Am 14. Oktober wäre Roger Moore 90 Jahre alt geworden. Von seinen eigenen schauspielerischen Fähigkeiten hielt der ehemalige James-Bond-Darsteller nicht viel. Aber er freute sich stets, wenn er seine Popularität für eine gute Sache einsetzen konnte.
Es war wohl der seinerzeit schwierigste Job im Filmgeschäft: die Nachfolge von Sean Connery als James Bond. Connery hatte die Rolle 1962 übernommen und hatte maßgeblich zum Erfolg der Agentenfilme beigetragen. Aber nachdem ihm der Rummel um seine Person unangenehm wurde, verkündete er 1967 nach „Man lebt nur zweimal" seinen Ausstieg aus der Filmreihe.
In „Im Geheimdienst Ihrer Majestät" (1969) bekam zunächst der völlig unerfahrene Australier George Lazenby eine Chance. Der Film war zwar kein wirklicher Flop, blieb aber finanziell hinter den Erwartungen zurück. Tatsächlich wurde Lazenby nicht gefeuert, doch ein Vertragsangebot für sieben weitere Filme lehnte er auf Anraten eines Freundes ab.
Der Amerikaner John Gavin (unter anderem „Psycho", und „Spartacus" ) hatte eigentlich schon für die Bond-Rolle in „Diamantenfieber" unterschrieben, doch dann erklärte sich Sean Connery bereit, doch noch ein letztes Mal den Super-spion zu geben. Die vereinbarte Gage bekam Gavin allerdings voll ausbezahlt.
Mit dem neuen Bond-Darsteller in „Leben und Sterben Lassen" (1973) wollte Produzent Albert R. Broccoli alles richtig machen. Der neue Mann sollte ein bekanntes Gesicht sein und mit dem zu erwartenden Rummel – anders als seine Vorgänger – gut zurechtkommen. Ihm sollte man nicht mehr erklären müssen, wie man wie ein britischer Gentleman auftritt oder sich mit einem Stuntman prügelt, ohne ihm die Nase zu brechen. Engagiert wurde schließlich ein Mann, der schon über reichlich Erfahrung verfügte, sowohl vor als auch hinter der Kamera. Ihm konnte der Ruhm nicht mehr zu Kopf steigen, denn er war bereits ein Star und der bestbezahlte TV-Schauspieler seiner Zeit: Roger Moore.
Am 14. Oktober 1927 wurde er im Londoner Stadtteil Stockwell geboren. Er blieb das einzige Kind des Polizisten George Alfred Moore und seiner Frau Lily, einer Kassiererin. In seiner frühen Kindheit waren seine Eltern häufig in Sorge um ihn, denn Krankheiten spielten, wie er selbst einmal sagte, in dieser Zeit „eine große und unwillkommene Rolle in seinem Leben".
Mit 15 begann Moore eine Ausbildung in einem Londoner Trickfilmstudio, die er allerdings abbrach. Doch so bekam er Zugang zum Filmgeschäft und begann, sich ein paar Pfund als Statist dazuzuverdienen. Beispielsweise in „Cäsar und Cleopatra" mit Claude Rains und Vivien Leigh. Dem Regieassistenten des Films, Brian Desmond Hurst, fiel bald auf, dass Moore bei Frauen sehr gut ankam, und beschloss, ihm ein Studium an der Royal Academy of Dramatic Art zu finanzieren, wo er drei Semester blieb.
Früher Ruhm durch Fernsehserien
1946 wurde er zur britischen Armee eingezogen und diente bis 1949 bei der Truppenbetreuung, vor allem in Norddeutschland. Danach spielte Moore viel Theater und kleinere Filmrollen und arbeitete als Fotomodell. 1952 wagte er den Sprung über den „großen Teich" nach Amerika. Auch hier hatte er zunächst kleinere Film- und Fernsehrollen, bevor er 1958 mit der Titelrolle in der Serie „Ivanhoe" einen ersten Erfolg feiern konnte. Es folgten die Serien „The Alaskans" (Gold in Alaska, 1959) und „Maverick" (1961), wo er für eine Staffel die Nachfolge von James Garner übernahm.
Für die Hauptrolle in der Serie „The Saint" (Simon Templar) kehrte er 1962 nach England zurück. Der Erfolg der Serie machte ihn endgültig zum Weltstar. Er spielte die Rolle des Gentleman-Diebes und Detektivs in 118 Folgen bis 1969, war zuletzt sogar Co-Produzent und führte bei zahlreichen Folgen selbst Regie. In den folgenden Jahren spielte er in einigen Kinofilmen, unter anderem in dem Thriller „The Man Who Haunted Himself" (Ein Mann jagt sich selbst), den er später häufig als seinen besten Film bezeichnete, denn es sei eine der wenigen Gelegenheiten gewesen, bei denen er seine Fähigkeiten als Schauspieler voll einbringen konnte.
In dieser Zeit heiratete er zum dritten Mal, die Italienerin Luisa Mattioli. Seine zweite Ehefrau, die walisische Sängerin Dorothy Squires, hatte zuvor lange Jahre die Einwilligung in eine Scheidung verweigert. Er hatte sie 1953 geheiratet, nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau Doorn van Steyn. Aus der Ehe mit Mattioli gingen drei Kinder hervor, darunter seine Tochter Deborah, die 2002 einen kurzen Auftritt als Stewardess in dem Bondfilm „Stirb an einem anderen Tag" hatte. Aber auch diese Ehe scheiterte schließlich, die Scheidung im Jahr 1996 kostete Moore die Hälfte seines Vermögens, etwa zehn Millionen Pfund. 2002 heiratete er die Dänin Kristina Tholstrup, mit der er bis zuletzt verheiratet war.
