Aufgewachsen in ländlich-saarländischer Region erobert sich der Stand-up-Comedian Jochen Prang die Kleinkunstbühnen in Berlin und punktet auch bei TV-Auftritten. Demnächst ist er live im Saarland zu erleben.
Herr Prang, waren Sie der Klassenclown?
Man würde das vermuten. Eigentlich war ich sehr schüchtern als Kind – meine Mutter wundert sich heute noch, dass ich jetzt so einen Beruf mache und so in der Öffentlichkeit stehe. Eigentlich war ich in der Schule – nach der Grundschule war ich in der Haupt- und Realschule Kleinblittersdorf – eher zurückhaltend. In der Pubertät hat sich das gelegt, vielleicht habe ich jetzt Nachholbedarf.
Sie sind in Rilchingen-Hanweiler aufgewachsen. Welche Erinnerung verbinden Sie mit diesem Ort?
Sehr ländlich und sehr klein, aber großartig.
Sind Sie direkt vom Saarland nach Berlin übersiedelt oder gab es Zwischenstationen?
Es gab eine Zwischenstation. Ich war fünf Jahre in Mittelfranken. Meine Radiolaufbahn habe ich in Saarbrücken bei Radio Salü begonnen, dann kam das Angebot aus Nürnberg für eine eigene Nachmittagssendung. In Nürnberg habe ich lange Radio gemacht und zwischendrin mit Comedy angefangen. Vor zwei Jahren bin ich nach Berlin gezogen, eigentlich auch wegen Radio, bis ich dann irgendwann dachte: Jetzt brauche ich keinen Wecker mehr, jetzt mache ich nur noch Comedy.
Stand-up-Comedy. Ist das eigentlich Arbeit?
Arbeit würde ich es nicht nennen. Man macht ja, was man will. Es gibt auch keinen Wert im Sinne: Am Ende des Tages habe ich was geschaffen, was anfassbar ist. Das Machen und das Kreieren ist eigentlich keine Arbeit. Es ist sehr viel Spaß.
Sie arbeiten noch als Radiomoderator bei Star FM Berlin und manchmal auch als DJ. Weil man nur so über die Runden kommt?
Nee. Angewiesen bin ich darauf nicht mehr, aber es macht alles irgendwie Spaß und warum soll ich’s dann nicht tun.
Sie haben etliche Einladungen und Nominierungen zu Comedy-Wettbewerben erhalten. Das Jahr 2017 scheint Ihr Jahr zu sein. Ist es so? Erleben Sie gerade einen Karriereschub?
Absolut! Anfang des Jahres ging es los mit dem Hamburger Comedy Pokal, den habe ich zwar nicht gewonnen, aber daraufhin folgte der erste Fernsehauftritt. Den NDR Comedy Contest habe ich gewonnen – mein erster Fernsehauftritt war gleich sehr erfolgreich. Das zieht auch Aufmerksamkeit bei Veranstaltern nach sich – ich wurde für einige Shows gebucht. Ich spiele das Solo ‚#Verantwortungsbewusstlos‘, das hervorragend funktioniert, in 35 Städten.
Wettbewerbe sind also wichtig.
Wettbewerbe nimmt niemand wirklich ernst – es ist natürlich schön, wenn man sagen kann, hier habe ich gewonnen. Es bestätigt, dass man auf dem richtigen Weg ist. Ich persönlich mag Publikumspreise viel lieber als Jurypreise. Der NDR Comedy Contest ist ja ein reiner Publikumsentscheid. Wenn einem der ganze Saal die Stimme gibt und man hat nordkoreanische Stimmverhältnisse geschaffen, dann ist das schon ein sehr schönes Gefühl. Jurypreise sind ja immer sehr subjektiv, der eine findet das lustig, der andere das. Humor ist ja nicht messbar oder wertbar.
Sie sind 40. Brauchen Sie als
Comedian einen langen Atem oder kann der Durchbruch ganz schnell kommen?
Mal so, mal so. Es kann auch ganz schnell gehen, aber prinzipiell glaube ich, man braucht einen langen Atem, sei es als Comedian oder als Musiker. Man muss sein Fundament aufbauen. Ich kenne viele Kollegen, die haben gute zehn Minuten, tauchen dann ganz schnell im Fernsehen auf, danach kommt die Anfrage nach einem Bühnenprogramm und es ist halt nicht da. Genauso schnell wie man kurz entdeckt wird, wird man auch wieder vergessen. Ich plane lieber langfristig. Ich habe ja auch Zeit, ich bin ja erst 40.
In Ihren Programmen machen Sie sich Gedanken über den Irrsinn in unserem Alltag. Welche Inspiration aus dem Weltenirrsinn haben Sie kürzlich bekommen?
Ein ganz simples Autobahnschild. Ich habe ein Auto gemietet, normalerweise fahre ich Bahn. Ich hätte beinahe einen Unfall gebaut, weil ich abgelenkt war von einem Schild am Autobahnrand, auf dem stand: Lass dich nicht ablenken! Aber es gibt ja genug, was man aufgreifen kann, auch in den sozialen Netzwerken, der Mensch ist ja ein dankbarer Lieferant humorvoller Einlagen.
