Im Zeltpalast Merzig sorgt jetzt das Musical "Monty Pythons Spamalot" für Furore. Perfekt inszenierter Klamauk mit Kultstatus.
Zugegeben, man sollte dem besonderen Monty-Python-Humor nicht ganz abgeneigt sein, um Spamalot zu lieben. Das Premierenpublikum im Zeltpalast kam jedenfalls voll auf seine Kosten: Schon ab dem ersten Schlussapplaus spendete es stehende Ovationen. Darin badeten nicht nur die Darsteller, sondern auch Impressario Joachim Arnold, Geschäftsführter des Veranstalters Musik & Theater Saar. Er fieberte ganz vorne in der ersten Reihe mit, direkt neben Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer. Natürlich ließ sich auch weitere Saar-Prominenz nicht zwei Mal bitten, darunter Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger, Kultusminister Ulrich Commerçon und Musicalkomponist Frank Nimsgern.
Spamalot startete 2005 am Broadway
"Die Generalprobe lief schon erstaunlich gut, ganz ohne Patzer", erzählte Arnold vor Beginn. Fast schon ein schlechtes Omen, denn kleine Pannen in der Generalprobe gelten unter Schauspielern als gutes Zeichen für eine gelungene Premiere. Doch die Merziger Musical-Crew ist offensichtlich nicht abergläubisch und meisterte ihren Einstand mit Bravour.
Monty Pythons Spamalot ist die Bühnenadaption des Films "Die Ritter der Kokosnuss", ein Kinoklassiker der britischen Komikertruppe Monty Python aus dem Jahre 1975. Das Musical feierte 2005 Premiere auf dem New Yorker Broadway. Buch und Liedtexte stammen von Eric Idle, bei der Musik half neben John du Prez auch Neil Innes, der schon an der Filmmusik mitgearbeitet hatte. Ergänzend zum Kokosnuss-Stoff fand auch das Lied "Always look on the bright side of life" aus dem Film "Das Leben des Brian" Einzug ins Musical.
Worum geht es? Im Großen und Ganzen um eine völlig überdrehte Version der berühmten Artus-Sage. Monty Pythons König Artus ist ein heruntergekommener Ritter, der sich statt eines Pferdes nur ein paar Kokosnussschalen leisten kann. Damit muss sein treuer Knappe Hufgetrappel imitieren. Immerhin hat ihm die schöne Fee aus dem See das Schwert Excalibur geschenkt, Legitimation seiner Königsmacht die aber niemand so recht respektieren mag. Die Ritter der Tafelrunde muss Artus aus Zufallsbekanntschaften rekrutieren. Doch dann erhalten die armen Teufel vom lieben Gott persönlich eine ritterliche Lebensaufgabe: die Suche nach dem Heiligen Gral.
Die Handlung ist wie schon im Film in allerlei verrückte Episoden gegliedert. Da begegnen wir den unflätig fluchenden Franzosen (siehe Titelbild) und einem trojanischen Hasen. Der größenwahnsinnige schwarze Ritter ist ebenso mit von der Partie wie die basisdemokratisch-antiautoritär organisierte Landbevölkerung, die durchgeknallten Ritter vom Nie und das menschenzerfleischende Killerkaninchen.
Der Witz dieses Musicals beschränkt sich aber nicht auf schrägen Klamauk, verrückte Dialoge und britisch-schwarzen Humor. Da ist auch eine durchaus geistreiche, übergeordnete Ebene: die Satire, die Persiflage, die Selbstironie, die fröhlich-respektlose Zerstörung von Genre-Traditionen. Während das Film-original "Die Ritter der Kokosnuss" etwa zwischen Realität und Filmhandlung springt (wenn zum Beispiel ein Zeichentrickmonster den Angriff abbricht, weil sein Zeichner an einem Herzanfall stirbt), nimmt Spamalot das Musical-Genre auf die Schippe und damit sich selbst. Ähnlich wie der Film spielt auch die Bühnenfassung mit dem pathetischen Musikstil alter Ritterfilme.
