Beim neu geschaffenen United Cup locken Punkte und Preisgelder die Crème de la Crème plus Nachwuchs, sich zum Mixed Date auf Hartplatz einzufinden. Wie einst beim Hopman Cup. Ab 29. Dezember wird der UC die Saison eröffnen.
Aufwärmen für den alljährlichen Tenniszirkus, in angenehmer Atmosphäre und nicht strikt nach Geschlechtern getrennt: Das ermöglichte der Hopman Cup ab 1989 31-mal den Spitzenspielern aus acht Nationen. Immerhin zweimal gewann Deutschland den lockeren Wettbewerb zwischen Ländern, der unter dem Schirm der Internationalen Tennis Federation (ITF) stand. Zuerst Steffi Graf mit Michael Stich 1993, zwei Jahre später Boris Becker mit Anke Huber. Roger Federer siegte mit Martina Hingis 2001 für die Schweiz, 17 Jahre später mit Belinda Bencic, 2019 dann nochmals. Russland gehörte zu den Rekordteilnehmern. Angetreten wurde 1990 und 1991 noch unter der Flagge der Sowjetunion sowie 1992 im Verbund der GUS.
Die lockere Entspannung beim Wettbewerb zwischen Tennisnationen passte zum Ende des Kalten Krieges. Es gab keine Anzeichen dafür, dass Russland und das heutige Belarus jemals von einem gemeinsamen Event der Geschlechter und Nationen ausgeschlossen sein würden. Ost und West, die so nicht mehr geführt wurden, spielten harmonisch miteinander. In einem Wettkampf, der Frieden und Freude ausstrahlte, starteten die Zuschauer mit Spielerinnen und Spielern ins neue Jahr: Das war eine Botschaft des Hopman Cup, bis das frohe Ereignis 2020 dem ATP Cup weichen musste.
Dessen Manko: Es fehlten die Frauen. Damit auch die Chance, dass die besten Spielerinnen und Spieler der eingeladenen Länder als gemischtes Doppel zusammen auf dem Platz standen. So wie einst Andrea Petkovic und Alexander Zverev. Oder Wimbledon-Finalistin Sabine Lisicki 2016 mit Deutschlands bestem Spieler seit Boris Becker. Oder Dreifach-Grand-Slam-Siegerin Angelique Kerber wiederum mit Zverev, die den wenig Mixed-Erfahrenen erfolgreich dirigierte und das Duo Federer-Bencic im Finale des Hopman Cups 2019 beinahe schlug. Erst im dritten Satz des gemischten Doppels wandte der letzte mögliche Ball seine Gunst dem Schweizer Mixed-Paar zu.
Langweilig wirkte der ATP Cup im Vergleich zum Hopman Cup also. Weil er nicht wirklich anders war als der Davis Cup, dessen Finals kurz zuvor am Jahresende zelebriert wurden. Auch wenn zwischen 2020 und 2022 tolle Partien zu sehen waren – zwischen Männern. Ausschließlich. Wie anderswo auch, auf der Tour, beim Davis Cup, auf den besten Sendeplätzen und Streaming-Spots.
Vorbei. Zu kalt die Atmosphäre in der herzerwärmenden Jahreszeit zwischen den Jahren und zum Auftakt einer neuen Saison. Zwei Tage vor Silvester vereinigen sich deshalb künftig die Top-Tennis-Spieler- und Spielerinnen in einem neuen Nationen-Wettbewerb, der einen ganz einfachen Namen trägt: United Cup. Die Profiverbände WTA und ATP von Damen und Herren machen hier gemeinsame Sache. Sogar mit zehn Nationen mehr am Start als beim Hopman Cup. „Dieses spannende Einzel- und Mixed-Doppel-Turnier wird aufstrebende Stars und etablierte Athleten beider Touren zusammenbringen, um sich auf derselben Bühne zu messen“, sagte WTA-Chef Steve Simon.
An insgesamt elf Tagen sollen 18 Länder in sechs Gruppen ums Weiterkommen und den Sieg beim Finale am 8. Januar spielen. Dabei sein darf, wessen Land die ranghöchsten Tennis-Promis der Welt vorzuweisen hat. Außer Russland und Belarus. Bis zu vier Männer und vier Frauen kombinieren ihr Können in Teams. Bei ATP und WTA sind jeweils 500 Ranglistenpunkte abzuholen. Außerdem warten fünfzehn Millionen US-Dollar Preisgeld auf die Teilnehmer.
18 verschiedene Nationen
Die Sportler bereiten sich unter „Echt“-Bedingungen im Freien auf die Australian Open vor. Inmitten des sommerlichen Ambientes der Austragungsorte im Queensland Tennis Centre in Brisbane, in der Perth Arena in Perth und im NSW Tennis Centre in Sydney. Nach der Vorrunde wird die Hauptstadt von New South Wales der Schauplatz für die Halbfinal- und Finalspiele sein.
Mischa Zverev, der wie beim ATP Cup als Teamchef für Deutschland am Rand sitzen wird, sagte bei Instagram Live von Eurosport: „Männer und Frauen spielen ab sofort gemeinsam. Und wir haben eine traumhafte Mannschaft, vor allem mit den Mädels Jule Niemeier und Tatjana Maria. Das wird definitiv ein schönes Event werden.“
Maria gehört laut Meldeliste allerdings nicht zur gemischten „Mannschaft“. Viele Sportler nutzen den Jahreswechsel für eine persönliche Pause und Training. Fast ganz oben stehen auf der Meldeliste für Deutschland tatsächlich Niemeier, die 23-jährige Weltranglisten-67. aus Dortmund, und Alexander „Sascha“ Zverev, der 25-jährige Olympiasieger aus Hamburg und jüngere Bruder von Teamchef Mischa.
