Nein, hierbei ist nicht die Farbe des Möbelstücks gemeint, sondern die Nachhaltigkeit der darin enthaltenen Kleidung. Und da besteht dringender Handlungsbedarf. Der grüne Kleiderschrank hilft dabei, Geld zu sparen und schont zudem das Klima.
Laut einer Studie von Greenpeace besitzt jeder Deutsche zwischen 18 und 69 Jahren durchschnittlich 95 Kleidungsstücke, Socken und Unterwäsche ausgenommen. Die Schränke sind also üppig gefüllt, wenn man bedenkt, dass täglich bloß eine Hose oder ein Rock plus Oberteil und eventuell eine Jacke zum Einsatz kommen. Das Überangebot an verfügbaren Stücken führt dazu, dass etwa 40 Prozent gar nicht getragen werden. Teilweise, weil die Kleidung nicht passt oder einfach nicht mehr gefällt. Höchste Zeit also, sich von Altlasten zu befreien und nur das zu behalten, was auch wirklich regelmäßig getragen wird. Doch wohin mit dem Ausschuss? Experten raten schon mal nicht in den Müll. Allein im Jahr 2017 wurde, laut Angaben der Ellen MacArthur Foundation, pro Sekunde eine komplette Lkw-Ladung an Kleidung verbrannt. Darunter gab es gute gebrauchte und nagelneue Textilien. Eine unglaubliche Verschwendung, zumal sich Kleidung nur schwer verbrennen lässt und dabei giftige Partikel entstehen, die dann in die Luft geblasen werden, ins Abwasser schwemmen oder sonstigen Schaden anrichten. Dabei ist der größte Teil der Schadensbringer noch absolut in Ordnung. Ihm fehlt bloß der rechte Wirkungskreis. Eine Möglichkeit wäre, Altkleider zu spenden, zum Beispiel an karitative Einrichtungen, Kinderheime, Kirchenkreise oder bedürftige Familien. Die Organisationen stellen sogar Spendenquittungen aus, die sich steuerlich absetzen lassen. Alternativ dazu können über Kleiderbörsen online und offline insbesondere Markenartikel gut weiterverkauft werden. Wer es persönlicher mag, der lädt zu sogenannten Swap-Partys ein. Hier bringen Frauen oder Männer, die in etwa die gleiche Größe tragen, ihre Ausmist-Sachen einfach mit und tauschen sie gegen Stücke, in die sie sich neu verliebt haben. Mit einem Schluck Sekt oder einem leckeren Snack ist diese Party eine lustige Angelegenheit, bei der sich neben echten Lieblingsstücken auch neue Freunde finden lassen.
Pro Sekunde eine Lkw-Ladung
Ist der Kleiderschrank nun ausschließlich mit dem Wichtigsten gefüllt, stellen viele Menschen fest, dass ihnen noch das eine oder andere Basic-Teil fehlt. Hier trifft ein Motto der britischen Modedesignerin Vivienne Westwood den sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf: „Buy less, choose well, make it last." Wer wenig kauft, genau überlegt was er braucht und seine Schranklieblinge pflegt, der hat einfach mehr davon. Scheinbar ein Grundkonzept, das vielen völlig neu ist. Wie sonst erklärt sich das niederschmetternde Ergebnis einer Studie der Bamberger Universität aus dem Jahr 2018/19, wonach jede zweite Online-Bestellung von Kleidung wieder zurückgeschickt wird? Damit belasten die Kunden das Klima mit gleich 166.000 Tonnen an CO2-Äquivalenten oder 1.540 tägliche Fahrten mit dem Auto von Hamburg bis nach Moskau! Statt online zu ordern, kann es sich lohnen, direkt in die Geschäfte zu gehen. Das schenkt dem Einzelhandel nicht nur wirtschaftlichen Aufschwung nach den Krisenzeiten der vergangenen Jahre, der Kauf vor Ort hat weitere Vorteile. Alles lässt sich anprobieren und anfassen. Da sind Fehlkäufe deutlich seltener anzutreffen.
