Gefühlt gehört Lars Walz bei Handball-Drittligist HG Saarlouis noch zu den jungen Wilden. Doch weit gefehlt: Der 24-Jährige geht als Kapitän in die neue Saison.
Schon vor der Corona-Pandemie musste Handballer Lars Walz durch eine lange Leidenszeit: Wegen eines Kreuzbandrisses und einer Impressionsfraktur des Oberschenkelknochens Anfang 2019 fiel er monatelang aus. Doch nach seiner Rückkehr entwickelte sich der Linksaußen bei Drittligist HG Saarlouis zu einem unverzichtbaren Leistungsträger. Sein neuer Trainer, Branimir „Branko" Koloper, machte ihn auch deshalb vor der Saison 2022/2023 zum Kapitän.
Schwere Verletzungen warfen ihn in jungen Jahren zurück
„Mit 24 Jahren gehöre ich in unserer Mannschaft ja schon zu den alten Eisen", scherzt Walz, den alle nur „Willy" nennen. Er will und soll nicht nur die jungen Spieler an die Hand nehmen, sondern Bezugsperson für alle Spieler sein und auch als verlängerter Arm des Trainers auf dem Spielfeld Verantwortung übernehmen. „Der Trainer hat mir gesagt, dass in seiner Philosophie die Kommunikation zwischen ihm und mir und auch zwischen den Spielern und mir eine wichtige Rolle spielt", erzählt Walz. Eine große Ehre und zugleich Herausforderung für den jungen Mann. Nicht ohne Grund: „Ich zögere nicht lange rum, wenn es etwas anzusprechen gilt, und ich scheue auch nicht davor zurück, jemanden anzuscheißen, wenn es mal nötig ist", stellt Walz klar, „Aber die Jungs sollten wissen, dass ich es nie persönlich meine und nach dem Spiel immer gern ein Bierchen mit ihnen trinke. Wie ich das sehe, haben das alle verstanden und deshalb bin ich als Kapitän respektiert."
Dass Koloper, der als Kreisläufer und Abwehrspezialist schon frühzeitig verpflichtet wurde, kurz vor dem Vorbereitungsstart zum Spielertrainer befördert wurde, hatte Walz „letztendlich schon überrascht. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass es Maik Handschke wird, der dann kurz vor Ende der Verhandlungen abgesprungen war." Doch nach den ersten Wochen der Vorbereitung hat Walz festgestellt: „Da haben wir einiges richtig gemacht." Das Training unter dem erfahrenen Profi sei „richtig gut", auch das Auftreten des Trainer-Neulings imponiert dem Führungsspieler: „Das hätte ich ehrlich gesagt anfangs so nicht erwartet", gibt der Führungsspieler zu. Zu Kolopers Unterstützung wurde Christian Mühler als Co-Trainer verpflichtet. Der 40-jährige frühere Regionalligaspieler des TBS Saarbrücken war zuletzt sieben Jahre Trainer des Saarlandligisten HSG Dudweiler-Fischbach.
Als Kapitän ist Lars Walz nicht nur der verlängerte Arm der Trainer auf dem Spielfeld, sondern auch Bindeglied zwischen Mannschaft und Vorstand. Dass in Sachen Kommunikation in der vergangenen Saison einiges im Argen lag, wurde rund um den Rückzug von Kolopers Vorgänger Philipp Kessler deutlich. „Das ist für alle blöd gelaufen, aber als Spieler bin ich nicht in der Rolle, das zu kommentieren", sagt Lars Walz dazu und stellt klar: „Für mich war immer klar, dass ich auch in der nächsten Saison hier spielen werde – egal unter welchem Trainer. Ich habe mich stets darauf verlassen, dass eine gute Lösung gefunden wird. Und so kam es ja auch." Zu verbessern, was Ende vergangener Saison schiefgelaufen war, haben sich alle Beteiligten fest vorgenommen: „Die Fehler aus der vergangenen Saison sollten sich nicht wiederholen. Wir sitzen alle im selben Boot und haben dasselbe Ziel: Spiele zu gewinnen", weiß Walz.
