Das Kammerorchester der Großregion wird von Stefan Bone geleitet. Er spricht im Interview über seine Faszination für klassische Musik und den Wunsch nach Perfektion.
Herr Bone, wie kamen Sie zum Kammerorchester der Großregion?
Ich bin gebürtiger Saarländer, wurde 1987 in Merzig geboren. Meine Schulzeit habe ich dort verbracht, mein Grundstudium später in Saarbrücken an der Musikhochschule. Für mich sind die Projekte des KOG also auch eine Rückkehr zu den biografischen Wurzeln.
Welche Herausforderungen stellen sich für Sie als künstlerischer Leiter des KOG?
Die größte Herausforderung ist und bleibt es, aus 25 Individuen, allesamt hochausgebildete Virtuosen auf ihrem Instrument, einen gemeinsamen Klangkörper zu formen, sie von einer gemeinsamen musikalischen und klanglichen Idee zu überzeugen, die die Grundlage einer jeden gelungenen Interpretation darstellt.
Worauf legen Sie bei Ihrer Arbeit besonderen Wert?
Auf ein kollegiales Miteinander und darauf, jeden einzelnen im Sinne des großen Ganzen herauszufordern. Ferner selbstverständlich auf Konzentration und den Wunsch nach Perfektion. Je gelungener die Probenarbeit, desto entspannter kann man ins Konzert hineingehen. Nicht zuletzt sollte aber auch ein Quäntchen Humor in der gemeinsamen Arbeit nie fehlen.
Wo ist Ihre Faszination für klassisches und frühromantisches sinfonisches Repertoire sowie Streich- und Kammerorchesterrepertoire vom Barock bis in die Moderne, dem sich das KOG verschrieben hat, begründet?
Ich bin ausgebildeter Pianist, habe viel Kammermusik gespielt und versuche diese Erfahrung in meine Art, Orchester zu leiten, zu integrieren. Das oben genannte Repertoire erfordert die kammermusikalische Sensibilität in besonderem Maße. Kammerorchester sind flexible Ensembles, bei denen es auf jeden einzelnen Spieler ankommt. Davon abgesehen: Das Repertoire für dieses Genre, das uns die Komponisten hinterlassen haben, ist einfach herrlich.
Warum ist diese „alte“ Musik nach wie vor populär?
Weil die klassische Musik, wie im Übrigen auch Literatur und Kunst, ganz allgemein uns Menschen vor Augen führt, mit welcher geistigen Tiefe, auf welchem Niveau die entscheidenden Momente menschlicher Existenz gedacht und gestaltet werden können – in unserem Fall von den Komponisten. Das lässt uns zwar einerseits oft staunend zurück, andererseits ist dieser geistige Maßstab die Grundlage einer jeden Gesellschaft, die sich zivilisiert nennt.
Wie funktioniert das Zusammenspiel von professionellen Musikern und Musikstudierenden? Profitieren beide Seiten voneinander?
Die Unterscheidung ist heutzutage oft nichtig: Die Studenten spielen auf einem irrsinnig hohen Niveau! Alle hören einander zu – die Grundlage jedes gemeinsamen Musizierens – und alle versuchen, voneinander zu lernen. So entsteht eine wundervolle Arbeitsatmosphäre.
Zeigt sich in einem paneuropäischen Ensemble, dass Musik eine universelle Sprache ist?
Auf jeden Fall. Sie verbindet Menschen unabhängig ihrer Herkunft, ihres Glaubens, ihrer Hautfarbe oder was auch sonst sie voneinander zu trennen vermag. Schauen Sie sich mal das West-Eastern Divan Orchester von Daniel Barenboim an: Junge Musiker aus Israel, Palästina und diversen arabischen Ländern sitzen in einem Ensemble und musizieren zusammen. Die Welt wäre ein friedlicherer und besserer Ort, wenn wir das gegenseitige Zuhören, das dort gepflegt wird, auch auf andere Bereiche des Lebens ausweiten könnten.
Worauf dürfen sich die Besucher des vorweihnachtlichen Konzerts am 12. Dezember im Saardom in Dillingen besonders freuen?
Auf besinnliche Momente mit herrlicher barocker und klassischer Musik, auf 70 Minuten Kontemplation und Wohlklang, der inspiriert und zum Nachdenken anregt, aber auch einfach nur genossen werden darf.
Welches der Werke, die zu hören sein werden, liegt Ihnen besonders am Herzen?
Die „Variationen über ein Thema von Frescobaldi“ von Alexandre Tansman. Ein Weltbürger par excellence, in einer jüdischen Familie in Polen aufgewachsen, hat er fast sein ganzes Leben in Frankreich verbracht. Das Werk schrieb er kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Es liegt viel Traurigkeit in seiner Musik, aber eben auch Trost. Im Tonfall ist es neobarock gehalten und basiert auf einem wunderschönen Thema des italienischen Barockkomponisten Frescobaldi.
2023 steht nach den beiden KOG-Veranstaltungen am 17. März in Saarbrücken und am 24. März in Merzig am 16. April ein Sinfoniekonzert in Freiburg auf dem Programm. Wie geht es danach weiter?
Es stehen Auftritte im Rahmen der Musikfestspiele Saar im Juni an, später im Jahr auch ein Konzert im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz. Und ab Herbst 2023 beginnt dann auch schon wieder unsere neue Wintersaison im Saarland mit Konzerten in Merzig und Saarbrücken.