Empfehlenswert ist es, auf Eco-Fashion-Label zu setzen. Diese produzieren ihre Kleidung unter fairen Arbeitsbedingungen in den Herkunftsländern, verschiffen sie möglichst klimaneutral nach Deutschland und verwenden ausschließlich ökologische Materialien für die Fertigung. So bleibt ein gutes Gewissen beim Einkauf, und gut für die eigene Gesundheit ist die Konzentration auf Eco-Fashion ebenfalls. Immer häufiger kommt es schließlich vor, dass Hautausschläge oder Atemprobleme als Folge von chemischen Belastungen in den Textilfasern auftreten. Besser ist es, dies zu vermeiden und Freude an seinen neuen Lieblingsstücken zu haben. Wichtig beim Neukauf ist der Grüne Knopf. Dieses Textilsiegel wurde im September 2019 vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit eingeführt, und zwar zur „Corporate Social Responsibility". Es soll ein Bewusstsein in der Gesellschaft schaffen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen wie denen in Textilien. Dabei ist der Grüne Knopf nicht das einzige Siegel. Es existiert noch eine Vielzahl anderer, an der sich Verbraucher beim Kauf von Eco-Fashion orientieren können. Die bekanntesten Siegel in diesem Segment sind der Blaue Engel und Earth Positive, das über die Verwendung von 100 Prozent Bio-Baumwolle in den Produkten Auskunft gibt. Fairtrade steht für faire Wirtschaftsstrukturen in den Herkunftsländern vieler Textilien wie aus Lateinamerika, Afrika und Asien. GOTS (Global Organic Textile Standard) zeichnet sozialverträgliche und ökologische Textilien aus, ebenso wie die World Fair Trade Organisation (WFTO). Diese wurde bereits im Jahr 1989 mit dem Ziel gegründet, weltweit fairen Handel zu betreiben, wozu faire Arbeitsbedingungen und eine angemessene Entlohnung zählen. Viele Eco-Fashion-Label verfügen über eine der oben genannten oder andere Kennzeichnungen und manchmal gleich mehrere Siegel, die die Qualität ihrer Produkte unterstützen.
Gütesiegel für faire Produktion
Trotzdem sollte es zum Standard gehören, ausgewählt und nicht überschwänglich zu shoppen. Hilfreich ist der Minimalisten-Tipp schlechthin: die Capsule Wardrobe. Hierunter verstehen erfolgreiche Verfechter des Konzepts einen Kleiderschrank, der ausschließlich aus Basic-Teilen besteht, die sich immer wieder neu miteinander kombinieren lassen. Der Grundgedanke dahinter ist, möglichst wenig zu besitzen und trotzdem jedem Anlass gemäß die passenden Lieblingskombinationen herauspicken zu können. Dafür ist es notwendig, wirklich radikal den Inhalt des Schranks zu reduzieren. Profis beschränken ihn auf 15 bis 30 Teile, Unterwäsche und Socken ausgenommen. Optimal ist eine Capsule Wardrobe für den Sommer und eine für den Winter. Die Grundvoraussetzung für ein Gelingen dieser Idee ist zu wissen, was einem wirklich steht und den eigenen Stil unterstreicht.
„Capsule Wardrobe" hilft dabei Kleidung zu reduzieren
Mode ist sehr vergänglich, im Fast-Fashion-Segment gilt vieles schon wieder als längst überholt, was gerade erst den Weg in die Auslagen gefunden hat. Um Kleidung für einen selbst haltbar zu machen, braucht es nicht die Suche im nächstbesten Modemagazin, es reicht der Blick in den Spiegel. Wo drin fühle ich mich wohl? Was möchte ich tragen, und steht es mir auch? Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, startet das Ausmisten. Fehlt das eine oder andere Stück noch zum Glück, dann entweder tauschen, gebraucht kaufen über Kleiderbörsen, in Secondhandläden gehen oder neue Eco-Fashion anschaffen. Um die Stoffe zu schonen, sollten diese gut durchlüftet auf Kleiderbügeln hängen. In einem „leeren" Kleiderschrank ist das ja kein Problem. Mit der richtigen Pflege hat die Kapsel voller Kleiderglück eine lange Überlebensdauer und hilft einem, ordentlich Geld für sinnlose Neuanschaffungen zu sparen.