Nur wenige Schauspieler sind durch eine einzige Rolle dermaßen vereinnahmt worden wie der vor 90 Jahren geborene Peter Falk. Trotz zweier Oscar-Nominierungen und diverser Kinofilme ist er der breiten Öffentlichkeit fast nur als schrulliger TV-Inspektor Columbo bekannt.
Eigentlich hatte Peter Falk Geheimagent werden wollen, aber der US-Spionagedienst CIA hatte 1953 seine Bewerbung abgelehnt. Aller Wahrscheinlichkeit nach wegen seines monatelangen Arbeitsaufenthalts bei einem Eisenbahnprojekt im sozialistischen Jugoslawien und seiner Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft – was beides in der McCarthy-Ära mit ihrer Kommunisten-Hatz nicht so gut ankam.
Anti-Held als Rolle seines Lebens
Also machte er später als Inspektor Columbo Karriere beim Morddezernat im Los Angeles Police Departement. Und zwar nicht als klassisch hartgesottener Ermittler amerikanischer Art im Stile eines Philip Marlowe, sondern als Anti-Held, der mit seiner verschrobenen Art, seinem zerknautschten Äußeren und mit dem grauen Trenchcoat als ganz persönlichem Kennzeichen – lange vor Kommissar Schimanski – eigentlich eine Zumutung für den gehobenen Polizeidienst war. Hinter der Fassade des schusseligen, gerade einmal 1,68 Meter großen Trottels mit ostentativ zur Schau gestellter Gutmütigkeit und Bescheidenheit verbarg besagter Columbo aber seinen scharfen Verstand vor seinen reichen, mächtigen und intellektuell scheinbar überlegenen kriminellen Gegenspielern. Um sie am Ende zielsicher zur Strecke zu bringen – ohne jemals von einer Schusswaffe Gebrauch gemacht zu haben.
Das Finale jeder der insgesamt 69 Folgen der TV-Krimiserie „Columbo“ zwischen 1968 und 2003 wurde stets mit den legendären Sätzen „Eine Frage hätte ich da noch…“ oder „Da wäre noch eine Kleinigkeit…“ eingeleitet. Die kleinen Macken des Inspektors wie die ewig brennende Zigarre, der Basset namens „Hund“, das zerbeulte Peugeot-Cabrio oder die immer wieder zitierte, aber stets durch Abwesenheit glänzende Mrs. Columbo waren letztlich nur Requisiten in der Kunst der kalkulierten Selbstherabsetzung, die der Schauspieler in seiner Paraderolle zur Perfektion getrieben hatte.
Peter Michael Falk wurde am 16. September 1927 in New York City geboren. Seine jüdischen Eltern stammten ursprünglich aus Osteuropa und waren Besitzer eines Bekleidungsladens. Im Alter von drei Jahren wurde dem Kind ein bösartiger Tumor aus dem rechten Auge operativ entfernt, das anschließend durch ein Glasauge ersetzt werden musste. Trotz dieser Behinderung war Falk ein begeisterter Baseball- und Basketball-Spieler. Einen ersten kleinen Bühnenauftritt hatte er als Zwölfjähriger 1939 bei dem Stück „Die Piraten von Penzance“ im Rahmen eines Sommercamps. Er besuchte die Ossining Highschool in Westchester County im Bundesstaat New York und wechselte 1945 nach dem Abi-tur auf das Hamilton College in Clinton. Schon nach kurzer Zeit bewarb er sich bei der Marine. Die lehnte ihn aber aufgrund seines Glasauges ab, nur den Job eines Kochs bei der Handelsmarine konnte er schließlich ergattern. Nach 18 Monaten unter Deck auf hoher See kehrte er auf das Hamilton College zurück, schrieb sich an der Universität von Wisconsin ein und wechselte schließlich an die New School for Social Research in New York City, wo er 1951 den Bachelor in Literatur- und Politikwissenschaft machte. Zwei Jahre später kam noch der Master of Public Administration an der Syracuse Universität hinzu, wodurch sich ihm die Chance für eine erfolgreiche Laufbahn im Staatsdienst eröffnete.
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ie Anstellung als Management-Analyst bei einer Finanzbehörde, dem Connecticut State Budget Bureau in Hartford, empfand er aber als nicht zufriedenstellend. Allerdings erlaubte sie ihm, 1954 nebenbei Mitglied einer Laienspielgruppe namens „Mark Twain Masquers“ zu werden und mit ihr erste Bühnenerfahrungen zu sammeln. Etwa bei Aufführungen von Arthur Millers „Hexenjagd“ oder Clifford Odets’ „Ein Mädchen vom Lande“. Zusätzlich mogelte er sich in den Unterricht von Eva Le Gallienne, die eigentlich am White Barn Theatre in Westport in Connecticut nur professionelle Schauspieler fördern sollte. Ausgestattet mit einem Empfehlungsschreiben seiner Lehrerin an den New Yorker Agenten William Morris, kündigte Falk 1956 seinen Beamtenjob und verlegte seinen Wohnsitz nach Greenwich Village in Manhattan.
