Ohne die Universität wäre die Forschungslandschaft im Saarland undenkbar. Der neue Uni-Präsident Manfred Schmitt verrät im Interview unter anderem, wie er die Universität des Saarlandes trotz angespannter Finanzlage als forschungsstarke Hochschule festigen möchte.
Die Universität des Saarlandes und die am Campus angesiedelten Institute mit Weltruf wie die beiden Max-Planck-Institute, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung, das Leibniz Institut für Neue Materialien oder das Zentrum für IT-Sicherheit Cispa gehören zweifelsohne zu den Leuchttürmen des Saarlandes. Zudem ist die Uni mit ihren rund 17.300 Studenten, davon ein Fünftel aus dem Ausland, und rund 4.500 Beschäftigten einer der wichtigsten Arbeitgeber im Land. Seit dem 1. März 2017 ist Manfred Schmitt, Professor für Molekular- und Zellbiologie, Präsident der Saar-Uni. Vorrangiges Ziel von Schmitt ist es, die Uni als forschungsstarke Hochschule mit attraktiven Studienprogrammen und Europaprofil zu festigen und im nationalen und internationalen Wissenschaftswettbewerb konkurrenzfähig zu halten.
Herr Professor Schmitt, der gute Ruf der Uni hat unter den finanziellen Einschnitten und den Restrukturierungen in jüngster Vergangenheit gelitten. Wie wollen Sie das Image wieder auf Vordermann bringen?
Trotz des harten Sparkurses und einer nach wie vor virulenten Unterfinanzierung ist es der Universität des Saarlandes bislang noch gelungen, sich im nationalen und internationalen Vergleich erfolgreich zu behaupten. Das belegen nicht zuletzt die vielen universitären Verbundforschungsprojekte und Graduiertenkollegs, auch im Verbund mit anderen Universitäten und Forschungsinstituten, wie auch der geplante Ausbau des universitären IT-Sicherheitszentrums Cispa zu einem neuen großen Helmholtz-Zentrum. Aufgrund solch fantastischer Entwicklungen und Perspektiven bin ich fest davon überzeugt, dass wir bei einer im bundesweiten Vergleich konkurrenzfähigen Grundfinanzierung auch künftig über ein hohes Potenzial verfügen, um in unseren Kernbereichen in der Champions League mitspielen zu können. Das Erreichen dieses ambitionierten Zieles erfordert ein konstruktives und von Transparenz und gegenseitigem Vertrauen und Verlässlichkeit geprägtes Miteinander von Universität und Land; hier sind wir aktuell auf einem guten Weg.
Das Studienangebot ist breit gefächert. Wo sehen Sie die wissenschaftlichen Kernkompetenzen der Universität?
Als Universität mittlerer Größe ist es uns durch eine konsequente Berufungspolitik und eine Fokussierung auf leistungsstarke Bereiche gelungen, dass wir mittlerweile in der Informatik auch international zur Spitzenklasse gehören. Ähnliches gilt für Medizin, Lebenswissenschaften und Wirkstoffforschung, die viel Entwicklungspotenzial versprechen. Beispielhaft nenne ich hier die vergleichsweise junge Wissenschaftsdisziplin der Epigenetik, die sich mit der Regulation und Programmierung des menschlichen Erbguts befasst und völlig neuartige Ansätze und
Therapiemöglichkeiten für die Behandlung genetisch bedingter Erkrankungen des Menschen eröffnet. Die universitäre Materialwissenschaft mit ihren engen Bezügen zur biomedizinischen Forschung zählt ebenso zu den hoch innovativen Kernkompetenzen am Standort Saarbrücken. All dies birgt jede Menge Zukunftsperspektiven, ebenso wie der noch junge interdisziplinäre Sonderforschungsbereich „Information Density and Linguistic Encoding", der an der Schnittstelle von Geisteswissenschaften und Informatik unter anderem die Saarbrücker Sprachwissenschaft, die Sprachtechnologie und die Computerlinguistik umfasst.
Nachwuchs der Wissenschaft nicht verlieren
Neben dieser international sichtbaren Leistungsstärke wird die Universität auch weiterhin alle Anstrengungen unternehmen, um ein angemessen breites Spektrum an attraktiven Fächern und Studienprogrammen vorzuhalten. Hierdurch soll sowohl den Anforderungen im ständig härter werdenden Wissenschaftswettbewerb Rechnung getragen werden als auch den Erwartungen des Landes an eine regionale Bildungs- und Ausbildungsstätte Nummer eins – denn auch das ist die Universität des Saarlandes.
Sie können die vorhandenen knappen Mittel nur einmal ausgeben. Wenn Sie das Geld per Gießkannenprinzip verteilen, ist doch letztendlich niemandem gedient?
