Sein tragischer Tod am 6. Februar 1998 machte Falco endgültig zu einem der größten Nationalhelden Österreichs. Posthum stieg er in noch höhere Sphären auf, als er schon zu seinen Lebzeiten mit Mega-Hits wie „Der Kommissar“ oder „Rock Me Amadeus“ erreicht hatte.
Es war 16.40 Uhr Ortszeit, als Johann Hölzel – besser bekannt als Pop-Star Falco – seinen schwarzen Mitsubishi Pajero mit einem Kavaliersstart aus der Parkplatzausfahrt des Vergnügungslokals „Turist Disco“ auf die staubige Straße nahe der im Norden der Dominikanischen Republik gelegenen Hafenstadt Puerto Plata steuerte. Den mit 100 Kilometer pro Stunde heranbrausenden schneeweißen Reisebus dürfte er wohl kaum mehr wahrgenommen haben. Das Gefährt bohrte sich ungebremst in den Geländewagen, Österreichs größter Popstar war auf der Stelle tot. Ein ziemlich banales Ende für einen Künstler, der sich stets als „larger than life“ gefühlt hatte. Zumal bei Falcos Obduktion auch noch ein Alkoholspiegel von 1,5 Promille sowie Spuren von reichlich Kokain und THC ermittelt wurden.
Die Todesnachricht aus der fernen Karibik traf in Europa erst am Vormittag des folgenden Tages ein. Der Schock in Österreich war riesengroß – und nicht nur dort. Obwohl es ein Samstag war, begann Falcos Plattenfirma sogleich in Windeseile mit dem Nachpressen der sieben Alben des Künstlers und der Herausgabe des achten Studioalbums „Out of the Dark (Into the Light)“, an dem Falco in seinem im Frühjahr 1996 bezogenen Karibik-Domizil bis zuletzt gearbeitet hatte. Während sämtliche österreichischen Radiosender Falcos bekannteste Hits rauf und runter nudelten, hatte sich sein Spezi Niki Lauda auf den Weg gemacht, um den Leichnam in einem der Jets seines Flugunternehmens persönlich nach Wien zu transportieren.
Oft arrogant und unnahbar
Beim Begräbnis auf dem Wiener Zentralfriedhof am 14. Februar 1998 gaben 5.000 Besucher Falco das letzte Geleit. Der Sarg mit dem in sein heißgeliebtes gelb-schwarzes Versace-Hemd gekleideten Künstler wurde von Mitgliedern eines Wiener Biker-Clubs getragen, die vormals auch schon beim Video für „Rock Me Amadeus“ mitgewirkt hatten. Das Ehrengrab mit einem ziemlich eigenwilligen Obelisken entwickelte sich schnell zu einem wahren Wallfahrtsort seiner plötzlich wieder zahllosen heimischen Fans, bei denen er schon ein Jahrzehnt vor seinem Tod trotz seines kurzen weltweiten Höhenflugs nahezu in Vergessenheit geraten war.
Natürlich wurde das Album „Out of the Dark“, das schon drei Wochen nach Falcos Tod am 27. Februar 1998 ausgeliefert wurde, zu einem internationalen Bestseller mit 2,5 Millionen verkauften Exemplaren. Die in Falcos letztem Hit enthaltene Textzeile „Muss ich denn sterben, um zu leben?“ wurde immer mal wieder als Hinweis auf einen möglichen Selbstmord gedeutet, obwohl sie wohl schon im Jahr 1996 verfasst worden war und dem Komponisten Torsten Böger zugeschrieben wurde. Ein ähnliches Spiel mit dem eigenen Ableben hatte Falco – mit Blick auf die Hassliebe seiner österreichischen Landsleute – schon 1986 nach Veröffentlichung seines nicht sonderlich begeistert aufgenommen vierten Albums „Emotional“ verlautbaren lassen: „Vor allem die Österreicher haben alle darauf gewartet, mich sterben zu sehen, nach dem Motto: Mit wehenden Fahnen auf den Zentralfriedhof.“ Die Skandalballade „Jeanny“ aus dem Jahr 1986 sollte daher der letzte echte Megahit des Musikers vor seinem Tod bleiben.
Geradezu hellseherische Qualitäten hatte Falco, der wegen seiner Arroganz und Unnahbarkeit stets öffentlich polarisiert hatte, der gleichzeitig aber auch ein innerlich Zerrissener und von Selbstzweifeln Geplagter gewesen war, während der Arbeit an seinem Comeback-Album in der Karibik an den Tag gelegt: „Wenn ich tot bin, werden’s mich alle wieder lieb haben in Wien.“
Dass hinsichtlich der Falco-Euphorie in Österreich auch über 20 Jahre nach seinem Tod bislang kein Ende abzusehen ist, dass ihn manche Österreicher inzwischen beinahe in einem Atemzug mit dem großen Wolfgang Amadeus Mozart nennen und der Popstar gar als ein Hausheiliger der Alpenrepublik verehrt wird, hätte dieser selbst sich allerdings wohl in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können.
Zur florierenden posthumen Vermarktung des am 19. Februar 1957 in Wien geborenen Künstlers erwies sich als extrem günstig, dass Todes- und Geburtstag nicht einmal zwei Wochen auseinander liegen. Er wuchs unter den Fittichen seiner Mutter Maria im Wiener Arbeiterbezirk Margareten auf. Nachdem er zu seinem vierten Geburtstag einen Stutzflügel geschenkt und Klavierunterricht bekommen hatte, zeigte sich schon früh sein musikalisches Talent. Beim Vorspielen an der Wiener Musikakademie im Alter von fünf Jahren wurde ihm ein absolutes Gehör bescheinigt.
