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WAS MACHT EIGENTLICH...

Christiansen
Foto: imago/Michael Heuberger

… Sabine Christiansen?

In der nach ihr benannten ARD-Talkshow interviewte sie von 1989 bis 2007 jeden Sonntagabend nationale und inter­nationale Polit- und Wirtschaftsgrößen. Heute leitet sie eine eigene Firma, sitzt im Auf­sichts­rat zweier Wirtschaftsunternehmen und engagiert sich in sozialen Projekten. Am 20. September wird sie 60 Jahre.

Die früheren Urteile über Sabine Christiansen reichten von „Deutschlands begabteste Journalisten-Darstellerin“ („Spiegel“-Autor Matussek) bis hin zu „beeindruckende journalistische Leistungen“ (Deutscher Fachjournalistenverband). Viele Auszeichnungen bis hin zum Titel „Medienfrau des Jahres 2003“ belegen viel Zustimmung zur Arbeit Christiansens. Mit der Kritik, oft zu wenig nachgehakt zu haben, kann die Wahl-Pariserin heute gut leben. „Nicht gestellte Fragen und einseitige Sichten auf Dinge, wie man sie im amerikanischen Wahlkampf erlebte, das ist weitaus schlimmer“, betonte Christiansen im Vorjahr in einem Interview. Nach ihrem freiwilligen Rückzug vom Sonntagabend-Talk 2007 hat sie weiterhin journalistisch gearbeitet und mit einigen Sendungen sogar weltweit Resonanz gefunden. In Deutschland aber ist es eher ruhig um sie geworden.

„Frau des
jahres 2016“

Rückblickend bezeichnet Sabine Christiansen die früheren Zeiten als sehr spannend und intensiv. „Ich vermisse sie aber heute überhaupt nicht. Ich halte weiterhin viele Reden und moderiere Konferenzen und Themen, die mich interessieren. Ich habe dabei aber das große Privileg, mir die Termine aussuchen zu können.“ Dadurch könne sie jetzt berufliche und private Zeit besser vereinbaren. Dem Journalismus bleibe sie jedoch stets verbunden. Gerade in Zeiten des digitalen Wandels stünden die Medien und die Kommunikation vor großen Herausforderungen. „Da bedarf es immer neuer Anpassungen und Investments in zukunftsorientierte Start-ups oder Unternehmungen. Das erfordert viel Aufmerksamkeit, Kenntnis und internationale Kontakte“, betont Christiansen, die für sich als bekannte Fernseh-Frau berufsbedingt große Vorteile bei neuen Projekten sieht. „Es ist nicht nur die Bekanntheit, sondern auch die jahrelange erfolgreiche Arbeit, die Vertrauen in die Leistungen und bei Gesprächspartnern geschaffen hat.“ Mit Blick auf die modernen Medien spricht Christiansen von einer Zeit, in der wir „over-newsd, but underinformed“ sind, also mit Nachrichten ganz unterschiedlicher Quellen in Sekundenschnelle „zugepflastert“ werden. Eine Rückkehr auf den Bildschirm als Talk-Lady kann sich die knapp 60-Jährige nicht mehr vorstellen. „Darüber denke ich nicht nach, da eine neue Sendung nicht mehr in meinen Lebensentwurf passt. Einzelanfragen sehe ich mir genau an.“

Sabine Christiansens Hauptbeschäftigungen sind heute die Leitung ihrer eigenen Firma in Berlin und ihre Funktionen als Aufsichtsrätin bei der Freenet AG und beim Versand-Riesen Hermes. „Zudem liegen mir meine sozialen Tätigkeiten als Unicef-Botschafterin, als Vize-Vorsitzende der Laureus-Stiftung und als Leiterin meiner eigenen Kinder-Stiftung sehr am Herzen.“ Für dieses ehrenamtliche Engagement erhielt Christiansen vor ein paar Monaten als „Frau des Jahres 2016“ den Look-at-Children-Award. „Ich sehe es als Anerkennung für die vielen Unterstützer und Menschen, die jeden Tag in Flüchtlingslagern, im vom Erdbeben zerstörten Haiti oder den verhungernden Kindern im Jemen helfen.“ Ihre inzwischen sehr zahlreichen Auszeichnungen haben einen Ehrenplatz in Christiansens Büro, wo sie ihr „glänzend jeden Morgen die Frage stellen: Was können wir noch tun?“ Durch ihre sozialen Projekte gerade in Afrika habe sie eine kritische Haltung gegenüber dem Konsum entwickelt. Wachstum um jeden Preis sei schädlich. „Wir müssen daran arbeiten, wegzukommen von „immer schneller, immer günstiger“. Deshalb müsste jetzt die Wertedebatte transparent mit den Verbrauchern geführt werden.

gartenarbeit und spaziergänge

Nach den anfangs hektischen Zeiten mit Sabine Christiansens Firma in Berlin und dem Unternehmen ihres Mannes in Paris hat das Paar inzwischen einen gemeinsamen Lebensrhythmus gefunden, der für Familie und Freunde Zeit lasse, „auch mal, um zwei Wochen länger in unserem Haus auf Mallorca zu bleiben.“ Ganz auf der Balearen-Insel zu leben, käme Sabine Christiansen jedoch nicht in den Sinn. „Das wäre mir viel zu langweilig. Und ich liebe die Bewegung. Deshalb ist es für mich auch keine Option, bis zur Rente immer denselben Job zu haben.“ Wenn sie ansonsten mal Zeit zum Entspannen findet, liebt sie die Arbeit in ihrem Garten oder macht lange Spaziergänge mit Freunden und Hunden. Dass sie keine eigenen Kinder hat, bedauert sie nicht, auch wenn es Phasen gegeben habe, wo sie sich das hätte vorstellen können. „Aber es war eine sehr persönliche Entscheidung, die nicht nur mit mir zusammenhing.“ Durch die Kinder ihres Mannes und durch ihr Unicef-Engagement habe sie jedoch viel Kontakt zu jungen Menschen, sodass ihr nichts fehle. Da ihre beiden Stiefsöhne aber weit entfernt in anderen Ländern leben, laufe bei ihr immer Skype, und Treffen müssten lange vorgeplant werden. „Gerade weil unsere Familienfeste relativ selten sind, sind sie eines garantiert nicht: langweilig.“


Peter Schmidt

 

 

Zur Person:
Sabine Christiansen, geboren am 20. September 1957 als Sabine Frahm in Preetz, arbeitete nach dem Abitur als Flugbegleiterin und machte von 1983 bis 1985 eine journalistische Ausbildung beim NDR. Von 1985 bis 1987 war sie Redakteurin und Moderatorin im Landesfunkhaus Hamburg, von 1987 bis 1997 Redakteurin bei „ARD-aktuell“ und „Tages­themen“-Moderatorin. Von 1998 bis 2007 leitete sie 447 mal die nach ihr benannte Talkshow. Nach ihrer freiwilligen Übergabe an Anne Will konzentrierte sie sich auf internationale TV-Formate. Mit ihrer 2001 gegründeten Gesellschaft TV21 produzierte sie internationale Wirtschafts- und Politiksendungen, Dokus und Reportagen. Mit Maybritt Illner moderierte sie 2002 und 2005 TV-Kanzler-Duelle und führte 2006 das erste deutsche TV-Interview mit US-Präsident George W. Bush. Sabine Christiansen ist seit 2008 in dritter Ehe mit dem Textilfabrikanten Norbert Medus verheiratet.

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