Weil wir auf diese jungen Spieler setzen wollen, ist uns eine individuelle Betreuung wichtig." Nach FORUM-Informationen wird Marko Grgic von dieser Neuerung nicht mehr profitieren. Demnach ist sein Wechsel zu Zweitligist ThSV Eisenach fix. Trotz laufendem Vertrag mit der HG und der Tatsache, dass Eisenach die Ablöseforderung der Saarlouiser nicht akzeptieren möchte. Offenbar kommunizieren beide Seiten aktuell nur noch über ihre Anwälte. „Die Situation ist unverändert. Er hat bei uns einen gültigen Vertrag, und wir sind als HG Saarlouis so professionell, dass wir dieses Thema im Hintergrund bearbeiten und uns nicht auf eine öffentliche Diskussion einlassen", sagt Mathias Ecker zum Fall Grgic. Der neue Trainer würde gern mit dem Sohn seines einstigen Kontrahenten arbeiten. „Ich habe die Situation mitbekommen, aber kenne das Problem in der Tiefe nicht. Ich würde mich sehr freuen, wenn Marko dabei sein wird und noch eine Saison hierbleiben würde", sagt Koloper und weiß: „Jeder Trainer würde sich freuen, ihn im Kader zu haben." Vorsorglich hat die HG mit Kolopers Landsmann Frano Vujovic einen vermeintlichen Grgic-Ersatz verpflichtet. Der 24-jährige Rückraumspieler kommt vom kroatischen Erstligisten GRK Varazdin. „Die Kaderplanung ist abgeschlossen", stellt Mathias Ecker klar und ergänzt: „Wir sind auch sehr optimistisch, dass wir in dieser Besetzung stark genug sind, um in der 3. Liga oben angreifen zu können. Das konkrete Saisonziel legt aber der Trainer zusammen mit der Mannschaft im Trainingslager Anfang August fest."