Seit gut vier Jahren gibt es bei den freiwilligen Feuerwehren sogenannte Vorbereitungsgruppen. Mit ihnen soll beim Nachwuchs spielerisch das Interesse geweckt werden. Wir haben eine Gruppe der Riegelsberger Kinderfeuerwehr begleitet.
Die Jungen stehen in Zweiergruppen nebeneinander, den Blick nach vorn gerichtet, und warten darauf, was sie als Nächstes tun sollen. Sie sind zur Gruppenstunde der Riegelsberger Kinderfeuerwehr hinter dem sogenannten Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug, kurz HLF, angetreten. Was wie ein militärischer Drill klingt, ist in Wirklichkeit Teil eines spielerisch geprobten Löschangriffs.
Wie bei der Nachwuchs-Wehr und den Feuerwehr-Profis in der aktiven Wehr hat jeder der acht Jungen eine eigene Aufgabe: Links hat sich der Angriffs-, daneben der Wasser- und ganz rechts der Schlauchtrupp postiert. In der ersten Reihe steht der Truppführer, hinter ihm der Truppmann. Außerdem sind ausnahmsweise zwei kleine Mädchen, Fatima Merzrigui und ihre Schwester Sarah, in die Rollen des Gruppenführers und Zugführers geschlüpft. Fatima sagt schließlich mit leiser, deutlicher Stimme: „Aufsitzen". Das siebenjährige Mädchen möchte später in die Jugendfeuerwehr eintreten. Besonders toll findet sie die gemeinsamen Ausflüge und die handbetriebene Kübelspritze.
Spielerisch lernen die Kinder die Welt der Feuerwehr kennen, erfahren kindgerecht viel über Brandschutz und machen Spiele, treiben Sport, basteln und unternehmen Ausflüge. Sie üben das Absetzen eines Notrufs, lernen, wie sie sich im Brandfall verhalten sollen, den sicheren Umgang mit Feuer, veranschaulicht an einer brennenden Kerze, und üben den Löschangriff mit Feuerwehrschläuchen und Strahlrohren. „Wir versuchen hier kindgerecht eine lockere Mischung aus feuerwehrspezifischem Wissen, sozialem Zusammenhalt und Teamgeist zu vermitteln", erklärt Kinderfeuerwehr-Leiter Matthias Martini.
Das Hochsteigen auf Leitern und das Löschen von offenem Feuer ist für die kleinen Feuerwehrfreunde natürlich noch tabu. Auch die blau-orangene Uniform wie bei der Jugendwehr fehlt hier. Dafür streift sich jeder für die Gruppenstunde ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Kinderfeuerwehr Riegelsberg & Walpershofen" über. „Offiziell gibt es keine Uniform für die Kinderfeuerwehr, und daran halten wir uns. Wenn es eine gäbe, würde man den Kindern eventuell zu viel zutrauen und sie so überfordern", sagt Martini.
Die Jungen sitzen derweil auf, sprich sie steigen in das knallrote Feuerwehrfahrzeug. Dafür müssen die Kleinen einen Höhenunterschied von etwa eineinhalb Metern überwinden. „Wir arbeiten mit dem Material, das uns vor Ort zur Verfügung steht und passen natürlich immer auf, dass den Kleinen nichts passiert, wenn sie etwa aufsitzen", erläutert Martini.
Kinder ab sechs Jahre können in der Kinderfeuerwehr mitmachen – und bis sie zehn sind dabei bleiben. Der achtjährige Jonah Stock aus Walpershofen ist eines von 13 Kindern in der Riegelsberger Kinderfeuerwehr. Irgendwann hat ihn sein Freund David mitgenommen, und weil es ihm da viel Spaß machte, ist er bis heute geblieben. Jonahs kleiner Bruder Mathis ist auch in die Kinderfeuerwehr eingetreten. Ganz neu dabei ist der sechs Jahre alte Lukas. Sein Anreiz: Lukas Papa und sein Patenonkel engagieren sich seit Langem in der Freiwilligen Feuerwehr Riegelsberg. „Das hat mich einfach interessiert", sagt der Erstklässler.