Nach seiner ersten New Yorker Bühnenrolle in Molières „Don Juan“ hatte er sein Broadway-Debüt in der Komödie „Diary of the Scoundrei“ und spielte wenig später einen Soldaten in Brechts „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“. Die Zeiten waren hart, Falk war damals laut eigenem Bekunden ein „immer haarscharf an der Pleite vorbeisegelnder Schauspieler in New York mit zehn Dollar Tagesgage“. Als er sich für eine kleine Filmrolle bei den Columbia Pictures bewarb, verpasste ihm deren mächtiger Boss Harry Kohn eine niederschmetternde Absage: „Junger Mann, für das Honorar, das ich zu zahlen bereit bin, bekomme ich auch einen Schauspieler mit zwei Augen!“
Dennoch gelangen ihm ab 1957 gelegentliche Fernseh-Engagements. Und Warner Brothers bescherte ihm ein Jahr später seine erste Kino-Nebenrolle im Drama „Sumpf unter den Füßen“. 1959 wirkte er im Kriminalfilm „The Bloody Brood“ mit, 1960 bei dem biografischen Streifen über den Outlaw „Pretty Boy Floyd“. Nachdem er im April 1960 seine langjährige Freundin Alyce Mayo geheiratet hatte, erhielt er für seine Darstellung des Killers Abe Reles in dem 1960 veröffentlichten Spielfilm „Unterwelt“ 1961 eine Oscar-Nominierung als Bester Nebendarsteller. Auch ein Jahr später war Falk wieder für einen Oscar nominiert, und zwar als Bester Nebendarsteller als smarter Kleinganove in Frank Capras Komödie „Die unteren Zehntausend“.
Jahre vor seinem Tod
an Alzheimer erkrankt
1962 konnte Falk dann seinen ersten Preis abräumen: Er wurde mit dem Emmy Award als Bester Hauptdarsteller in einer TV-Einzelshow ausgezeichnet. Im Rahmen der populären „The Dick Powell Show“ war Anfang 1962 der TV-Film „The Price of Tomatoes“ ausgestrahlt worden, in dem Falk einen Lastwagenfahrer gemimt hatte, der unter Zeitdruck eine Tomatenlieferung von Texas nach Cincinatti transportieren musste. Obwohl er ab 1965 seine erste große Hauptrolle als Rechtsanwalt in der 22-teiligen Fernsehserie mit dem Titel „The Trials of O’Brien“ bekam und auch weiterhin in Kinostreifen wie „Eine total, total verrückte Welt“ 1963, „Sieben gegen Chicago“ 1964 oder „Das große Rennen um die Welt“ 1965 mitwirkte, schien ihm der große Durchbruch zum internationalen Star nicht zu gelingen.
Doch dann kam wie aus heiterem Himmel das Angebot für „Columbo“. Auf der Bühne hatte der Inspektor schon ab 1962 unter dem Titel „Mord nach Rezept“ für Furore gesorgt. Nun wollten die Autoren William Link und Richard Levinson für den US-Sender NBC eine TV-Version. Wobei Peter Falk keineswegs ihre Traumbesetzung, sondern lediglich die vierte Wahl war, nachdem unter anderem Bing Crosby abgesagt hatte. Eigentlich war nur eine einzige „Columbo“-Sendung geplant, doch nach der Erstausstrahlung im US-Fernsehen am 20. Februar 1968 war das Publikum derart begeistert, dass die Macher mit Falk einen Serien-Vertrag abschlossen, in dem sich der Schauspieler clevererweise hatte zusichern lassen, den Columbo-Charakter nach seinen persönlichen Vorstellungen ausgestalten zu dürfen. „Mich faszinierte die Vorstellung eines Polizisten, der völliger Durchschnitt ist“, schrieb Falk in seiner 2006 publizierten Autobiografie „Just One More Thing“. „Er könnte auch an der Supermarkt-Kasse stehen und dir beim Einpacken der Einkaufstüten helfen. Und andererseits hat er das brillante Gehirn.“
Zwischen 1971 und 1978 wurden sechs Folgen pro Jahr gedreht, insgesamt kamen so 45 zusammen. Nach einer Pause kehrte Peter Falk ab 1989 mit 24 weiteren Folgen auf den Bildschirm zurück, wobei die Krimiserie, die dem Schauspieler 1971, 1974, 1975 und 1990 vier Emmys einbrachte, in 80 Ländern der Welt zu sehen war. Klaus Schwarzkopf war in Deutschland lange Zeit die beliebteste Synchronstimme des Inspektors.
Doch neben der „Columbo“-Serie arbeitete Falk auch weiterhin beim Theater. Für die Hauptrolle in Neil Simons Komödie „Das Nervenbündel“ wurde er 1972 mit dem „Tony“-Award als bester Broadway-Schauspieler des Jahres ausgezeichnet. Auch die Zahl der Kino-Filme stieg kontinuierlich bis auf mehr als 50 an. Vor allem die Zusammenarbeit mit seinem Freund John Cassavettes, der Independentfilm-Regie-Ikone, brachte ihm gute Kritiken für „Ehemänner“ 1970 und „Eine Frau unter Einfluss“ 1974 ein. Wim Wenders konnte ihn 1987 für sein Werk „Der Himmel über Berlin“ gewinnen. Letztmals stand er 2008 für die Komödie „American Cowslip“ vor der Kamera. Damals hatten sich aber schon deutliche Anzeichen der Alzheimer-Krankheit bei ihm bemerkbar gemacht. Peter Falk starb im Alter von 83 Jahren in der Nacht vom 23. auf den 24. Juni 2011 in Beverly Hills im Beisein seiner zweiten, 23 Jahre jüngeren Ehefrau Shera Danese, die ihn in seinen letzten Lebensjahren weitestgehend vor seinen beiden Töchtern aus erster Ehe abgeschirmt hatte. Zwei Jahre nach seinem Tod wurde er auf dem Hollywood Walk of Fame mit einem Stern geehrt.