Für ihren Debütroman „Junge mit schwarzem Hahn" wurde Autorin Stefanie vor Schulte Anfang des Jahres im Literaturhaus Hamburg der Mara-Cassens-Preis verliehen. So entschied die ehrenamtliche Leserjury des Literaturhausvereins. Hervorgehoben wird von der Jury unter anderem die schnörkellose, auf das Wesentliche reduzierte Sprache der Autorin, mit der sie bei den Lesern Bilder hervorruft, die einen unmerklichen Sog ausüben.
Der faszinierende Roman wechselt zwischen grausamen, berührenden, abenteuerlichen und surrealen Erlebnissen des Helden. Wirkt die Geschichte zunächst realistisch, so zeigt sich im Verlauf ein zunehmend fiktiver und märchenhafter Charakter.
Im Mittelpunkt des Romans steht ein zwölfjähriger Junge, ein kluger, unerschrockener und geheimnisvoller Teenager, den keiner so recht durchschaut. In früher Kindheit hochgradig traumatisiert, scheint er dem Leben mit Gleichmut zu begegnen, als könne ihn nichts mehr wirklich erschüttern. Den Menschen im Dorf ist er nicht geheuer, zumal sein ständiger Begleiter ein schwarzer Hahn ist, ein teuflisches Symbol des Aberglaubens. Schließlich ergreift Martin die Gelegenheit und begibt sich mit einem Maler auf Wanderschaft. Ein vorangegangener Krieg hat Spuren im ganzen Land hinterlassen. Und so begegnen dem Jungen überall Hunger, Armut, Tod und Heimatlose, bis er sich auf einer Festung einer schier unlösbaren Aufgabe stellen muss.
Eine wesentliche Rolle in dem Märchenroman spielt der schwarze Hahn, dessen Stimme nur der Junge versteht. Jenseits des Aberglaubens verkörpert Martins treuer Gefährte seinen schützenden Instinkt und die innere Stimme. Zuverlässig nährt er seine Intuition und ermutigt ihn unbeirrt, seiner Bestimmung zu folgen, allen Widrigkeiten zum Trotz. Auf diese Weise schafft sich die Autorin mit dem schwarzen Vogel ein Sprachrohr für ihre Botschaft an die Leser, der Aufgabe seines Lebens nicht auszuweichen, sondern ihr mutig zu folgen. Ein ungewöhnlicher und sehr spannender Roman.