Mit dem 1:1 gegen Frankfurt kann Hertha BSC leben – und hofft nun auch auf einen Punkt in Mönchengladbach.
Es war ein beeindruckender Start des Nachmittags im Olympiastadion mit der Choreografie der Ostkurve zum 130. Vereinsgeburtstag – da wollte die Mannschaft von Hertha BSC ihren Anhängern wohl nicht nachstehen und ging bereits in der 3. Minute in Führung. Das Team belohnte sich so schnell für eine (zweikampf)-starke Anfangsphase, Suat Serdar köpfte eine Flanke von Dodi Lukebakio ein. Es erinnerte ein wenig an die Tage von Felix Magath, als Hertha BSC im Abstiegskampf der vergangenen Spielzeit zu Hause mehrfach frühzeitig in Führung gegangen war und dadurch noch die nötigen Punkte zum Klassenerhalt einfahren konnte. Nicht immer wurde der Vorsprung dabei aber auch nach Hause gebracht – genauso wie am vergangenen Sonnabend.
Denn Eintracht Frankfurt bewies im weiteren Verlauf der Partie seine Qualitäten als widerstandsfähige Mannschaft und kam so nicht unverdient kurz nach Beginn des zweiten Durchgangs dank Kamadas Treffer zum Ausgleich. Hertha BSC behielt trotzdem ein Chancenplus, ohne dies allerdings für sich nutzen zu können. Als größter Unglücksrabe des Nachmittags erwies sich dabei Stevan Jovetic, der erst 20 Minuten vor Spielende für Neuzugang Wilfried Kanga eingewechselt worden war. Zunächst schoss der Montenegriner freistehend am langen Pfosten vorbei, dann stand er Serdar bei dessen Abschluss aus kurzer Distanz im Weg – und verhinderte damit die wohl sichere 2:1-Führung der Blau-Weißen. Immerhin aber konnte die Alte Dame am Ende auch ein wenig Glück für sich beanspruchen, um wenigstens einen Punkt in der Hauptstadt zu behalten – denn Schiedsrichter Willenborg hatte nach einem Duell zwischen Hertha-Torwart Oliver Christensen und Frankfurts Borré im Strafraum bereits auf den Punkt gezeigt. Nach einem Hinweis des VAR begutachtete der Unparteiische die Szene nochmals ausführlich am Bildschirm und hatte die Größe, seine Entscheidung zu korrigieren – unter dem Strich wohl die richtige Entscheidung. Sandro Schwarz zeigte sich dann im Anschluss vor allem zufrieden mit der Anfangsphase seiner Schützlinge: „Wir sind sehr gut reingekommen, hatten 25, 30 tolle Minuten und Chancen zum 2:0" – dabei sprach Herthas Trainer wohl vor allem auf die Szene an, als Kanga freistehend aus kurzer Distanz über das Eintracht-Tor schoss. „Danach waren wir zu passiv", monierte der 43-Jährige jedoch einmal mehr. Somit blieb es am Ende bei einer Punkteteilung nach dem Motto: „Der Spatz in der Hand…".
