Wer sich mit isländischer Musik beschäftigt, dem fällt am ehesten Björk ein, aber gleich dahinter wird oft Sigur Rós genannt, jenes experimentierfreudige Kollektiv, das dem Post Rock Anfang der Nullerjahre zu ungeahntem Erfolg verhalf.
Jetzt gibt es Neuigkeiten aus dem Norden, über die es sich zu reden lohnt: Isafjørd. Das nämlich ist das Projekt des isländischen Sängers und Gitarristen Aðalbjörn „Addi“ Tryggvason (Solstafir) sowie seines Landsmanns Ragnar Zolberg (Ex-Pain of Salvation). Beide trafen sich 2019 in Norwegen, wo Zolberg sich ein Studio eingerichtet hatte, und schrieben innerhalb einer Woche das komplette erste Isafjørd-Album „Hjartastjaki“ (übersetzt „Herzstab“). Die ungewöhnliche und spontane Herangehensweise gipfelte darin, dass Addi und Ragnar jeden Morgen zusammen einen Song komponierten, ihn mittags aufnahmen und am Abend die Texte dazu schrieben und den Gesang hinzufügten. Es gab keinen musikalischen Masterplan, nur die Intention, ein Album aufzunehmen, das direkt aus ihren Herzen kommt.
Der Bandname Isafjørd bedeutet Fjord aus Eis. Eigentlich ist es jedoch ein isländischer Ort (Ísafjörður), in dem die Väter von Ragnar und Addi gelebt haben. Auf dem Cover gibt es passend dazu ein Bild von Ísafjörður aus den 40er-Jahren.
Musikalisch sind die acht Songs auf „Hjartastjaki“ eine melancholische Reise durch atmosphärisch dichte Wogen aus Eis, durchaus mit Sigur Rós vergleichbar, aber irgendwie intimer, organischer und mit einer ganz persönlichen Note ausgestattet. Man merkt, dass dies ein Herzensprojekt der beiden Musiker ist, die sich zudem den Gesang aufteilen und so dem Album eine weitere Besonderheit hinzufügen.
Viele der Songs erreichen eine Länge von über sechs Minuten. Mit dem Titelsong „Hjartastjaki“ haben sich Isafjørd zudem ihr eigenes Denkmal erschaffen. Der auf einer melancholischen Klaviermelodie basierende Popsong verwandelt sich im Laufe der Spielzeit zu einer unvergleichbaren Post-Rock-Hymne, die man sich auch sehr gut als Serien- oder Film-Soundtrack vorstellen kann. Ein ganz und gar einzigartiges Debüt aus dem hohen Norden.