Walmart arbeitet an der Nutzung von Zeppelinen als fliegende Lagerhäuser. Der größte Einzelhändler der Welt hat ein Patent eingereicht, nach dem die Luftschiffe als Basisstationen für Lieferdrohnen dienen. Der Online-Gigant Amazon arbeitet an ähnlichen Projekten.
Der Wettbewerb der beiden US-Handelsriesen Walmart und Amazon könnte zum Luftkrieg werden. Walmart hat jetzt ein Patent angemeldet für ein fliegendes Warenhaus an Bord eines Luftschiffes. Der Zeppelin als Warendepot soll 305 Meter hoch fliegen und als Plattform für Drohnen dienen, mit denen Waren an die Kunden auf dem Erdboden ausgeliefert werden.
Amazon will höher hinaus als Walmart
In der Patentanmeldung schreibt der Konzern aus dem US-Bundesstaat Arkansas: „Es gibt viele Wege, Produkte zu verteilen und auszuliefern. Es kann jedoch ungewollte Verzögerung dabei geben, das Produkt zum Auslieferungslager zu bringen. Das kann Kosten verursachen und Gewinne kürzen.“
D
as geplante Warenhaus-Luftschiff ist die neueste Stufe in dem seit Langem laufenden Konkurrenzkampf zwischen Walmart, dem größten Einzelhändler mit Ladenketten der Welt, und Amazon, dem zweitgrößten Online-Händler. Nummer eins im Netz ist übrigens der chinesische Versandhändler Alibaba.
Amazon hat im vergangenen Jahr schon ein Patent für ein ähnliches Konzept wie der große Offline-Konkurrent erhalten. Allerdings wollen die Online-Spezialisten höher hinaus. Denn das Patent wurde für ein „fliegendes Abwicklungszentrum“ (Airborn Fulfillment Center) oder kurz AFC erteilt. Das Patent umfasst auch die Technik für ein gasgefülltes Luftschiff. Das Gefährt soll bis zu 13.700 Meter hoch fliegen und damit sogar über den Routen der Verkehrsflugzeuge bleiben. Bei Bedarf soll es zum Ort etwa wichtiger Football-Spiele oder anderer Großereignisse fliegen, wo vom AFC aus ein „unbemanntes Flugobjekt“, also eine Drohne, startet, um den Kunden vor Ort zu beliefern.
Mit den Luftschiffen – im amerikanischen Volksmund „blimps“ genannt – kann das Problem der sogenannten „letzten Meile“ eventuell gelöst werden, das alle Versandhändler haben. Dabei geht es um die Endzustellung eines Pakets an den Kunden. In aller Regel wird das von den Versandhändlern an Lieferdienste vergeben, was allerdings beträchtliche Kosten verursacht. Außerdem kann die Zustellung im schlimmsten Fall scheitern. Deshalb ist die „letzte Meile“ zum Kampfgebiet der Händler geworden. Walmart und Amazon wollen auf den letzten Metern der Zustellung kein Geld verlieren, sondern welches machen.
„Der Kern-Herausforderung durch Verkehr und Zustellungsentfernung in jeder großen Stadt oder auf dem Land kann durch ein fliegendes Warendepot begegnet werden“, sagt Analyst Brandon Fletcher von der Investmentfirma Sanford C. Bernstein. „Bewegliche Lagerhäuser sind eine wirklich hübsche Idee, denn jeder flexible Teil eines Logistiksystems erlaubt es diesem, effizienter zu sein, wenn die Nachfrage stark variiert. Die Welt des elektronischen Handels leidet unter stark variierender Nachfrage. Deshalb sind kreative Lösungen nötig.“
Amazon hat kürzlich die Bio-Supermarktkette Whole Foods für 13,7 Milliarden US-Dollar (umgerechnet rund 11,65 Milliarden Euro) gekauft. Damit will der Online-Händler seinen Fuß buchstäblich in die Welt der Ladengeschäfte setzen und Zentren schaffen, wo die Amazon-Kunden ihre Ware abholen können, während sie Milch, Brot oder Eier einkaufen. In Deutschland expandiert Amazon im Lebensmittelbereich gerade mit dem Lieferservice Amazon Fresh, der derzeit in Berlin und Hamburg angeboten wird (siehe Artikel Seite 68). Amazon Fresh gibt es darüber hinaus in einigen Städten der USA, Großbritanniens und Japans.
Walmart seinerseits versucht im Gegenzug, sich stärker im Online-Handel zu präsentieren. Die digitalen Verkäufe des US-Handelsriesen haben im letzten Quartal um 60 Prozent zugenommen. Walmart hat das Versandunternehmen Jet.com für 3,3 Milliarden US-Dollar (knapp vier Milliarden Euro) gekauft und den Gründer der Plattform, Mar Lore, angeheuert, um den Internethandel des Konzerns zu leiten.
Walmart schluckt Jet.com und kooperiert mit Uber
Walmart hat zudem weitere neue IdeeN für das Problem der „letzten Meile“ entwickelt. So liefern Mitarbeiter in den US-Bundesstaaten Arkansas und New Jersey auf dem Nachhauseweg Waren an Kunden aus – gegen Entgelt durch die Firma. Und Mitte September wurde mit dem Taxidienst Uber ein Vertrag über Warenlieferungen in Dallas im US-Bundesstaat Texas und in Orlando im Staat Florida geschlossen. Womöglich muss der Einzelhandelsriese also gar nicht so hoch hinaus wie der Konkurrent aus dem Internet und das Problem der letzten Meile lässt sich quasi im Vorbeigehen lösen.