Das Fazit des Kapitäns fällt bisher positiv aus. Und das, obwohl die Abwehr quasi umgebaut wird. Zwar favorisiert Branko Koloper wie sein Vorgänger Philipp Kessler die 6-0-Formation, doch mit einigen Unterschieden: „Die Grundausrichtung ist etwas defensiver, und wir wollen mehr mit dem Innenblock arbeiten. Das heißt, dass auch die Absprache zwischen Torwart und Block sehr wichtig ist", erklärt Lars Walz und führt mit Blick auf die Veränderungen im Stellungsspiel aus: „Die gegenseitige Hilfe muss immer funktionieren. Wenn ein Spieler einen Zweikampf verliert, muss direkt ein Mitspieler zur Stelle sein. Das war vorher etwas anders. Früher haben wir eher mannbezogen verteidigt, jetzt mehr ballbezogen." Es sei ganz klar, dass im Moment „noch nicht alles funktioniert. Ich bin aber davon überzeugt, dass es bis zum Saisonstart funktionieren wird." Was den Angriff der Saarlouiser betrifft, macht sich der Linksaußen „gar keine Sorgen. Da sind wir auf allen Positionen wirklich gut besetzt und werden gegen jeden Gegner Lösungen finden."
Allerdings ohne Rückraum-Toptalent Marko Grgic. Der Sohn der HG-Legende Danijel Grgic wechselte trotz seines ursprünglich bis 2023 datierten Vertrages zu Zweitligist ThSV Eisenach, wo auch Lars’ Bruder Peter spielt. „Ich hätte ihn schon lieber in meiner Mannschaft als in der meines Bruders – aber das sieht mein Bruder genauso", sagt Lars Walz und schmunzelt, „Er ist vorne einfach richtig stark, aber mit Frano Vujovic haben wir einen starken Rückraumspieler dazubekommen, der schon in der 1. Kroatischen Liga Erfahrung gesammelt hat. Auch ihm merkt man an, dass er Handball verstanden hat." Hinzu kommen viele junge, talentierte Spieler aus dem eigenen Nachwuchs. Insbesondere denen will Walz helfen.
Die Jungen werden Lehrgeld zahlen
Aus eigener Erfahrung weiß „Willi" nämlich, was es heißt, plötzlich zum Erstmannschaftskader zu gehören. Er kam im Alter von 17 Jahren zu seinem Debüt – damals noch in der 2. Bundesliga. „Die Jungs machen sich schon ganz gut im Training, Potenzial ist auf jeden Fall vorhanden. Aber es werden alle noch ordentlich Lehrgeld zahlen müssen", sagt Walz und merkt an: „Sie müssen auch erst einmal die Erfahrung machen, wie es ist, in einer vollbesetzten Halle zu spielen. Ich hatte vor meiner ersten Einwechslung die Hosen gestrichen voll." Damals wurde er ins kalte Wasser geworfen – und fing an zu schwimmen.
Mittlerweile schwimmt er mit gerade einmal 24 Jahren vorneweg und rät den Anfängern im Drittliga-Becken: „Sie müssen jedes Training und jede Minute Einsatzzeit nutzen. Das ist eine Frage der Einstellung. Wenn man genau das macht, was der Trainer sagt, kann es nicht falsch sein. Also: Keine Angst haben und einfach machen."
Gelingt die Umsetzung der neuen Schwerpunkte in der Abwehr und schaffen es die Jungen, ihr Potenzial abzurufen, ist der beim Regionalverband Saarbrücken angestellte Beamte aus Völklingen-Fürstenhausen sicher: „Dann ist ein Platz unter den ersten drei möglich." Dafür wird „Brankos Pranke" alles geben.