Fische sind die Leidenschaft von Tobias Buchheit. Der 33-Jährige züchtet und verkauft Fische fürs Aquarium und betreibt auch einen recht erfolgreichen Youtube-Kanal.
Wer den Hobbykeller von Tobias Buchheit betritt, dem steigt ein erdig-feuchter Geruch in die Nase. „So soll das auch sein", sagt der Hausherr. Erst wenn’s stinkt, ist etwas faul. Aber dazu wird es nicht kommen. Die 30 Aquarien, die hier stehen, hütet der Saarbrücker nämlich wie seinen Augapfel. Er will, dass sich die Fische, die er hegt und pflegt, wohlfühlen. Vielleicht spüren das seine schuppigen Mitbewohner sogar. Sobald er sich mit dem Futter nähert, kommt Bewegung in die Kulisse. Wobei die Unterwasserlandschaften in der Regel recht übersichtlich gestaltet sind. Das hat einen einfachen Grund: Weil Buchheit Fische züchtet, muss er immer wieder Exemplare entnehmen. Das geht am stressfreiesten für die Tiere, wenn es möglichst wenig Verstecke gibt, die die Prozedur in die Länge ziehen. Dem 33-Jährigen ist es auch wichtig, dass es den Fischen, die er über seinen Online-Shop verkauft, in ihrem zukünftigen Domizil gut geht. Und natürlich sollen sie den Weg dorthin schadlos überstehen. Den Versand übernimmt eine Spezialfirma, spätestens nach 24 Stunden ist die Lebendware beim Kunden.
Am Tag unseres Besuches hat Buchheit schon mehreren Interessenten abgesagt. Bevor er Fische abgibt, fühlt er den möglichen Käufern auf den Zahn. Er fragt zum Beispiel nach der Größe des Aquariums. „Man kann auch nicht alles zusammensetzen", erläutert er weiter. Manche Fische haben es gern warm, andere fühlen sich bei kühleren Temperaturen wohl. Einige mögen saures Wasser, andere bevorzugen einen höheren pH-Wert. Und natürlich steht so mancher Wasserbewohner auf dem Speisezettel eines anderen. Setzt man Zwergkärpflinge zu Buntbarschen, bleibt nicht viel von ihnen übrig. „Das gibt Mord und Totschlag", weiß Tobias Buchheit.
In der Natur droht auch von den zweibeinigen Fressfeinden Gefahr. Um den Angelhaken der Menschen zu entgehen, setzen die Fische vor allem auf ihr Gehör. Sie haben ein inneres Ohr und nehmen Geräusche mit der ganzen Körperoberfläche auf. Dabei kommt ihnen zugute, dass sich Schallwellen im Wasser wesentlich schneller ausbreiten als in der Luft. Deshalb verhalten sich Angler am Wasserrand ganz ruhig. Ist es draußen laut, ahnen Fische, dass Unheil droht. Dann verzichten sie auf das angebotene Futter und beißen nicht an. „Fische sind intelligenter als man denkt", sagt Buchheit. Dass Goldfische angeblich bereits nach fünf Sekunden alles wieder vergessen, stimme nicht. Ob ein Fisch bewusst Schmerz empfindet, ist wissenschaftlich wohl noch nicht geklärt. Die Anlagen seien auf jeden Fall vorhanden, erläutert Buchheit mit Blick auf das Nervensystem der Wirbeltiere.
Aktuell betreut er rund 1.000 Fische
Wer es allen Arten recht machen möchte, braucht viele Aquarien. „Man hat immer eins zu wenig", erklärt der Experte mit einem Schmunzeln. Er selbst richtet sich gerade ein Becken mit Meerwasser ein. Das ist nicht so kompliziert, wie manche denken. Zu beachten gibt es trotzdem einiges. Es reiche nicht, Speisesalz ins Leitungswasser zu schütten, betont Buchheit. Er setzt aber hauptsächlich auf Tiere, die im Süßwasser leben. Dort ist der Artenreichtum größer. Aktuell betreut Tobias Buchheit rund 1.000 Fische.
Die Leidenschaft für die Flossenträger wurde ihm in die Wiege gelegt: „Mein Vater war Angler, ich hatte immer mit Fischen zu tun." Wenn sich in einem Teich oder einem Bach in der Umgebung etwas bewegte, war der kleine Tobias sofort mit dem Schnorchel zur Stelle. „Die anderen haben sich gewundert, dass ich keine Kiemen habe", erzählt Buchheit mit einem Augenzwinkern. Sein erstes Aquarium bekam er im Alter von zehn Jahren zu Weihnachten geschenkt. „Ich habe viel falsch gemacht", erinnert er sich. Damals konnte er noch nicht im Internet recherchieren. Stattdessen fragte der Junge seinen Vater um Rat, er probierte vieles aus, informierte sich in Fachbüchern. In einem Aquarienverein fand er Gleichgesinnte.
