Cerstin Richter-Kotowski (55) ist Bezirksbürgermeisterin von Steglitz-Zehlendorf. Die erste Frau in diesem Amt ist auch stellvertretende Landesvorsitzende der Berliner CDU. Wir sprachen mit ihr über weibliche Politik, Personalmangel, Sanierungsstau und die wachsende Stadt.
Frau Richter-Kotowski, wie geht es Ihnen als die erste Bürgermeisterin im Bezirk?
Gut. Die Politik wird weiblicher. Das ist nun an der Zeit. Was wir uns in meiner Generation noch erobern mussten, wird für zukünftige Generationen selbstverständlich sein. Frauen machen anders Politik. Team- und Kompromissfähigkeit spielen eine große Rolle. Frauen gehen mit Ressourcen effektiver um.
Und was steht auf Ihrer Tagesordnung?
Der Personalmangel. Wir müssen die öffentliche Verwaltung mit den Herausforderungen der wachsenden Stadt in Einklang bringen. Immer mehr Menschen möchten in Steglitz-Zehlendorf leben – derzeit sind es 304.000 Bürger. Trotzdem haben wir seit 20 Jahren kaum neues Personal eingestellt. Im Gegenteil: Bis vor drei Jahren mussten wir auf Initiative des Senats noch Personal abbauen. Das hat einerseits dazu geführt, dass der Altersdurchschnitt stark erhöht ist. Andererseits bekommen die Bürger die Personalengpässe ständig zu spüren. Zum Beispiel in den Bürgerämtern. Doch das ist nur die Spitze des Eisberges. Ebenfalls ganz oben auf der Tagesordnung steht der Abbau des Sanierungsstaus. An vielen öffentlichen Bauten gibt es Sanierungsbedarf. Der an den Schulen beläuft sich derzeit auf 410 Millionen Euro. Unser Ziel ist es, dort ein gemeinsames Sanierungspaket hinzubekommen mit Eltern, Lehrern, Schülern, Schulleitungen und dem Bezirk. Immerhin haben wir es geschafft, dass bisher keine Einrichtungen geschlossen werden mussten.
Und was ist wichtig für den wachsenden Bezirk?
Wir wurden zum Beispiel aufgefordert, mehrere Schulgebäude zum Verkauf zu geben. Dagegen haben wir uns erfolgreich gewehrt und konnten so mehrere Schulstandorte erhalten. Zwei davon werden inzwischen wieder als Grundschulen genutzt. Die hätten uns jetzt schon gefehlt. In den nächsten Jahren werden die Schülerzahlen weiter steigen. Trotz der Verdichtung in den Wohngebieten wollen wir lebenswerte Kieze erhalten. Eine große Herausforderung für uns ist Lichterfelde Süd. Am ehemaligen Truppenübungsplatz der Amerikaner entstehen aktuell etwa 2.500 Wohnungen. Es ist wichtig, dass der Standort nicht nur eine Schlafstadt wird, sondern ein lebendiges Quartier, in dem man gerne lebt. Die Aufgaben sind komplex. Wenn die Stadt wächst, muss auch die Infrastruktur angepasst werden, zum Beispiel, was den Verkehr betrifft. Um den zu entlasten, versuchen wir unter anderem, unser Radroutennetz weiter auszubauen.