Wie proben Sie Ihre Programme?
Eigentlich gar nicht, wenn ich ehrlich bin. Mir fällt irgendwas auf, ich hab eine Idee, dann wird die kurz notiert und dann spiel ich auf der Bühne direkt damit rum. Ich hab den großen Luxus, in Berlin auf offenen Bühnen vor 30, 40 Leuten mal zu testen. Das ist Operation am lebenden Objekt. Zu Hause lacht ja keiner. Meine Freundin sagt, probier den Quatsch nicht an mir aus, geh lieber raus, spielen. Ich werde immer weggeschickt!
Ihre Auftritte lassen an Dieter Nuhr und Michael Mittermeier denken. Sind das Ihre Vorbilder?
Das hab ich schon öfter gehört. Michael Mittermeier ist mit Sicherheit ein Stand-up-Comedian, den ich sehr bewundere. Er geht seit 20 Jahren seinen Weg. Vor Michael Mittermeier gab es in Deutschland – außer Otto, Loriot und Heinz Erhardt – ja nur bierernstes Kabarett mit Politikerschelte. Mit Dieter Nuhr verglichen zu werden, das ist ja ein schönes Kompliment, aber ich versuche schon Jochen Prang zu sein. Schön fände ich, wenn jemand sagen würde: Dieter Nuhr ist ein wenig Prang-mäßig. Aber davon bin ich wohl noch ein bisschen entfernt. (lacht)
Sie haben einmasl gesagt: „Berlin macht lockerer.“ Ist das Saarland denn zu verspannt?
Nee, im Gegenteil, ich glaube, der Grund, weshalb ich so gut auf dem Weg bin und so viele Blickwinkel finde, ist, weil ich auf der einen Seite das gemütliche Saarland und auf der anderen Seite den entspannten Großstädter in mir habe, der alles nicht so ernst nimmt.
Ich habe einmal eine Exil-Saarländerin getroffen, die Lyoner vermisst. Was vermissen Sie als Exil-Saarländer?
(lacht). Das ist tatsächlich so ein Ding. Ich habe einen Bruder in Saarbrücken und einen zweiten in Berlin. Der Saarbrücker Bruder war in Berlin zu Besuch und hat eine Tasche voll mit Lyoner mitgebracht. Ja, ich bekomme Care-pakete aus Saarbrücken! Ich bin in einer WhatsApp-Gruppe von Saarländern, die in Berlin leben, da trifft man sich auch zum Schwenken am Tempelhofer Feld oder im Karlsberg-Biergarten in Friedrichshain. Man kriegt den Saarländer aus dem Saarland raus, aber niemals das Saarland aus dem Saarländer. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz und anscheinend ist es wahr.
Sie treten an verschiedenen Auftrittsorten in Berlin auf, aber auch im gesamten Bundesgebiet. Bemerken Sie Unterschiede in den Publikumsreaktionen?
Schon, ja klar. Den Berliner zu begeistern ist schwieriger, weil er ein Überangebot an Unterhaltung hat. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn die Berliner über meine Gags lachen, dann lacht das Publikum überall. Es gibt auch lokale Unterschiede in Berlin. Wenn ich am Prenzlberg Witze über Veganer mache, dann laufe ich Gefahr danach getofut zu werden. In Bayern ist das die Brüllerei, weil die den Veganismus nicht verstehen können.
Wie reagieren Sie auf der Bühne, wenn Sie merken, dass dasPublikum gar nicht reagiert. Oder ist das noch nie passiert?
Das kommt vor, da muss man dann durch, aber in den letzten Jahren immer weniger.
Im Oktober kommen Sie zum Heimspiel. Sind Sie da besonders aufgeregt, weil Familie und Freunde im Publikum sitzen, oder kennen Sie gar kein Lampenfieber?
Ich merke, dass ich mir noch mehr Mühe gebe, wenn jemand im Publikum sitzt, den ich kenne. Das ist meine Heimat. Da ist eine Herzensgeschichte dabei.
Und worüber lachen Sie, Herr Prang?
(lacht) Über alles. Ich habe ein Humor-Fell – das ist ein schönes Wort. Ich hatte eine schmerzhafte private Trennung und sehr schnell darüber auf der Bühne Witze gemacht, dadurch auch verarbeitet, es ist ja auch immer ein bisschen Therapie dabei.
Ich glaube, es gibt nichts mehr, wo ich sage, das ist meine Grenze, darüber kann ich nicht mehr lachen. Ich lache über alles. Wenn mich irgendwas ärgert, fang ich an zu lachen. Das ist ja unser Problem, wir nehmen alles viel zu ernst. Wenn man ab und zu mehr über die Dinge lachen würde, dann wäre vielleicht auch die Welt ein bisschen ruhiger.