Heute gibt Buchheit sein Wissen gerne weiter, „Tobis Aquaristikexzesse" heißt sein Youtube-Kanal. Beim Plaudern mit einem befreundeten Fotografen entstand 2014 die Idee, ein Video zu machen. Ein Thema für die Premiere war schnell gefunden: Buchheit wollte an dem Tag sowieso noch seine Jungfische füttern. Also hielt man mit der Kamera drauf und stellte den Film ins Netz. Die Schnapsidee – wie Buchheit die Aktion heute nennt – entpuppte sich als Volltreffer. „Die Reaktionen waren extrem positiv", erinnert er sich. Es folgten zahlreiche weitere unterhaltsame Videos mit viel Wissenswertem zu verschiedenen Fischarten. Das Publikum lernt, wie man Lebendfutter selbst herstellt, undichte Becken repariert oder die Beleuchtung installiert. Vor allem Anfänger erhalten viele Tipps: Aquaristik-Einsteiger sollten zunächst den Härtegrad und den pH-Wert ihres Leitungswassers analysieren. Und anschließend dann die zu den Bedingungen passenden Fische auswählen. Außerdem rät der Fachmann davon ab, auf sein Bauchgefühl zu hören und sich erst mal ein sehr kleines Becken anzuschaffen. Denn dort kann schon ein kleiner Lapsus zu einem großen Problem werden. „Je mehr Wasser in einem Aquarium ist, desto eher wird ein Fehler verziehen", weiß der Saarländer. Er selbst lernt heute immer noch dazu. Kürzlich musste er überrascht feststellen, dass in einem seiner Becken offenbar einige Fische fehlten. Erst nach längerem Suchen entdeckte er ein Auge, das ihn aus dem Sand anschaute. Dass sich diese Art gern eingräbt, hatte er bisher nicht gewusst.
Sein Traum ist ein eigenes Fachgeschäft
Mittlerweile hat Buchheit 25.700 Abonnenten, einige Videos wurden weit über 100.000-mal angeschaut. Die Produktion der Filme macht ihm Spaß. Der Youtuber räumt aber auch ein, dass ein gewisser Druck entsteht: „Man will etwas liefern." Im Schnitt etwa einmal die Woche gibt es Nachschub für seine „Fischlinge" – so nennt Buchheit die Zuseher. Etwa 80 Prozent sind männlich, die meisten sitzen in Deutschland, Österreich und der Schweiz am Monitor. Viele sind zwischen 25 und 50 Jahre alt und gehören zu einer Altersgruppe mit hoher Kaufkraft. Deshalb klopfen immer wieder Unternehmen an, die Werbung platzieren möchten. Wenn Buchheit deren Produkte in Ordnung findet, kommt man ins Geschäft. Die Einnahmen aus der Werbung und die Erlöse aus dem Fischverkauf sind allerdings nicht so hoch, dass er sein Hobby zum (Haupt-) Beruf machen könnte. Der gelernte Baustoffprüfer arbeitet in der Qualitätskontrolle einer Firma, die Getränkedosen aus Aluminium herstellt. Vielleicht wird er irgendwann seinen Traum verwirklichen und ein eigenes kleines Fachgeschäft eröffnen. Er weiß aber auch: „Der Sprung in die Selbstständigkeit ist sehr hart."
Zurück zum Haus des Fischfreundes: Eine Etage über dem Hobbykeller befindet sich das Aufnahmestudio. Zur Film-Ausrüstung gehört eine Unterwasserkamera. Kürzlich hat Buchheit mit ihr Aufnahmen in einem Bach gemacht, in dem Aquariumfische leben. Solche Gewässer mit relativ warmem Wasser sind selten. Wo der Bach plätschert, verrät der Naturfreund nicht. Er möchte nicht, dass Leute dorthin pilgern, um ihr Aquarium kostenlos aufzufüllen und dabei dann auch noch das Schilf am Ufer zertrampeln. Tobias Buchheits Lebensgefährtin teilt seine Leidenschaft für die Aquaristik. Wenn die Familie verreist, behalten Nachbarn oder Freunde die Tiere im Auge. Sie müssen lediglich das schon vorher portionierte Futter in die Becken kippen. Im Hause Buchheit ist noch kein Fisch verhungert. Und ein zerbrochenes Aquarium gab es auch noch nie. Eine Tragödie musste der Tierfreund vor einigen Jahren allerdings verkraften. Nach dem Ausfall einer Pumpe starben einige Fische. Inzwischen ist die Technik mehrfach abgesichert. Fällt eine Pumpe aus, springt eine andere ein. Gegen Ende unseres Besuchs verrät Buchheit noch, dass er im Urlaub am Meer auch gerne mal frisch gefangenen Fisch isst.
Hinter Glas sieht er die Tiere aber viel lieber als auf dem Teller. Er genießt es, Fische in Ruhe zu beobachten. „Dabei kann ich runterfahren", betont Buchheit. Manchmal bewundert er seine Zöglinge sogar im Fernseher – gebührenfrei und ganz ohne Werbung. Den ersten Flimmerkasten seiner Mutter hat er vom Speicher geholt und zu einem Aquarium umgebaut.