Es ist Saschas erster Auftritt in einem ATP-Turnier seit Juni, seit der Hamburger nach seinem Halbfinale gegen Rafael Nadal bei den French Open auf Weltranglistenplatz zwei aufstieg, das Match aufgrund einer gravierenden Fußverletzung jedoch abbrechen musste. Wegen seiner anschließenden, langen Verletzungspause startet Alexander Zverev als Zwölfter in die neue Saison.
Oscar Otte (Köln), Daniel Altmaier (Kempen), Laura Siegemund (Metzingen) und Anna-Lena Friedsam (Neuwied) reisen ebenfalls schon zum United Cup nach Australien. Mit ihnen gemeldet sind außerdem die Doppelspezialisten Fabian Fallert (Bad Urach) und Julia Lohoff (Bielefeld).
Die Teams aus Deutschland und den anderen Ländern treten bei den Vorrunden-Begegnungen in je zwei Herren- und Damen-Einzeln sowie in einem gemischten Doppel an. Ein Gruppensieger pro Austragungsort sowie der bestplatzierte Zweite aus den City Finals spielen vom 6. bis zum 8. Januar in Sydney das Siegerteam aus. Bis zum 16. Januar bleibt den Grand-Slam-Teilnehmern unter den Gemeldeten anschließend Zeit, sich für die Australian Open zu erholen.
Das deutsche Team trifft in der Vorrunde als Teil der Gruppe C in Sydney auf die USA und auf die Tschechische Republik. Das bedeutet neben Petra Kvitova starke Gegnerinnen und Gegner aus den USA wie Taylor Fritz, Frances Tiafoe oder Jessica Pegula und Madison Keys. Auch die Gruppe D dürfte sich in Sydney spannende Matches liefern: Spanien, mit Rafael Nadal und Paula Badosa, konfrontiert Großbritannien und Gastgeber Australien. Allerdings stehen US-Open-Siegerin Emma Raducanu und Andy Murray nicht auf der Liste: Obwohl Murray Interesse bekundet hatte, mit Raducanu ein Mixed-Duo zu bilden. Nick Kyrgios und Alja Tomlianovic führen die Australier an.
Die stärkste Spielerin von 2022, Iga Swiatek, soll in Gruppe B auf die Olympiasiegerin Belinda Bencic treffen, die zum Saisonabschluss mit ihrem Team den ehemals Fed Cup genannten Billie Jean King Cup gewonnen hat. Eine fast unschlagbare Einzelkarrieristin gegen eine erfahrene und angriffslustige Nationalspielerin: Das dürfte auch ohne Federer eine interessante Gruppenbegegnung für Polen – mit Hubert Hurkacz – gegen die Schweiz werden. Anstelle des zurückgetretenen „Maestros“ bildet Stan Wawrinka mit Bencic das Schweizer Spitzenduo. Eine dritte bekannte Top-Spielerin wird in Gruppe B voraussichtlich fehlen: Kasachstan hat ohne Jelena Rybakina gemeldet.
Gruppe B voller Spannung
Der letzte Gewinner des ATP Cups, des Vorgängers des United Cups, wird ebenfalls fehlen: Kanada ist trotz starker Hartplatz-Spielerinnen wie Bianca Andreescu und Leylah Fernandez, trotz des brillanten Weltranglisten-Sechsten Félix Auger-Aliassime oder Denis Shapovalov, nicht dabei. Die kanadischen Männer hatten im November den Davis Cup gewonnen. Andere Athleten durften früher in den Urlaub und in die Vorbereitung auf die neue Saison gehen. Der besonders dichte Turnierkalender der erfolgreichen nordamerikanischen Spitzenspieler dürfte eine Erklärung für deren Verzicht auf das neue United-Mixed-Event sein.
Ein selbstbewusstes Traum-Mixed startet in Gruppe A für Griechenland: Die Top-Ten-Spieler Stefanos Tsitsipas und Maria Sakkari. „Wir werden wahrscheinlich als Nummer eins gesetzt sein, wenn unsere Rangliste gleichbleibt“, sagte Sakkari. Die WTA-Ranglisten-Fünfte ergänzte: „Ich denke, es ist etwas ganz Besonderes für unser Land, so etwas zu haben.“ Ihr Mixed-Partner Stefanos, Nummer vier bei den Männern, freut sich auf die Fans, wird er auf der United-Cup-Website zitiert: „Es gibt eine große, starke griechische Gemeinschaft in Sydney“, sagte Tsitsipas. „Ich habe immer viel Spaß, wenn sie kommen und mich bei meinen Matches unterstützen … Wir werden großartige griechische Unterstützung und eine sehr gute Atmosphäre auf dem Platz bekommen, wenn wir dort spielen.“
Wenn Tsitsipas Glück hat, kommen seine Fans bereits nach Perth, wo Griechenland in der Gruppe A antritt. Mit griechischer Unterstützung gelingt es dem Mixed Sakari-Tsitsipas bestimmt besser, es anschließend nach Sydney, zu ihren Fans in den Finalrunden, zu schaffen. Eines ist schon jetzt klar: Die Zuschauer auf der ganzen Welt werden die Wiedervereinigung von Frauen und Männern in der Zeit nach Weihnachten beim United Cup lieben.