Die Filme kommen aus Hollywood und aller Welt. Der Ton, wenn er auf Deutsch aus den Kino-Lautsprechern tönt, nicht selten aus Berlin-Neukölln: 60 Mitarbeiter und viele Freie verhelfen dort Filmstars zu ihrer Stimme. „Viel Arbeit, die im besten Fall nicht auffällt“, sagt Thomas Braune, Geschäftsführer von Interopa Film.
Avatar, Titanic, die Alien-Reihe oder Fifty Shades of Grey: All diesen und vielen weiteren Blockbustern würde die Hälfte fehlen, wären sie nicht durch Studios der Interopa Film GmbH gegangen – die Stimme. Ebenso erginge es Serienstars wie Ally McBeal oder den Detektiven von CSI: NY, und auch Spongebob könnte sich in seinem Kinofilm nicht mit seinem Freund, dem Seestern Patrick auf Deutsch unterhalten.
Hinter all diesen Stimmen stehen Schnitttechniker, Aufnahmefachleute und vor allem jede Menge Schauspieler. Interopa-Geschäftsführer Braune ist immer auf der Suche nach neuen Stimmen: Wer möchte schon, dass der Schauspieler Matt Damon in den Bourne-Filmen ebenso klingt wie Tom Cruise in der „Operation Walküre“?
Die Geschichte der Interopa Film reicht weit zurück. Schon Kojak und Dallas liefen durch die Mischpulte der Neuköllner Studios – seit ihrer Gründung 1959 sitzen sie an Ort und Stelle. Seitdem hat sich viel verändert in der Filmwelt: Neben Kino und Fernsehen sind Angebote der Streamingdienste über Internet jederzeit verfügbar. Vor- oder Nachteil für die Synchron-Branche? FORUM hat bei Interopa-Geschäftsführer Thomas Braune nachgefragt.
Herr Braune, wie geht es derInteropa?
Uns geht es gut. Streamingdienste wie Amazon oder Netflix haben den Markt stark beeinflusst. In den letzten 24 Monaten wurde so viel synchronisiert wie nie zuvor. Im Schnitt schließen wir pro Monat 800 bis 1.000 Verträge ab mit Sprechern, Autoren und Regisseuren.
Das sind viele! Wo haben Sie denn all die Sprecher her?
Unsere Mitarbeiter suchen in Theatern und Off-Bühnen nach neuen interessanten Schauspielern. Der Bedarf nach neuen, unverbrauchten Stimmen ist enorm. Man kann eindeutig sagen, Berlin ist die Synchronhauptstadt. Nirgendwo wird so viel synchronisiert wie hier. Berlin ist mit großem Abstand vor München und Hamburg aber auch die Stadt mit den meisten Bühnen und Schauspielern. Viele der Schauspieler haben nur die Synchronarbeit als Gelderwerb.
Was halten Sie als alter Hase im Film- und Fernsehgeschäft von den neuen Angeboten?
Wenn ich Fernsehen gucke, lasse ich den Profi im Büro und werde zum stinknormalen Zuschauer, der sich verzaubern lassen will. Ich gebe zu, dass ich einige Serien regelrecht in mich aufgesaugt habe. Was auf Netflix passiert, finde ich hochspannend. Es ist aber auch klar, dass Veränderungen immer Herausforderungen mit sich bringen. Hier entsteht eine völlig neue Generation im Bereich TV. Auch was die technische Umsetzung betrifft, warten Herausforderungen.
Ist diese Entwicklung bedrohlich oder positiv?
Derzeit profitiert unsere Branche von den Veränderungen. Das muss nicht immer so bleiben. Die Gagen im kreativen Bereich sind regelrecht explodiert und das macht uns hinsichtlich der Gesamtbudgets große Sorgen. Synchronisation muss auch in Deutschland bezahlbar bleiben. Denn in den Streamingdiensten werden Filme zunehmend im Original geguckt. Eine bedrohliche Entwicklung für die ganze Branche.
Alles wird immer internationaler – aber Sie bleiben in Neukölln?
Zum einen war die Interopa schon immer an diesem Standort. Zum anderen haben wir ein Riesenglück, dass wir hier gelandet sind. Die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung – und damit drastisch steigende Mieten – macht auch vor Neukölln nicht halt. Zum Glück haben wir starke Partner. In unserer Bezirksbürgermeisterin Dr. Franziska Giffey haben wir eine der größten Fürsprecherinnen gefunden, die sich gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung mit Enthusiasmus und großem Geschick für den Filmstandort Berlin-Neukölln einsetzt. Diese Unterstützung ist enorm wichtig.
Sie haben große Namen im Repertoire – wieso kennt man Sie und Ihre Mitarbeiter nicht vom Berlinale-Teppich?
Synchronisation, das bedeutet viel intensive Arbeit, die im Dunkeln stattfindet. Arbeit, die niemand mitbekommt, die im besten Fall nicht auffällt. Der rote Teppich wird für andere ausgerollt. Unserer Branche fehlt leider der Glamourfaktor, von dem Filmproduktionen profitieren.