Deutlich weniger Interesse zeigte er in der Schule. Nach Abbruch des Gymnasiums ließ er sich von seiner Mutter zu einer Lehre zum Bürokaufmann bei einer Versicherungsgesellschaft überreden. Doch auch damit war schon kurze Zeit später wieder Schluss. Lieber trat er als 17-Jähriger den Präsenzdienst beim Bundesheer an, um sich danach wieder seinem Berufstraum Musiker zuzuwenden, wobei er seine Fähigkeiten im Spielen von E-Gitarre und E-Bass durch einen gerade mal drei Semester dauernden Besuch des Wiener Musikkonservatoriums perfektionieren wollte.
Zum Künstlerglück gezwungen
Auf den Spuren seines damaligen Idols David Bowie verschlug es ihn 1977 für einige Monate nach Westberlin. Zurück in Wien schloss er sich als E-Bassist diversen Bands an, wobei seine Mitwirkung bei den Schock-Rockern Drahdiwaberl für seine Karriere am wichtigsten werden sollte. Seinen Kollegen teilte er mit, dass sie ihn fortan „Falco“ nennen sollten. Diesen Künstlernamen hatte er sich nach dem DDR-Skispringer Falko Weißpflog zugelegt. Und weil es auf dem erhofften schnellen Weg zum Pop-Idol nicht gerade förderlich war, ein Bühnen-Hintergrund-Dasein als E-Bassist zu führen, schrieb er unter dem Titel „Ganz Wien“ einen Song um Drogenkonsum, der ihn zum singenden Frontmann beförderte und in Windeseile zu einem brandheißen musikalischen Underground-Renner aufsteigen ließ. Dem Song verdankte die Band Mitte 1981 ihr Debütalbum „Psychoterror“.
Danach nahm Falco seine Solo-Karriere in Angriff, die gleich im Herbst 1981 mit dem Paukenschlag „Der Kommissar“ beginnen sollte. Der Titel, der erste kommerziell erfolgreiche Rap-Song eines weißen Künstlers, stürmte weltweit die Charts, kletterte sogar in den USA bis auf Platz 72 – eine Sensation, weil das mit einem deutschen Text bis dahin allein die Band Kraftwerk mit dem Song „Autobahn“ geschafft hatte. Die Hit-Single wurde das Aushängeschild von Falcos ebenfalls sehr erfolgreichem erstem Album „Einzelhaft“. Falco selbst wollte dem Braten nicht so recht trauen: „Heute Platin, morgen Blech.“ Tatsächlich konnte das zweite Album „Junge Roemer“ aus dem Jahr 1984 die hohen Verkaufserwartungen nicht erfüllen. Also machte sich Falco auf die Suche nach einer neuen Produktionsfirma. Mit dem ihm vermittelten niederländischen Bruderpaar Rob und Ferdi Bolland, die schon für Status Quo mit „In the Army Now“ einen Hit zusammengebastelt hatten, konnte sich Falco gar nicht anfreunden: „Wos soll i bei den Kasrollern?“ Noch weniger einverstanden war er mit der Idee der Holländer, ihn in einen modernen Mozart zu verwandeln und in Anknüpfung an den mit fünf Oscars ausgezeichneten Kino-Blockbuster „Amadeus“ von Miloš Forman eine von ihnen komponierte Synthie-Symphonie trällern zu lassen: „Ich singe diesen Titel nur unter größtem Widerstand und auf Druck meines Managements.“ Letztlich wurde Falco daher zu seinem Glück regelrecht gezwungen. „Rock Me Amadeus“ machte Falco mit einem Schlag zum Weltstar. Ende März 1986 grüßte der Titel als erster und bis heute einziger deutschsprachiger Song vom Spitzenplatz der US-Billboard-Charts. „Das kann ich nicht mehr toppen“, sagte Falco. „Jetzt is’ aus.“ Auch das Album „Falco 3“ sollte dank dem Mozart-Song, aber auch dank „Jeanny“ oder „Vienna Calling“ ein Megaseller werden.
Vermeintliches Familienglück
Auf dem Gipfel seines Ruhms wollte Falco, der lange Zeit neben Gerüchten über seinen Drogen- und Alkoholkonsum auch als Frauenheld den Boulevardblättern reichlich Stoff geliefert hatte, offenbar eine bürgerliche Existenz aufbauen. Nachdem seine Partnerin Isabella Vitkovic im März 1986 die Tochter Katharina Bianca geboren hatte, erwarb Falco 1987 eine Jugendstil-Villa in Gars am Kamp und heiratete Isabella ein Jahr später. Zur Scheidung kam es allerdings bereits einige Monate später. Falcos Verdacht, dass er nicht der biologische Vater von Katharina Bianca sei, wurde durch einen entsprechenden Test im Herbst 1993 bestätigt. Für Falco ein kaum zu verkraftender privater Schicksalsschlag, den er auch beruflich durch die wenig erfolgreichen Alben „Emotional“ (1986), „Wiener Blut“ (1988), „Data de Groove“ (1990) und „Nachtflug“ (1992) nicht mehr wettmachen konnte.