Die Riegelsberger Kinderfeuerwehr nimmt in ihren Reihen Kinder aus dem ganzen Regionalverband Saarbrücken auf. Einige Kinder kommen aus Saarbrücken, Völklingen, Püttlingen und Heusweiler, wie Martini sagt. Knapp 300 Mitglieder sind in landesweit 17 Kinder- und Bambini-Feuerwehren aktiv. 4.123 Mitglieder sind derzeit in den Kinder- und Jugendfeuerwehrgruppen sowie in sechs Feuerwehr-AGs an Schulen organisiert. Im Sommer feierte die saarländische Jugendfeuerwehr 50-jähriges Jubiläum. „Die Mitgliederzahl in den saarländischen Jugendfeuerwehren wäre viel niedriger, wenn es nicht die Vorbereitungsgruppen geben würde", bilanziert der Landesjugendleiter der Saar-Jugendfeuerwehr Markus Klein.
Auch Aufräumen gehört dazu
Im Sommer 2013 machte das novellierte Brandschutz- und Katastrophenschutzgesetz den Weg frei für die Vorbereitungsgruppen. „Es wäre durchaus sinnvoll, wenn es in jeder Kommune im Lande mindestens eine Vorbereitungsgruppe geben würde", wünscht sich der erfahrene Feuerwehrfunktionär. „Es lohnt sich auf jeden Fall, das Projekt ‚Kinder in der Feuerwehr’ fortzusetzen", ist der Landesjugendleiter der Nachwuchs-Feuerwehr überzeugt.
„Für uns ist die schwierigste Aufgabe, über einen so langen Zeitraum die Kinder- und Jugendfeuerwehr interessant zu gestalten. Der Lohn für unsere Arbeit ist natürlich, wenn sie mit 16 in die aktive Wehr wechseln", hebt Martini hervor.
Als nächstes soll die Kinderfeuerwehr einen Löschangriff nachspielen. Betreuerin Nicole Reuter ruft den Angriffstrupp zu sich. Die Kinder sehen zu, wie die Feuerwehrfrau das Standrohr in den Hydranten unter dem Boden hineinschraubt. Mit einem vierkantigen Hydrantenschlüssel dreht sie ein Ventil auf, sodass das Wasser ins Standrohr hochsteigen kann. An zwei Seiten des Stand-rohrs schließt Reuter einen B-Schlauch an, der am anderen Ende in einen Verteiler mündet. Durch einen B-Schlauch fließen bis zu 2.400 Liter in der Minute. Normalerweise arbeiten die Feuerwehrkinder mit einem D-Strahlrohr und einem entsprechenden Mundstück.
„Erstes Rohr Wasser marsch", rufen Steven Lillig und Lukas Brück in Richtung des Wassertrupps. Die Jungs stehen wenige Meter entfernt von David Krauß und halten mit vier Händen das Strahlrohr mit dem dicken Feuerwehrschlauch fest. Betreuerin Stefanie Hewener steht den beiden zur Seite. „Verstanden", ruft David zurück. Im nächsten Moment schießt das Wasser in die Schläuche, und der Angriffstrupp lässt es spritzen. Das Wasser trifft auf Bäume, Sträucher und einen kleinen Schuppen.
„Hier bei uns sollen die Kinder das Grundprinzip verstehen", bringt es Martini auf den Punkt. So sollen die Feuerwehrkinder unter anderem lernen, dass es Trupps gibt, wie diese heißen und dass ein Löschangriff mit Schläuchen, Verteiler und Strahlrohr aufgebaut ist. „Das Ganze geschieht natürlich nicht in Perfektion und nicht streng nach Feuerwehrdienstvorschrift", ergänzt der Betreuer.
Nach dem großen Wasserspaß mit dem Strahlrohr müssen die Kinder aufräumen. Zusammen mit Betreuerin Hewener rollen sie möglichst akkurat die Schläuche zusammen. Wenig später fährt das Fahrzeug mit einem Feuerwehrmann los und bringt die nassen Schläuche zum Waschen und Trocknen ins Gerätehaus nach Riegelsberg. Zum Schluss der Gruppenstunde heißt es wieder vor den Betreuerinnen antreten. „Wer bist du?", fragt Hewener jeden einzelnen. Damit bis zum nächsten Mal niemand seine Aufgabe vergisst.