Das „Brauhaus zum Stiefel“ war lange Zeit einer der Anlaufpunkte in Saarbrücken. Nach zwei Jahren Pause, umfassendem Umbau, neuen Besitzern und Pächtern hat es seit einigen Wochen wieder geöffnet und ist gleich bestens besucht.
Seit ein paar Wochen hat „Saarbrückens gute Stube“, das „Brauhaus Zum Stiefel“, wieder geöffnet. Vielen treuen Stammgästen und Fans fehlte das Haus am St. Johanner Markt, seit es seine Türen 2020 geschlossen hatte. Das Haus, das bis dahin in Hand der Familie Bruch war, musste damals verkauft werden. Neuer Eigentümer ist Familie Schwamm, und diese vermietet das Anwesen für 25 Jahre an die Gastro-Gruppe Place2b Group, die bereits einige andere Event-Restaurants betreibt. Nach zweijähriger, umfassender Kernsanierung ist das „Brauhaus zum Stiefel“ jetzt wieder eröffnet worden. Kernsanierung bedeutet: Hier wurde alles neu gemacht!
Ich bin wirklich erstaunt, wie schön das Brauhaus geworden ist. Ich finde die Arbeit, die hier reingesteckt wurde, wirklich sehr gelungen. Das Wirtshaus erstrahlt in neuem Glanz und hat gleichzeitig den Charme eines Traditionshauses behalten. Um die Zukunft des Hauses muss man sich sicher keine Gedanken machen, denn kaum eröffnet, wurde das Brauhaus förmlich überrannt. Betriebsleiter Jasper Van’t Hoff: „Die ersten Tage waren extrem hart. Wir mussten einiges nachjustieren. Haben wir aber hinbekommen, und jetzt läuft es gut. Die Gäste kommen gern. Wir sind mittags und abends fast immer ausgebucht.“
Im Vorfeld haben sich die Betreiber in Städten wie München, Berlin, Köln, dem Ruhrpott und in Tschechien umgesehen. Überall dort, wo Bierkultur eine große Rolle spielt. In Tschechien lernten sie, dass tolle Wirtshäuser dort oftmals 500 Liter fassende Kupfertanks im Keller stehen haben. Diesen Gedanken griffen sie auf. Gebraut wird bei der Karlsberg-Brauerei – spezielle Biere für den Stiefel. Diese werden in 1.000 Liter fassenden Tanks gelagert. Das Bier ist so frisch wie in der Brauerei, ohne künstliches Karbonat wird es in einem besonderen Tankwagen zum Stiefel gebracht. Aus dem Keller wird es nur mit Luft hochgepumpt. Dafür hat sich die Karlsberg-Brauerei einen besonderen Tankwagen angeschafft.
Die Speisekarte hat vier Seiten
Die Sorten, die es hier gibt: Stiefel Original, Weizenbier, Saison-Bier und der „vierte Hahn“. Das Stiefel Original ist ein Pils. Genau mein Ding, aber etwas süffiger, etwas süßer als das sozialistische Einheitspils, das in ganz Deutschland serviert wird. Das Weizenbier ist klassisch. Das aktuelle Saison-Bier ist das Bockbier von Karlsberg. Der vierte Hahn ist ein Bier, wie es in Bayern sehr verbreitet ist. Es ist in diesem Fall ein Festbier und stammt aus dem Münchner Hofbräuhaus. Hat mir sehr gut geschmeckt.
Um mir ein genaues Bild zu machen, musste ich hier zweimal vorbeigehen. Zuerst mit meinem Freund Florian Brunner, am nächsten Tag für FORUM, um diesen Artikel zu schreiben. Beide Male war das Wirtshaus proppenvoll. Doch trotzdem klappte alles reibungslos!
Die alten Mauern des „Stiefels“ haben schon vieles gesehen. Wenn sie es könnten, hätten sie so einiges zu erzählen: vom Fürsten Wilhelm Heinrich und seinem genialen Baumeister Friedrich Joachim Stengel, der das Bild der Stadt sehr geprägt hat. Von den Soldaten Napoleons, die mit dem Franzosenkaiser nach Russland zogen und im „Stiefel“ Quartier bezogen. Nach Kriegsende dann wurde der Stiefel französisches Offiziers-Casino. Ende der 60er-Jahre zog die Kultur ein ins Theater im Stiefel: Die Theatergruppe „Überzwerg“ begeisterte ihr Publikum, die saarländische Prominenz saß auf dem „Saarbrücker Sofa“ und „Lola’s Bistro“ bewirtete die Gäste des Max-Ophüls-Festivals. Nach dieser Phase der Kultur ging man wieder zurück zu den Wurzeln: 1989 wurde die Gasthausbrauerei als eigene Schankwirtschaft von Brauerfamilie Bruch wieder eröffnet, bis sie diese im Jahr 2020 schloss.