Die Ballade von Galahad und der Fee vom See dreht sich um die Ballade an sich. "Jede gute Show hat so einen Song", erklären die beiden singend dem Publikum, während sie auf einem Schwan über die Bühne fahren (Lohengrin lässt grüßen). So untergräbt der Text den romantischen Ausdruck der Musik und erstickt jede Sentimentalität im Keim. Die Regie greift diesen selbstzerstörerischen Humor auf und lässt das Gebläse zum theatralischen Wehen der Haare ungeniert aus der Kulisse herausragen. Die Persiflage auf Artus-Sage und Ritterfilme wird weiter ausgedehnt, mit Genre-Zitaten angereichert, macht sich über alles und jeden lustig. Schließlich bürden die völlig durchgeknallten (und herrlich kostümierten) Ritter von Nie dem armen Artus eine schier unlösbare Aufgabe auf: ein Musical zu produzieren und das auch noch im Saarland, rein privat finanziert. Da tauchen Figuren erfolgreicher Konkurrenten auf, von Starlight Express bis König der Löwen, um Spamalot als eine Art Gegen-Musical zu positionieren. Die Dekonstruktion des Mediums Musical findet schließlich ihren Höhepunkt, wenn am Ende die sogenannte vierte Wand durchbrochen wird, die imaginäre Dimensionsgrenze zwischen Bühne und Zuschauerraum, zwischen Bühnenstück und Realität im Zeltpalast. Ein typisches Stilmittel der Monty Pythons.
Im Gegensatz zu vergangenen Produktionen im Zeltpalast ist Spamalot keine Neuinszenierung. Regisseur Andreas Gergen brachte die Produktion aus Salzburg mit. "Doch wir haben zweieinhalb Wochen intensiv geprobt, schließlich gab es einige Umbesetzungen", so Joachim Arnold. Die Arbeit hat sich gelohnt, alles läuft wie am Schnürchen.
Produktion kommt aus Salzburg
An der Produktion des Bühnenstückes gibt es nichts zu mäkeln. Regie, Bühne, Kostüme, Musik, Darsteller: hochprofessionell. Diesmal dürfen die Musiker (samt Dirigent Tom Bitterlich) sogar zeitweise die Bühne besetzen.
Immer dann, wenn das ständig wechselnde Bühnenbild zur Burg Camelot springt, die in Andreas Gergens Inszenierung wie eine Showbühne in Las Vegas daherkommt. "Was in Camelot passiert, bleibt in Camelot", erklärt König Artus passend dazu. Auch die Kostüme wissen zu gefallen: vom klassischen Kettenhemd bis zum schrillen Tunten-Outfit ist alles dabei. Regisseur Andreas Gergen ist im Saarland längst etabliert. Er inszenierte zum Beispiel in Merzig "The Addams Family" und am Saarländischen Staatstheater Mozarts "Zauberflöte".
Hauptdarsteller Uwe Kröger zählt zu den berühmtesten Musicaldarstellern im deutschsprachigen Raum und ist ebenfalls schon ein alter Bekannter in Merzig. 2012 debütierte er im Zeltpalast als Edna Turnblad in "Hairspray", 2014 spielte er den Gomez in "The Addams Family". Krögers komödiantisches Talent machte ihn auch zur ersten Wahl für die Hauptrolle des König Artus in "Monty Pythons Spamalot". Man sieht Kröger an, dass er diese Rolle liebt. Für keine Grimasse, für keinen dämlichen Blick, für kein Slapstickelement ist er sich zu schade.
Auch hervorragend: Franziska Becker gibt die Fee aus dem See ebenso stimmgewaltig wie humorvoll. Die Schauspielerin und Sängerin kann bereits auf eine beachtliche internationale Bühnenkarriere zurückblicken. Sie kommt von der Salzburger Originalproduktion nach Merzig. Die weiteren Darsteller brillieren jeweils gleich in mehreren Rollen: Marc Seitz als Sir Robin und Wachsoldat; Benjamin Oeser als Sir Lancelot, Franzose, Schwarzer Ritter und Zauberer; Armin Kahl als Sir Dennis Galahad, Ritterfürst derer von Nie, Burgherr und Finnen-Bürgermeister oder Andreas Lichtenberger als Sir Bedevere, Galahads Mutter und Lancelots Ersatzpferd um jetzt nur die Darsteller der Ritter der Tafelrunde vorzustellen.
Insgesamt bietet die Merziger Spamalot-Inszenierung einen kurzweiligen Abend voller Gags und herrlich schräger Momente. Auch wer die Filmvorlage in- und auswendig kennt, wird der Bühnenadaption neue Aspekte abgewinnen können. Abwechslung wird groß geschrieben. Hier gehen Regie, Kostüme und Bühnenbild Hand in Hand. Was da im Zelt an Qualität geboten wird, kann mit den großen Musicalbühnen der Metropolen mithalten. Wer jetzt Lust auf einen Besuch des Musicals kriegt und noch keine Karten hat, muss sich sputen: Monty Pythons Spamalot läuft in Merzig nur noch bis zum 3. September.