Das ist und bleibt für die Uni eine Gratwanderung. Es reicht nicht aus, finanziell nur so viel zu investieren, dass der Status Quo erhalten bleibt; damit könnten wir schon mittelfristig nicht mehr konkurrenzfähig bleiben. Wer im Wettbewerb um die besten Köpfe und Talente in der Wissenschaft bestehen will, muss in die Zukunft investieren. Ansonsten laufen wir Gefahr, dass nicht nur großvolumige Fördermittel von Bund und EU an andere Universitäten fließen, sondern dass wir auch unseren wissenschaftlichen Nachwuchs an die Konkurrenz verlieren. Um solch ein Szenario zu verhindern und unserer Universität trotz der sehr schwierigen Haushaltslage in den Jahren 2018 und 2019 eine erfolgreiche Zukunft zu ermöglichen, stehen wir aktuell im engen und konstruktiven Dialog mit der Landesregierung.
Die Uni ist eine Einrichtung des Landes, also steuerfinanziert. Wenn es von der öffentlichen Hand nicht mehr Geld gibt, warum werben Sie für Forschungsprojekte nicht mehr Drittmittel ein?
Das eine bedingt das andere. Ohne eine durch die öffentliche Hand gesicherte Grundfinanzierung und adäquate Infrastruktur ist es keiner Universität möglich, im harten Wissenschaftswettbewerb ausreichend Drittmittel einwerben zu können. Drittmittel im Hochschulbereich fließen immer nur dorthin, wo internationale Spitzenforschung möglich und eine entsprechende Infrastruktur gegeben ist. Fehlen diese Rahmenbedingungen, die nur durch eine angemessene Grundfinanzierung gewährleistet werden können, wird keine signifikante Drittmittelakquise möglich sein.
Starke Uni für starke Zukunft
Mir ist durchaus bewusst, dass die Landesregierung von vielen Bereichen zu notwendigen Investitionen aufgefordert wird. Unter dem Druck der Schuldenbremse ist dies auch sicher keine einfache Aufgabe, denn es bedeutet, dass Prioritäten gesetzt werden müssen, um mit begrenzten Investitionsmitteln auch spürbare Effekte und Verbesserungen erzielen zu können. Die aktuellen Bemühungen der Politik erkenne ich daher auch explizit an; aber eins muss ich deutlich sagen: Eine starke Universität als zentraler Motor für Forschung, Innovation und Transfer in die regionale Wirtschaft wird für die Zukunftsfähigkeit des Landes unerlässlich sein.
Woran liegt’s? Besonders die heimische Wirtschaft zeigt anscheinend wenig Interesse an der Forschung.
Die Drittmittel aus der Wirtschaft machen bislang leider nur etwa sechs Prozent der mehr als 80 Millionen Euro an jährlichen Drittmitteln der Universität aus; der Großteil unserer Drittmittel kommt von außerhalb des Saarlandes und stellt somit einen erheblichen Faktor für die Wertschöpfung im Land dar. Die ungleiche Verteilung der Drittmittelgeber hat viel mit der Struktur der Wirtschaft und Industrie im Saarland zu tun, die sehr stark in der Produktion fußen. Zum einen sind die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen großer Betriebe in der Regel (noch) nicht im Saarland angesiedelt, zum anderen ist die universitäre Grundlagenforschung für viele kleinere Produktionsbetriebe noch zu weit weg, als dass sie kurzfristig konkreten Nutzen in ihr erkennen könnten. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass sich dies in naher Zukunft durch die Digitalisierung und die damit verbundenen Anwendungen wie Industrie 4.0 ändern wird. An der Uni entstehen zudem viele Innovationen, die auch für mittlere und kleinere Betriebe interessant sind.
Spitzenkräfte bekommt man nur ins Saarland, wenn das Umfeld stimmt. Was muss verbessert werden?
Renommierte Wissenschaftler und qualifizierte Fachkräfte sowohl im Land zu halten als auch in das Saarland zu ziehen, steht und fällt nicht zuletzt mit dem Renommee unserer Universität und den am Campus angesiedelten Forschungsinstituten. Ich gebe Ihnen Recht, dass das Umfeld ebenso wichtig ist und stimmen muss. Das ist die klassische Aufgabe eines zielgerichteten Marketings von Land und Hochschulen, das wir allerdings aus meiner Sicht noch nicht so vorhalten können, wie es eigentlich notwendig wäre. Gleiches gilt übrigens auch für die hiesigen Wirtschaftsunternehmen. Sie alle müssen mithelfen, durch attraktive Arbeitsplätze die von uns ausgebildeten jungen Leute im Land zu halten und auch von außerhalb anzuziehen.
Was planen Sie, in naher Zukunft auf dem Campusgelände zu verändern?
Neben der dringend notwendigen und unlängst begonnenen Sanierung bestehender Gebäude an beiden Uni-Standorten ist es gleichermaßen wichtig und notwendig, durch Neubauten für interdisziplinäre Forschung und Lehre für eine zeitgemäße Infrastruktur zu sorgen und die Universität zukunftsfest zu machen. Dies ist gekoppelt an einen langfristigen Campus-Entwicklungsplan mit Erweiterungsmöglichkeiten an beiden Standorten, Saarbrücken und Homburg.
Sanierungen und Neubauten
Schon heute brauchen wir mehr Platz, vor allem für universitäre Ausgründungen und junge Start-up-Unternehmen und die damit verbundenen Arbeitsplätze sowie für die Ansiedlung neuer und der perspektivischen Erweiterung bereits ansässiger Forschungsinstitute. Gemeinsam mit dem Land arbeiten wir hieran.