Viele Chancen nach gutem Start
Mit Spannung wurde dabei das Debüt von Herthas jüngstem Neuzugang erwartet – doch Mittelfeldspieler Jean-Paul Boetius nahm zunächst auf der Bank Platz. Der Niederländer war zwar schon länger als Verpflichtung bei der Alten Dame im Gespräch und insofern als Personalie keine große Überraschung mehr, zuvor aber musste erst der Abgang von Jurgen Ekkelenkamp über die Bühne gebracht werden. Von seinem Landsmann, der für fünf Millionen Euro zum belgischen Erstligaverein RFC Antwerpen abgegeben wurde, übernahm Boetius gleich auch das Trikot mit der Nummer 10. Der 28-Jährige konnte hingegen ablösefrei bis 2025 unter Vertrag genommen werden – was Sportvorstand Fredi Bobic veranlasste, ihn als „Glücksgriff" zu bezeichnen. Denn Boetius kostete nicht nur kein Geld, er kennt auch die Bundesliga aufgrund seiner vierjährigen Zeit beim 1. FSV Mainz 05 und obendrein auch noch Herthas Übungsleiter Sandro Schwarz, der die Rheinhessen bekanntlich knapp zweieinhalb Jahre trainierte. Bei seiner Vorstellung bezeichnete der Niederländer den Coach sogar als seinen „Fußball-Papa" – 2018 hatte der ihn von Feyenoord Rotterdam nach Mainz geholt und zum Stammspieler gemacht. Gegen Frankfurt kam der Neuzugang zwar erst nach einer knappen Stunde ins Spiel, Fakt ist jedoch: Sollte Boetius das abliefern, was von ihm erwartet wird, dürfte der Platz in Herthas Mittelfeld für andere noch schwerer zu ergattern sein. Obwohl der Neuzugang zunächst draußen blieb, bekam das bereits Kevin-Prince Boateng zu spüren: Der 35-Jährige, der in den ersten beiden Pflichtspielen von Beginn an dabei war und sich öffentlich noch seines Fitnesszustands erfreut hatte („Ich fühle mich zehnmal besser als letztes Jahr um die gleiche Zeit"), kam dann gegen Frankfurt nicht um die Rolle des Bankdrückers herum. Denn in der Startelf standen weder er, der sogar die kompletten 90 Minuten draußen blieb, noch Boetius, sondern Lucas Tousart. Auch mit seinen Einwechslungen überraschte Sandro Schwarz, brachte etwa den jungen Derry Scherhant, Jovetic und auch Marton Dardai in die Partie. Die Startelfdebüts von Mittelstürmer Kanga sowie Außenbahnspieler Chidera Ejuke waren hingegen erwartet worden, während Herthas Trainer mit dem Einsatz von Maximilian Mittelstädt auf die Adduktorenprobleme des neuen Kapitäns Marvin Plattenhardt (Tousart übernahm für ihn die Binde) reagieren musste. Während Wechselkandidat Mittelstädt also zumindest eine Chance bekam, sich zu zeigen, scheint für Vladimir Darida in dem voll entbrannten Kampf um die (nur) drei Plätze im Mittelfeld nicht mehr viel zu gehen. So wird der tschechische Nationalspieler möglicherweise vor Ende des Transferfensters noch abgegeben – auch Davie Selke saß 90 Minuten draußen und könnte nach Wilfried Kanga dem Vernehmen nach von Fredi Bobic noch einen weiteren Kontrahenten in der Angriffszentrale vor die Nase gesetzt bekommen.
Darida und Selke auf der Kippe
Mit dem 1:1 konnte Hertha BSC somit zumindest erstes Zählbares im dritten Pflichtspiel verzeichnen und den Kontrahenten Eintracht Frankfurt in der Tabelle hinter sich halten, auch wenn das nach dem zweiten Spieltag eher kosmetischen Charakter besitzt. Gegen einen Champions-League-Teilnehmer einen Punkt mitzunehmen, bleibt für die Berliner aktuell jedoch allemal keine Selbstverständlichkeit – genau wie ein Unentschieden am heutigen Freitagabend bei Borussia Mönchengladbach. Schließlich hat die „Fohlen-Elf" in ihren zwei Bundesligapartien jeweils nach Rückstand noch gepunktet – allerdings musste man auch zuletzt bei Aufsteiger Schalke 04 in der Nachspielzeit noch den sicheren „Dreier" hergeben. Dennoch scheint das Team vom Niederrhein mit seinem neuen Trainer Daniel Farke keinen längeren Eingewöhnungsprozess zu benötigen, der Kader der Borussia dazu größtenteils zu stehen – zwei Faktoren also, von denen man bei Hertha BSC derzeit noch träumen muss.