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WAS MACHT EIGENTLICH...

Der Opernsänger Rene Kollo im November 2016
Foto:picture alliance/APA/picturedesk.com

… René Kollo?

Vor allem durch seine Wagner-Partien wurde der deutsche Opern­sänger zum internationalen Star-Tenor. Später war er auch als Regisseur, Intendant und Buchautor tätig. Der Sänger absolviert derzeit seine Abschiedstournee und wird am 20. November 80 Jahre alt.

immer noch auf der Bühne steht und als Kammersänger der Bayrischen Staatsoper und der Deutschen Oper Berlin noch aktiv sein kann, hält René Kollo für ein großes Glück. Allerdings trage er dazu auch selbst bei, indem er seine Stimme regelmäßig pflegt und sich gut vorbereitet: Vor Auftritten gehe er abends immer früh zu Bett und singe sich immer ordentlich ein. Schon 1990 hatte Kollo sich aus dem Ersten Tenorfach zurückgezogen, aber mit altersgemäßen Gesangspartien im Charakterfach weiterhin internationale Erfolge gefeiert. Obwohl schon 2013 gemunkelt wurde, er wolle seine Karriere beenden, konnte er den endgültigen Schlussstrich noch nicht ziehen: „Solange die Stimme mitmacht und es körperlich geht, mache ich weiter. Könnte ich nicht mehr singen, wäre ich schon lange weg. Da das seltsamerweise immer noch funktioniert, kann ich nicht zu Hause sitzen und Däumchen drehen." Auch seiner Liebe zur Schauspielerei frönt Kollo immer noch: So stand er im Vorjahr am Berliner Renaissance-Theater in dem Stück „Quartetto", das von vier Opernstars im Altersheim handelt, ebenso auf der Bühne wie in dem Füssener Musical „Ludwig", dessen Schirmherr er auch ist. Derzeit befindet sich Kollo als Sänger auf seiner Abschiedstournee, die ihn Anfang 2018 noch nach Österreich führen wird. Was danach kommt, weiß er derzeit noch nicht: „Altersbedingt wird nichts mehr kommen. Dann werde ich schreiben, dann auf Mallorca sitzen, auf die Palmen gucken und warten, bis der liebe Gott mich holt." Auf der Baleareninsel besitzt Kollo eine Finca, auf der er den Großteil seiner Freizeit verbringt, wenn er nicht in Berlin ist. Auf „Malle" hat er 2000 sogar ein eigenes Restaurant eröffnet.

Spielte etwa 80 mal „Jedermann"

René Kollo bei einem Auftritt 1989.
René Kollo bei einem Auftritt 1989. - Foto: imago/teutopress

Kollos Musikkarriere schien vorprogrammiert: Vater Willi und Großvater Walter Kollo hatten in den 20er-Jahren in Berlin eine erfolgreiche Operettendynastie begründet. Trotzdem habe die Musik zu Hause nur eine untergeordnete Rolle gespielt, weil Vater Willi dort seine Ruhe haben wollte. Eigentlich wollte René Kollo Schauspieler werden, wurde beim Stimmunterricht dann zum Gesang verführt. „Ich habe ungefähr 80 mal den ‚Jedermann‘ gespielt, da sollte es eigentlich hingehen: Daraus wurde Schauspiel mit Gesang", erklärt Kollo. Davon habe er als Tenor profitiert, weil er auf der Bühne „die Dinge spielen konnte und nicht einfach nur dastand".

Kollos enge Verbindung zu Bayreuth, wo er in den 70er- und 80er-Jahren in Wagner-Opern glänzte, hält bis heute an. Dennoch setzt er sich sehr kritisch mit dem Festspielhaus auseinander: „Wenn man so weitermacht, sehe ich schwarz. Man will Kintopp auf der Bühne, jede Sekunde einen Witz machen. Das hat mit Wagner nichts mehr zu tun", moniert der streitbare Star-Tenor und klagt im Bereich Oper insgesamt über fehlenden Nachwuchs, schlechte Ausbildung, „immer unwissenderes Publikum" und Regisseure, die „keine Ahnung haben von den Stücken". Wenn man weiter gute Opern wolle, müsse der Staat mit mehr Steuermitteln helfen, fordert Kollo, der selbst 2012 wegen Steuerproblemen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde.

Kollo hat schon lange das Schreiben als Leidenschaft entdeckt. Neben seiner Autobiografie „Die Kunst, das Leben und alles andere" (2004) und Krimis wie „Die Morde des kleinen Tannhäuser" (2011) bevorzugt er historische Themen: 2010 erschien „Ein Kaiserschmarren – Deutschland und die Habsburger" und zuletzt 2014 sein Richard-Wagner-Buch „Dem Vogel, der heut sang", das er 2015 auf einer Lesereise in vielen deutschen Städten vorgestellt hat.

Sieht sich als Einzelgänger

Der gebürtige Berliner, in Hamburg aufgewachsen, kam 1955 für zehn Jahre an die Spree zurück und lebte ab 1965 berufsbedingt fast vier Jahrzehnte anderswo. Inzwischen wohnt er wieder in Berlin-Zehlendorf, zusammen mit Béatrice Bouquet, mit der er 23 Jahre verheiratet war und nach der Scheidung 2006 inzwischen wieder vereint ist. Daheim bei Kollo lagern in einem zehn Meter langen Regal alle Schallplatten, die er jemals aufgenommen hat: sein Lebenswerk sozusagen. „Wenn ich 90 bin, höre ich mir das alles mal an. Bis heute habe ich es nicht getan", verrät er. In Berliner Theater geht Kollo eher selten, „weil ich mich jedes Mal ärgere über den Sänger und über das, was passiert oder nicht passiert", merkt er kritisch an. Und um bei Nichtgefallen mitten in der Vorstellung einfach rauszugehen, dazu sei er zu bekannt. „Ich bin sowieso kein Mensch, der viel weggeht. Lieber sitze ich zu Hause, habe Ruhe und schreibe an meinen Büchern."

Ein Auto besitzt er nicht mehr: „Ich habe ja alles gefahren, was man fahren kann. Aber wozu? Hat ja alles keinen Sinn", gibt er den „nachdenklichen Einzelgänger", als der er sich selbst sieht. Er mache sich eben viele Gedanken über das Leben, das Alter, die Veränderung, das Früher und das Heute. Und zwischendrin singe er eben weiter, solange seine Stimme mitmacht und das Publikum ihn hören möchte.

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