1972 dann die nächste TV-Serie: „The Persuaders" (Die Zwei), gemeinsam mit Tony Curtis. Moore spielte den englischen Aristokraten Brett Sinclair, Curtis den Ölmillionär Danny Wilde. Gemeinsam löste das Duo Kriminalfälle. Mit einer Gage von einer Million Dollar pro Staffel wurde Moore zum bestbezahlten TV-Star der Welt. Allerdings endete die Serie bereits nach zwei Staffeln, denn insbesondere in den USA wurde sie nicht zum erhofften Erfolg. In Deutschland hingegen erfreut sie sich nach wie vor großer Beliebtheit, was nicht zuletzt an der recht freien Synchronisation von Reiner Brandt liegt, die allerdings nur noch sehr wenig mit der Originalversion zu tun hat.
Moore hatte das Angebot für eine weitere Staffel ausgeschlagen. Er wusste dass demnächst die Bond-Rolle neu zu vergeben war, und er wusste auch, dass er ein heißer Kandidat für den Job war. Die letzten Folgen von „Die Zwei" waren in den Pinewood Studios gedreht worden, zur gleichen Zeit wie Connerys letzter Bond-Film „Diamantenfieber". Man war sich schnell einig geworden, Moore musste lediglich ein paar Kilo abnehmen und sich die Haare etwas kürzer schneiden lassen – und schon war er James Bond.
Regisseur Guy Hamilton wollte, dass sich Moores Darstellung des Agenten radikal von Connerys Version unterscheidet. So durfte Moore keinen Aston Martin benutzen, auch weil er in „Die Zwei" schon einen DBS gefahren hatte. Außerdem sollte er keine Zigaretten rauchen, sondern Zigarren. Einen Smoking trug er erstmals in seinem dritten Bondfilm „Der Spion der mich liebte", und die Worte „Wodka Martini, geschüttelt, nicht gerührt" kamen – zumindest als James Bond – nie über seine Lippen.
Mit Moore wurde James Bond humorvoller
In der Moore-Ära änderten sich die Bondfilme. Die Rolle wurde humorvoller angelegt und hatte nun mehr Ähnlichkeit mit seinen Serienfiguren Simon Templar und Brett Sinclair als mit dem knallharten Geheimagenten, den Ian Fleming einst ersann. Zwar waren auch Connerys Filme nicht humorfrei, aber bei Moore konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Filme zur Parodie ihrer selbst mutierten. Auch entfernten sich die Drehbücher immer mehr von den Originalvorlagen. Waren bei Connery und Lazenby noch Elemente der Romane erkennbar, so stimmten bei Moore meist nur noch ein paar Namen und Schauplätze überein, ansonsten waren es komplett neue Geschichten.
Dem Publikum war das egal. „Leben und Sterben Lassen" war ein voller Erfolg, „Der Mann mit dem goldenen Colt" (1974) sollte sich allerdings noch einmal als kleiner Rückschlag erweisen. Dafür wurde „Der Spion der mich liebte" (1977) ein Mega-Erfolg und etablierte Moore endgültig in der Rolle. „Moonraker – Streng Geheim" (1979) ritt erfolgreich auf der Science-Fiction-Welle der späten 70er-Jahre und sollte für lange Jahre der erfolgreichste Bondfilm bleiben.
Nach „In tödlicher Mission" (1981)wollte Moore die Rolle eigentlich schon abgeben, aber angesichts der Konkurrenz durch Sean Connerys „Sag niemals Nie" wollten ihn die Produzenten unbedingt für den nächsten Film der Reihe, „Octopussy" (1983), verpflichten. Moore wusste um seinen Status als Zugpferd, und so hatte sich über die Jahre hinweg ein Ritual entwickelt: Er stellte stets exorbitante Gagenforderungen, die die Produzenten mit Probedrehs für mögliche Nachfolger konterten. Am Ende kam es immer zu einer Einigung, so auch hier, und es gelang, die Konkurrenz in die Schranken zu weisen. Doch Moore wusste auch, wann seine Zeit gekommen war. 1985 hängte er nach „Im Angesicht des Todes" die Walther PPK endgültig an den Nagel.
Unicef-Botschafter wegen Audrey Hepburn
In den nächsten fünf Jahren nahm er überhaupt keine Rollenangebote an und danach allenfalls noch kleinere Rollen in meist nur mäßig erfolgreichen Filmen. Moore war das relativ egal, er hatte längst ein neues Betätigungsfeld gefunden. 1991 hatte er sich von Audrey Hepburn überreden lassen, Unicef-Botschafter zu werden und widmete sich dieser Aufgabe fortan mit unermüdlichem Eifer. Er betonte oft, dass dies die wichtigste und schönste Rolle sei, die er je gespielt habe und dass er sich glücklich über die Gelegenheit schätze, seine Popularität für etwas Sinnvolles einsetzen zu können. Andere sahen das ähnlich: Queen Elizabeth schlug ihn 2003 für sein soziales Engagement zum Ritter.
Zuletzt lebte er in Crans-Montana in der Schweiz, wo er am 23. Mai dieses Jahres im Kreise seiner Familie einem Krebsleiden erlag.