In Zeiten, in denen die Kriminalitätsrate steigt und die Hemmschwelle für Übergriffe scheinbar sinkt, boomen Selbstverteidigungskurse, vor allem bei Frauen. Krav Maga ist eine besonders wirkungsvolle Art, sich gegen Angreifer zu wehren und für jeden erlernbar.
Das weit verbreitete Klischee, dass Frauen gegen einen Mann bei einer körperlichen Konfrontation keine Chance haben, ist fest verankert – vor allem gerade in den Köpfen von Frauen.
Doch wie hat das vermeintlich „schwächere Geschlecht" bei möglichen Übergriffen, womöglich bei einem Gewaltverbrechen, eine realistische Chance, sich zu schützen? Wie können sich Frauen verteidigen? Eine Möglichkeit ist die Selbstverteidigungstechnik Krav Maga. Hier kommt es weder auf das Geschlecht, noch auf die Kraft, sondern auf die richtige Technik an. Das Ziel besteht darin, sich mit einfachen und effektiven Methoden zu wehren.
Eine gewisse Grundfitness ist hilfreich
Meistens variieren die Kurse in der Anzahl der Teilnehmer, oft setzt sich eine Gruppe aus sechs bis zwölf Trainierenden zusammen. Erlernen kann Krav Maga prinzipiell jeder, es gibt Angebote für Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Frauen und Männer. Ob dünn oder dick, unabhängig von der Körperkraft.
Das Training geht los mit der Aufwärmphase, die ungefähr 15 Minuten dauert. Das Aufwärmen verlangt ziemlich viel Kondition von einem ab. Vor allem die Sportmuffel werden nach dieser Phase eine Verschnaufpause benötigen. Eine körperliche Grundfitness ist da hilfreich, aber keine Bedingung. Für das Training eignen sich am besten bequeme, lockere Sportkleidung und Indoor-Sportschuhe.
Nach dem Aufwärmen beginnt das eigentliche Training. Die Kursteilnehmer lernen bestimmte Handgriffe und Tritttechniken kennen. Die Erfahrenen wiederholen die Techniken der letzten Trainingsstunden. Im Fokus stehen zum Beispiel die Befreiung aus Festhaltegriffen und aus einer Umklammerung im Stehen. Daneben werden das „richtige" Schlagen und Treten geübt. Ob ein Tritt in den Bauch oder in die Weichteile – erlaubt ist, was im Notfall wirkt. Dabei gibt es keine Tabuzonen, da zumindest während des Trainings, die empfindlichen Körperzonen mit einem Tiefschutz geschützt sind. Auch der restliche Körper steckt in einer passenden Schutzausrüstung.
Die Krav-Maga-Aktiven, im Fachjargon Kravisten genannt, lernen im Training auch, Gefahren richtig einzuschätzen, und vor allem nur im äußersten Notfall zurückzuschlagen. Krav Maga ist als Selbstverteidigung sehr effektiv, weil gezielt die empfindlichen Stellen am Körper des Angreifers ausgenutzt werden. Das Wichtigste ist, dass ein Angegriffener in heiklen Situationen so wenig Schaden wie möglich nimmt. Deshalb werden in der Trainingsstunde typische Angriffsszenarien durchgespielt. Befreiungstechniken für Bedrohungssituationen mit dem Messer oder der Pistole sowie die Verteidigung Dritter gehören zum festen Repertoire des Trainings. Die Übungen werden zwar von den Trainern mehrmals vorgemacht, trotzdem ist die Umsetzung komplexer, als es zunächst den Anschein hat. Einige der größten Herausforderungen der Selbstverteidigungskunst sind es, schnell zu reagieren, dabei die richtige Verteidigungstechnik anzuwenden und sich nicht aus dem Konzept bringen zu lassen.
Es gibt keine festen Regeln
Durch das Training werden Kraft, Schnelligkeit, Beweglichkeit, Ausdauer und Koordinationsfähigkeit trainiert. Man kommt auf jeden Fall ins Schwitzen und tut nebenbei noch was für seine Fitness. Aufgrund der vielseitigen Belastungen wird die Fettverbrennung angeheizt und das Abnehmen gefördert. Deshalb wird Krav Maga in den Vereinigten Staaten überwiegend als Fitnesstraining genutzt. Zudem fördert es die Stressbewältigung und stärkt das Selbstbewusstsein. Für die Selbstverteidigung ist die Psyche noch viel wichtiger, als die technischen Zusammenhänge. Was bringt das beste technische Konzept, wenn man sich bei einem Übergriff nicht mehr wehren kann, weil man vor Angst erstarrt? Krav Maga baut auf simpler Selbstverteidigung aber auch auf Konfliktlösung und Deeskalation auf. Deshalb haben auch schwächere Personen eine realistische Chance sich zu verteidigen.
Krav Maga hat seinen Ursprung in Israel, wo es Bestandteil der offiziellen militärischen und polizeilichen Ausbildung ist. Krav Maga ist Hebräisch und bedeutet Kontaktkampf oder Nahkampf. Es gibt weder Rituale noch eine Verbeugung vor dem Gegner. Krav Maga legt weder Wert auf bestimmte traditionelle Verhaltensformen, noch gibt es einen Personenkult. Man kann zwar in verschiedenen Leveln Prüfungen absolvieren, jedoch ohne Wettkämpfe. Bei erfolgreicher Prüfung gibt es dann entsprechende Aufnäher und Gurtfarben.
Im Krav Maga gibt es keine Regeln. Der Nahkampf wurde ausschließlich erfunden, um sich gegen jegliche Art von Angreifern zu schützen. In der Realität nehmen Täter auch keine Rücksicht auf irgendwelche Regeln.