Um kurz nach Mitternacht taucht Wegmann auf. Am Ende eines perfekten Tages. Der Gerd Wegmann! Hauptkommissar und Anti-Held aus „Pfuhl“, „Und die Moral“ und „Ohnmacht“. Der Kerl, den die Autorin Germaine Paulus in ihrer Pulp-Noir-Sex-and-Crime-Reihe in einer Hauptrolle besetzt hat, ist zwar an dieser Stelle nur ein Statist, aber dieser Auftritt ist ja auch schon lange her. 2007 hat Germaine Paulus „Ein perfekter Tag …“ geschrieben. Nun ist die Geschichte Teil einer Sammlung dunkler Geschichten, in der der Saarbrücker „The Dandy Is Dead“-Verlag 26 ihrer Stories gebündelt hat. „Last Order“ heißt das Buch, in dem Wegmann sich an anderer Stelle aus gutem Grund betrinken muss.
Wer nicht so viel Disziplin hat, sich die Geschichten aufzuteilen, sondern alle der Reihe nach verschlingt, gerät ins Staunen, in einen Sog, ins Taumeln. Da schleicht sich eine Geschichte mit viel Poesie an – und im nächsten Moment spritzen Blut und Hirnmasse. Plötzlich ist man mittendrin in der Zombie-Apokalypse, wo man doch gerade noch über die guten Kontakte einer guten Fee zum Innenministerium gelächelt hat. Im nächsten Moment taumelt man durch eine heftige Variation des Märchens vom Dornröschen. Bevor man dann wieder zu Atem kommen kann, öffnen sich die Abgründe der Pubertät. Und war das da gerade nicht etwa Kafka zwischen der Voodoo-Sache und den Menschenfressern?
Ob man das alles gierig in einem Stück liest oder ob man sich Atempausen gönnt: Man begreift beim Lesen, was Christian von Aster, ein Autor, der selbst tief hinabsteigt in finstere Welten, meint, wenn er im Vorwort zu „Last Order“ schreibt: „Ich kenne Frau Paulus nicht. Das zumindest werde ich behaupten, wenn ihre abgründige Vorstellungskraft sie einmal ernsthaft in Schwierigkeiten bringt und ich infolgedessen vernommen werde.“ Anders formuliert: Es soll niemand sagen können, er sei nicht gewarnt worden.
Ach, ja, noch etwas: Falls das jemand vom Fernsehen oder vom Film liest: „Der perfekte Tag“ sollte unbedingt verfilmt werden.