Die SV Elversberg verliert das Topspiel in Wiesbaden mit 0:1 und geht erstmals seit über einem Jahr in einem Auswärtsspiel als Verlierer vom Platz. In der Tabelle ändert das nichts, der Auftritt verwundert dennoch – Zweifel an der eigenen Qualität gibt es aber keine.
Was war das nicht für ein Rekord der SV Elversberg: Im gesamten Jahr 2022 verloren die Saarländer nicht ein Auswärtsspiel! Beim ersten im Jahr 2023 riss diese Serie nun – und das nicht unverdient. In einem flotten Spiel gelang es der SVE nie, die gewohnte Passstärke auf den Platz zu bringen, viele Ballverluste reihten sich aneinander, und das gewohnte flexible Offensivspiel war eigentlich zu keinem Zeitpunkt präsent. Die Elversberger begannen in der prima gefüllten Brita-Arena zwar optisch spielbestimmend, doch die erste dicke Chance hatte der SVWW: Nachdem Brooklyn Ezeh einen Ball auf der linken Seite herausragend mitgenommen hatte, fand seine Flanke Johannes Wurtz – der Kapitän köpfte aber freistehend drüber. Das war der erste Aufreger vor den Toren eines von Beginn an intensiven Spiels, in dem die Hessen kurze Zeit später den ersten Wirkungstreffer setzten.
In der elften Minute schalteten die Hausherren nach einem Ballverlust der Saarländer wieder schnell um, Bjarke Jacobsen spielte einen sensationellen Pass auf Goppel, der zu schnell für die Elversberger war und Keeper Nicolas Kristof per Bogenlampe überwand – das 1:0 für den SVWW. Beim Versuch von Ivan Prtajin, den Kristof aus dem Winkel kratzte, hatten die Anhänger der Hessen bereits den nächsten Torschrei auf den Lippen.
Die Gäste kombinierten zwar ansehnlich, doch torgefährlich war zunächst nur der SVWW: Prtajin hatte die nächste Kopfballchance, ehe Goppel gut und gerne hätte nachlegen können. Nach gut einer halben Stunde war Elversberg mit dem 0:1-Rückstand sogar noch ganz gut bedient, der Spitzenreiter konnte sich im SVWW-Sechzehner nicht entscheidend durchsetzen. Während auf der anderen Seite der Schuss von Emanuel Taffertshofer von einem Elversberger kurz vor der Linie gerade noch per Kopf geklärt werden konnte. So blieb es beim 1:0-Pausenstand. Die gewohnte Selbstverständlichkeit wollte bei den Elversbergern einfach nicht entstehen. Nach ein paar Sekunden in Halbzeit zwei setzte dann Benedict Hollerbach den ersten SVWW-Schussversuch ab, der knapp links vorbeiging. Prtajin verpasste eine Flanke wenige Momente später nur knapp, die Hessen kamen direkt wieder mit Dampf aus der Kabine. Doch auch die Elversberger hatten durch Nick Woltemade einen guten Abschluss – und in der 54. Minute trudelte ein abgefälschter Ball knapp am Kasten der Hessen vorbei.
„Gegen einen guten Gegner kann es mal eine Niederlage geben“
Die Hausherren mussten nun eine Phase überstehen, in der die Elversberger drückten und sich zahlreiche Eckbälle erarbeiteten. In der 68. Minute musste dann Arthur Lyska eingreifen: Der SVWW-Keeper parierte einen Kopfball von Luca Schnellbacher klasse, der an alter Wirkungsstätte beinahe den Ausgleich erzielt hätte. Die Elversberger waren jetzt gefühlt nah dran am Ausgleich. Doch der SVWW stemmte sich dagegen, ließ kämpferisch keinen Deut nach. Nach gut 70 Minuten forderten die Hessen nach einer unübersichtlichen Situation Handelfmeter, doch Referee Benjamin Brand ließ weiterlaufen. In der 90. Minute jubelte das Stadion dann kurz, doch Joker Kianz Froese stand bei seinem Treffer wohl im Abseits. Der Jubel mit den Fans wurde nach der vierminütigen Nachspielzeit einfach nachgeholt – der SVWW verteidigte den Vorsprung über die Zeit, ohne noch einmal eine Chance zuzulassen. „Elversberg ist eine Top-mannschaft, die immer gefährlich sein und auch mal aus dem Nichts ein Tor machen kann. Was zum Glück nicht passiert ist, weil die Jungs wirklich alle bis an die Grenzen gegangen sind. Deswegen glaube ich auch, dass es ein verdienter Sieg war“, sagte SVWW-Coach Markus Kauczinski.
In Elversberg hingegen nehmen sie diese Niederlage eher gelassen. „Wir sind nicht so ins Spiel gekommen, wie wir uns das vorgenommen haben. In der ersten Hälfte haben die Abstände nicht gepasst“, sagte SVE-Neuzugang Nico Antonitsch bei „Magenta Sport“. Die Niederlage beim Einstand wollte der Österreicher nicht überbewerten: „Ich bin jetzt eine Woche da, es ist eine extrem coole Mannschaft, ich freue mich auf die nächsten Spiele.“
So ähnlich sah das auch sein Trainer Horst Steffen. Der Versuch, gegen den SVWW die Breite durch eine Dreier- beziehungsweise Fünferkette abzusichern, sei schiefgegangen und auch offensiv habe seinem Team der notwendige Zugriff gefehlt. Insofern räumte auch der Coach Schwächen seiner Mannschaft ein, wollte die erste Niederlage auf fremdem Platz aber eher im Gesamtkontext sehen. Zumal sein Team auch noch sieben Punkte Vorsprung auf den neuen Zweiten Wiesbaden hat: „Dass wir auch mal ein Spiel auswärts verlieren, ist normal. Was vorher war, ist nicht normal, nämlich dass wir auswärts fast alles weggeputzt haben.“ Und Steffen weiter: „Wir haben einen starken Gegner erwartet, und so hat Wehen das auch gespielt, zumindest in der ersten Halbzeit. Wir haben selbst in Ballbesitz zu viele Bälle weggespielt und hatten schlechte erste Kontakte. Dementsprechend wurden unsere Angriffe dann auch nicht weitergetragen. Es gab ein paar Dinge, die dazu geführt haben, dass Wehen dieses Spiel verdient gewonnen hat.“
Am Wochenende liegt der Fokus dann auf dem nächsten dicken Brocken, dem FC Ingolstadt. „Wir sind jetzt erst mal enttäuscht, auch wenn wir wissen, dass es gegen einen guten Gegner auch mal eine Niederlage geben kann. Zu Hause wollen wir dann unseren Fans ein besseres Spiel zeigen. Wenn wir 2023 dann zu Hause ungeschlagen bleiben, dann ist das ein Ziel, dass wir gerne anstreben wollen“, sagte Steffen.