Bliebt noch die Frage, was die neuen Betreiber für eine Speisekarte anbieten. Das Ganze bietet eine Wirtshauskultur mit bajuwarischen Einschlag, aber auch die saarländischen Spezialitäten kommen nicht zu kurz. Die Speisekarte hat vier Seiten. So steht unter der Überschrift: Aus der Worschd-Küch finden sich zwei Original Hofbräuhaus Weißwürste, exklusiv aus dem bekanntesten Wirtshaus der Welt, in der Löwenkopfterrine serviert mit süßem Händlmaier-Senf. Sieben Stiefel-Brodwürschdcher, mittelgrobe Bratwürste mit Sauerkraut, Senf von der Bliesgau Ölmühle und Brauhausbrot. Merguez mit Tabouleh, zwei Merguez vom Metzger Schwamm aus Lamm und Rind, mit saftig-würzigem Tabouleh und scharfem Harissa-Dip.
Als ich mit Florian hier war, testeten wir erst mal die Würste. Stolz erzählten mir die Betreiber, dass ihre Weißwürste aus dem Hofbräuhaus in München stammen. Sie werden direkt von dort beliefert. Ich trank ein süffiges Stiefel Original dazu und würde es wieder tun. Auch die „Brodwürschdcher“, die meine Begleitung hatte, waren sehr schmackhaft.
Die Karte bietet für jeden Geschmack etwas. Als Vorspeisen etwa Saarländische Rindfleischsuppe nach altem Familienrezept, mit regionalem Wurzelgemüse und Brauhausbrot sowie – wenn gewollt – fünf hausgemachten saarländischen Markklößchen. Ich habe ein Bild gesehen, wie die Küchenbrigade 2.000 Markklößchen rollte. Solch eine Suppe zur Winterszeit ist ein Traum!
Aber auch andere Positionen von der Vorspeisenkarte sprechen mich an: hausgemachte Grumbeersupp, also Kartoffelsuppe nach traditionellem Rezept, gekocht aus Pfälzer Kartoffeln und Brauhausbrot. Münchener Weißwurstsalat, Grumbeerkichelcher mit Apfelmus, drei Kartoffelpuffer mit hausgemachtem Apfelmus aus Bio-Äpfeln von Schneiders Obsthof aus Habkirchen. Stiefel-Rindertatar von der deutschen Färse mit Schalotten, Kapern, Bio-Eigelb, geröstetem Brauhausbrot und frischem Knoblauch. Kartoffelpuffer und Räucherlachstatar, kleine Kartoffelpuffer aus Pfälzer Kartoffeln, Räucherlachstatar mit Joghurt-Apfel-Vinaigrette. Gezupftes vom Rind, zwölf Stunden bei Niedertemperatur gegartes Rindfleisch, gezupft und mariniert, grüne Bohnenkerne, junger Salat mit Joghurt-Apfel-Vinaigrette und Brauhausbrot. Da muss ich wohl noch ein paar Mal wiederkommen, um das alles mal zu essen.
Weinfans kommen nicht zu kurz
Die Karte bietet als Hauptgänge 15 Positionen. Natürlich ist es unmöglich, das alles bei einem Besuch zu probieren, aber ich habe mir zumindest einen Eindruck verschafft. Natürlich habe ich in so einem Wirtshaus eine Spezialität probiert, die viele im Saarland lieben: Läwerknäpp mit Püree. Das sind täglich frisch zubereitete Leberknödel, cremiges Kartoffelpüree und hausgemachtes Sauerkraut, steht auf der Karte. Dazu ein Bier. Ich erwarte in so einem Brauhaus ja keine Sterneküche, sondern ein Gericht, das ich seit Kindertagen kenne. Und das muss gut zubereitet sein. So ist es hier.
Ein Gericht hat mich allerdings restlos überzeugt: saftiges Rindergulasch vom heimischen Weiderind, kräftig gewürzt und schonend mit französischem Rotwein geschmort, mit hausgemachten Schneebällchen und Sauerrahmsoße in der Pfanne serviert. Das war auch kein Gulasch, sondern eher ein Bœuf Bourguignon! Das will ich unbedingt noch mal essen ...
Ich kann in einem Artikel bei Weitem nicht alles vorstellen, was im „Brauhaus zum Stiefel“ neu ist. Auch Weinliebhaber werden hier fündig werden, denn hier gibt es eine „Weindiele“ und das Angebot an Weinen ist für ein Brauhaus wirklich erstaunlich. Natürlich gibt es hier auch deftige Salate und Angebote für Vegetarier. Saarbrücken hat seine gute Stube wieder. Mit vielen positiven Überraschungen!