Sie sind längst ein Musterklassiker. Und doch ist nicht zu übersehen, dass diesen Winter wieder deutlich mehr Designer kleinste bis riesige Polka Dots für einen frisch-fröhlichen Look einsetzen.
Verspielt und quietschbunt ging es auf dem Laufsteg zu, als Lena Hoschek auf der Berliner Fashion Week ihre Kollektion Herbst/Winter 2017/2018 vorgestellt hatte. Kein Wunder, hatte sich die österreichische Designerin doch auf eine Kooperation mit Walt Disney eingelassen, um unter dem Titel „Dollhouse“ mal etwas ziemlich Ausgefallenes auf den Modemarkt zu bringen. Minnie Mouse durfte dabei natürlich nicht fehlen. Damit nähern wir uns auch schon den springenden Punkten. Schließlich dürfte die Comic-Figur 1928 der erste Weltstar gewesen sein, der sich in einem mit Polka Dots geschmückten und von Coco Chanel inspirierten Röckchen vor der Weltöffentlichkeit präsentiert hatte. Im Laufe der 1930er-Jahre kamen gepunktete Kleider in den USA schnell in Mode, weshalb Minnie Mouse, deren Pillbox-Hut ebenfalls berühmt werden sollte, vor zwei Jahren in einer Londoner Ausstellung als frühe Stil-Ikone gefeiert wurde. Klar, dass für Lena Hoschek an Pünktchen-Klamotten kein Weg vorbei führte.
Der Name für die Dots wurde von der Polka, dem berühmten Rundtanz im lebhaften Zweivierteltakt, abgeleitet. Dieser war um das Jahr 1830 im habsburgischen Böhmen entstanden und wurde anfangs wohl „Pulka“ genannt. Er wurde innerhalb kürzester Zeit ungemein populär und wahrscheinlich schon 1835 in Prag in „Polka“ umgetauft. Schnell schienen damals schon Markthändler die Chance erkannt zu haben, rund um den beliebten Volkstanz eine frühe Form von Merchandising-Produkten aufzulegen. Es gab Polka-Schuhe, Polka-Hüte, ja sogar einen Polka-Pudding.
1857 tauchte dann erstmals der Begriff „Polka Dots“ im Zusammenhang mit einem gepunkteten Musseline-Schal in einem amerikanischen Frauenmagazin auf. Zu dieser Zeit war auch der Tanz dank europäischer Einwanderer längst in den Vereinigten Staaten angekommen und sollte dort eine regelrechte Polka-Mania auslösen. In Sachen Kleidung waren die lebhaften Punkte zunächst hauptsächlich der Hausfrauen-Garderobe vorbehalten, genauer gesagt den Schürzen. Das sollte sich erst ab den 1930er-Jahren ändern, als die Polka Dots auf Kleidern ebenso beschwingt zu hüpfen begannen wie die Damenfüße beim Polka-Tanz auf dem Parkett. Im folgenden Jahrzehnt stimmte nicht nur kein Geringerer als Frank Sinatra mit dem Song „Polka Dots and Moonbeams“ eine Ode auf die Pünktchen an, sondern diese wurden dank Christian Diors „New Look“ (und gepunkteten Sanduhr-Kleidern) ab 1947 auch salonfähig in der High-Fashion.
Frank Sinatra besang sogar die Polka Dots
In den 1950er-Jahren sollten die Polka Dots dann ihre Glanzzeit erleben. Nicht zuletzt dank Hollywood-Stars wie Elizabeth Taylor, Lucille Ball, Katherine Hepburn, Doris Day oder Marilyn Monroe, die sich 1951 sogar in einem gepunkteten Bikini ablichten ließ. Nicht nur Dior konnte mit Pünktchen-Kleidern Verkaufserfolge erzielen, sondern auch andere berühmte Marken wie Balenciaga, Balmain oder Lanvin.
In den 1960er-Jahren zählte Jean Shrimpton, eines der ersten Supermodels der Fashion-Geschichte, zu den glühendsten Anhängerinnen des Pünktchen-Looks. Auch die Herren der Schöpfung begannen, sich mit Polka Dots ganz vorsichtig modisch anzufreunden. Winston Churchill hatte diesbezüglich mit seinen gepunkteten Fliegen so etwas wie den Vorreiter gemacht. In den 60ern folgte ihm dann beispielsweise Bob Dylan, der sich im Jahr 1965 auf dem Cover der Single „Just Like Tom Thumb’s Blues“ im grünen Hemd mit weißen Punkten präsentierte. Marvel widmete den Dots sogar einen eigenen Comic-Bösewicht: Batmans Gegenspieler namens „Polka-Dot Man“ kam im bunt gepunkteten Ganzkörperanzug daher.
Zeitlos und immer anders
In den 1970er-Jahren machte Rei Kawakubo die Polka Dots zum Markenzeichen ihres neuen Labels Comme des Garçons. Das gilt heute für Punto, die sportlichere Schwesterlinie des Schweizer Luxus-Mode-Labels Akris. Bei Punto ist der Name seit über 20 Jahren Programm. Größere Punkte finden sich dort meist auf auf Pullovern und Röcken, kleinere auf fließenden Stoffhosen und Kleidern. Statt als Prints können die Punkte auch mal als Cut-Outs zur Geltung gebracht werden. Akris-Chef-Designer Albert Kriemler: „Der Polka Dot flirtet, er lächelt, hat Witz und Chic … Punkte sind zeitlos, immer anders und werden deswegen immer richtig sein.“
Tupfen auf Tüll werden übrigens als „Swiss Dots“ bezeichnet, von daher macht es umso mehr Sinn, dass sich ausgerechnet ein Schweizer Label auf das Punktemuster spezialisiert hat, das traditionell bei den Damen der britischen Royals hoch im Kurs steht, von Diana bis hin zu Kate Middleton.
Nachdem das Punktemuster schon im Sommer 2017 wieder verstärkt in den Designerkollektionen von Dolce & Gabbana bis Louis Vuitton vertreten war, hat es in der aktuellen Wintersaison wieder Trendstatus erreicht.
Die meisten Labels setzen auf die klassische schwarz-weiß Variante des Printklassikers (also schwarze Punkte auf weißem Untergrund). Zu bewundern sind diese auf Blusen, Kleidern, Anzügen oder Röcken von Loewe (gleich eine ganze Kollektion rund um die Polka Dots), Balenciaga (meist große Punkte), Jacquemus oder Zimmermann. Auch Altuzarra, Maison Margiela (weiße Punkte auf schwarzem Stoff), Topshop, Saint Laurent, Dolce & Gabbana und Giambattista Valli mischen bei dem Trend munter mit.