Lada fährt eine moderne Mittelklasselimousine zum Kampfpreis vor. Sehnlichst hat man bei deutschen Lada-Händlern auf das erste „richtige Auto" von der Wolga gewartet. Denn Lada hat es bei deutschen Kunden schwer. Das könnte sich mit dem Vesta ändern, den es bereits ab 12.740 Euro gibt.
Autos aus Russland? Solide, aber so was von anno dazumal – dürfte zumindest das Urteil vieler deutscher Autofahrer lauten. Einzig der komplett geländegängige Lada Niva mit seiner eingefleischten Fangemeinde dürfte den Importeur in Buxtehude leidlich über Wasser halten.
Der Vesta ist ein durchaus ansehnliches Auto. „X-Design" nennen die Russen die modern wirkende Karosserie-Grundstruktur der Mittelklasselimousine, und der neue Stil ist tatsächlich sowohl an der Frontpartie als auch an den Seiten zu erkennen. Das Design des Stufenheckmodells hat man sich bei Profis in England eingekauft. Immerhin bestimmt nämlich seit ein paar Jahren mit der Nissan/Renault-Gruppe ein internationaler Konzern die Modellpolitik bei Lada mit. Das „X-Design" soll Lada-Modelle künftig unverwechselbar machen.
Was äußerlich als durchaus gelungen bezeichnet werden kann, setzt sich im Innern des Wagens fort. Das Interieur ist zwar schlicht und sachlich gestaltet, aber auch bemerkenswert modern und vor allem funktional. Alle wichtigen Instrumente und Hebel sind da, wo sie der Fahrer vermuten darf – ein wohltuender Gegensatz zu bisherigen Lada-Modellen. Der zentral angebrachte Sieben-Zoll-Farbtouchscreen ist hoch positioniert und gut ablesbar, das Multifunktionslenkrad lässt sich in der Höhe verstellen, und eine Rückfahrkamera unterstützt die recht ordentliche Rundumsicht.
Auch die Verarbeitung ist insgesamt sehr ordentlich. Wer allerdings die Becher-Dosen- oder Was-auch-immer-Halter konstruiert und abgenommen hat, sollte mindestens einen Tag nach Sibirien verbannt werden: Sie sind schlichtweg unbrauchbar. Auch bei den Armlehnen und der Lüftung könnte etwas Doping nicht schaden.
Auffällig sind die üppigen Platzverhältnisse in dem 4,41 Meter langen Wagen. Das gilt für die vorderen Plätze ebenso wie für die Rücksitze und den 480 Liter fassenden und gut zu beladenden Gepäckraum.
Legt man den Kampfpreis von 12.740 Euro zugrunde, liegt es nahe, dass im Lada Vesta nicht durchgängig Premiumqualität spürbar wird. Das merkt man beispielsweise auch an der etwas schwergängigen Lenkung. Auch bei der Bremskraft hat man anderswo schon größere Fortschritte gemacht. Das Bremsverhalten könnte sich allerdings mit anderen Reifen noch deutlich verbessern lassen. In dieser Preisklasse sind aber bei kaum einem Auto wirklich gute Reifen in der Erstausstattung enthalten.
Üppige Ausstattung für diesen Kampfpreis
Wenn man davon ausgeht, dass ein Lada-Kunde nicht zu jenem AutofahrerTypus zählt, der seinen Nachbarn beeindrucken muss, lässt sich mit dem 106 PS starken 1,6-Liter-Saugbenziner leben. Das Aggregat hinterlässt allerdings schon einen leicht ruppigen Eindruck. Im Schnitt verbraucht er zwar akzeptable sieben Liter, dafür darf man dann allerdings auch keine Sportwagen-Fahrwerte erwarten. Auf die automatisierte Schaltung würden wir wohl eher verzichten und mit dem serienmäßigen Fünfgang-Schaltgetriebe als Normallösung Vorlieb nehmen.
Das Fahrwerk ist eher etwas weich ausgelegt, was aber zur Grundkonzeption des Wagens passt. Eine Schippe drauflegen könnten die Russen noch bei der Sicherheitsausstattung, auch wenn das den Kaufpreis um ein paar Euro erhöhen würde. Die sonstige Ausstattung ist jedoch geradezu üppig zu nennen. Es gibt jeweils Licht- und Regensensoren, und eine Einparkhilfe mit Ultraschallsensor ist ebenso an Bord wie Sitzheizung und Tempomat, auch wenn der nur bis Tempo 140 reicht. Audiosystem mit USB-Anschluss und Bluetooth-Kopplung? Selbst das findet sich im Lada Vesta.
Fazit: Wer ein preiswertes Auto sucht, um von A nach B zu kommen, ohne damit sein Selbstwertgefühl steigern zu müssen, sollte sich künftig neben den Wettbewerber-Modellen von Dacia und Co ruhig auch mal den Vesta ansehen.