Die Olympischen Winterspiele sind der wichtigste Wettkampf des Sportwinters. Vor der nächsten Auflage 2018 in Pyeongchang ist die Vorfreude jedoch getrübt. Die Krise in Nordkorea sowie ein bislang schwächelnder Ticketverkauf schrecken viele zurück.
Eigentlich sollte es der Höhepunkt des Sportwinters werden, wenngleich nicht dessen Abschluss, denn die Weltcupwettsaison geht danach noch weiter. Doch dreieinhalb Monate vor der Eröffnung der nächsten Olympischen Winterspiele hält sich die Vorfreude noch in Grenzen: Bis Mitte Oktober waren laut Organisationskomitee erst 30 Prozent der Eintrittskarten verkauft. Von den Tickets, die im Gastgeberland angeboten werden, waren es sogar nur 20 Prozent. Es drohen Olympische Spiele vor weitgehend leeren Rängen.
Winterspiele haben in Südkorea keine große Tradition. Das Land holt seine Medaillen fast ausschließlich beim Shorttrack oder Eisschnelllauf. In allen anderen Sportarten haben die Südkoreaner kaum eine Chance – entsprechend gering ist das Interesse gerade auch für die alpinen Wettbewerbe.
Ein Grund sind die hohen Preise für Eintrittskarten und Hotels. Im „Deutschlandfunk" wurde Stefan Samse, der Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Hauptstadt Seoul, mit den Worten zitiert, „dass man sich das als Familie nicht leisten kann bei durchaus happigen Ticketpreisen, bei hohen Übernachtungskosten, bei einer Anfahrt, wenn man nicht aus der Region kommt."
Die Regierung erwägt daher, Tickets selbst aufzukaufen und an die Bevölkerung zu verteilen. Allerdings ist auch durchaus denkbar, dass der Ticketverkauf noch einmal merklich anzieht, je näher das Event rückt. Stefan Samse sagte im „Deutschlandfunk", die Südkoreaner würden bei großen Sportveranstaltungen häufig erst kurzfristig Karten kaufen. Das sei bei den Olympischen Sommerspielen 1988 in Seoul so gewesen und auch bei der Fußball-WM 2002.
Doch es bleiben Zweifel. Vor allem auch, weil sich der Konflikt mit Nordkorea zuletzt immer weiter zugespitzt hat. Die jüngsten Raketenabschüsse durch Nordkoreas unberechenbaren Staatschef Kim Jong-un schüren die Angst vor einem Atomkrieg. Da verstehen viele nicht, wieso die Olympischen Winterspiele ausgerechnet in der Krisenregion stattfinden müssen – Pyeongchang liegt gerade einmal 80 Kilometer von der demilitarisierten Zone entfernt, die Süd- und Nordkorea trennt. Athletensprecher Max Hartung vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) sagte dem Sportinformationsdienst: „Die Bedrohung ist sehr ernst zu nehmen. Man muss die Entwicklung total im Auge behalten. Auch was die Rolle der USA angeht."
„Wir beobachten die Situation natürlich ganz genau"
Deutschlands alpiner Skistar Felix Neureuther erwägt nach wie vor sogar einen Olympiaverzicht. In den „Salzburger Nachrichten" antwortete er auf die Frage, ob es für ihn eine rote Linie gebe: „Ja, die gibt es. Da fehlt nicht mehr viel." Dabei gehe es nicht nur um ihn selbst: „Mein Servicemann ist zweifacher Familienvater – soll ich dem sagen: Du musst in eine Krisenregion, weil ich dort unbedingt Medaillen machen will?", so Neureuther in dem Interview mit der österreichischen Zeitung.
Längst ist auch eine Verlegung der Spiele ins Gespräch gebracht worden. Sotschi (Russland), der Gastgeber der vergangenen Spiele, und München wären mögliche Alternativen, so war auf „Eurosport" zu lesen. Doch wer das Internationale Olympische Komitee (IOC) kennt, der weiß, dass eine Verlegung der Veranstaltung wohl eher unwahrscheinlich ist. „Wir beobachten die Situation natürlich ganz genau", sagte Gunilla Lindberg, Chefin der IOC-Koordinierungskommission, nach der letzten Inspektion des Olympiaorts. Sie sehe für den Augenblick jedoch „noch kein Sicherheitsrisiko für die Spiele". IOC-Präsident Thomas Bach hatte bereits im September betont, es gebe „noch nicht einmal einen Hinweis darauf, dass es eine Bedrohung für die Sicherheit der Spiele im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen Nordkorea und einigen anderen Ländern gibt." Ein Plan B für die Austragung der Winterspiele an einem anderen Ort gebe es nicht.
Trotz aller Sorge – eines steht jetzt schon fest: Es werden Spiele der Superlative werden. Gegenüber den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi wurde das
Programm um vier auf nunmehr 102 Wettbewerbe erweitert. Neu dabei sind das Mixed-Doppel im Curling, das Big-Air-Event der Snowboardfahrer, der Massenstart für Männer und Frauen beim Eisschnelllauf sowie der Teamwettbewerb der Alpinskifahrer – im Gegenzug wurde der Parallelslalom im Snowboard gestrichen.
Erstmals gibt es damit bei Olympia elf Alpin-Disziplinen. Was die einen freut, weil sich so eine zusätzliche Medaillenchance bietet, empfinden andere als weiteren Beleg für die Profitgier des IOC. „Es muss nicht immer alles noch höher, noch schneller, noch weiter sein", sagte beispielsweise Felix Neureuther gegenüber den „Salzburger Nachrichten". Früher habe es im Skifahren nur drei Entscheidungen gegeben: Abfahrt, Riesentorlauf, Slalom – da habe ein Titel noch mehr Wertigkeit gehabt, so der 33-Jährige. „In Südkorea kann man samt Mannschaftswettbewerb theoretisch in sechs Bewerben antreten, das ist zu viel", sagte Neureuther. „Mit der Linie des IOC, den Sport maximal zu kommerzialisieren, stimme ich nicht überein. Das hat mit einem Sportfest, bei dem sich die Jugend der Welt begegnet, nicht mehr viel zu tun."
„Es muss nicht immer alles noch höher, schneller, weiter sein"
Die Skiwettbewerbe werden in zwei Skigebieten, im Yongpyong Ski Resort und im Jeongseon Alpine Centre, ausgetragen, die rund 30 Fahrminuten voneinander entfernt liegen. Yongpyong ist das größte Skigebiet in Südkorea und Schauplatz der Wettkämpfe im Slalom, Riesenslalom und im Mannschaftswettbewerb. In Jeongseon finden die Abfahrts- und Super-G-Rennen statt, außerdem die Alpine Kombination. Dabei darf man gespannt sein, ob wieder einmal ein Außenseiter das Rennen macht, wie es in der olympischen Geschichte schon des Öfteren der Fall war. Gerade beim Saisonhöhepunkt hat es immer wieder Überraschungen gegeben: Man denke nur an den Olympiasieg von Markus Wasmeier 1994 in Lillehammer (Norwegen) im Riesenslalom, in einer Disziplin also, in der er in seiner Karriere im Weltcup kein einziges Mal ganz oben stand. Und auch mit der Goldmedaille für den Schweizer Sandro Viletta in der Super-Kombination hatten in Sotschi 2014 wohl nur die wenigsten gerechnet.