Jahrelang war Janine Steeger das Gesicht des RTL-Boulevard-Magazins „Explosiv". 2015 kündigte sie und konzentriert sich seither auf Umwelt, Gesundheit und Nachhaltigkeit. Ein Interview über Wendepunkte im Leben, einen grünen Lebensstil und die Frage, was jeder Einzelne für eine bessere Zukunft tun kann.
Frau Steeger, Sie waren lange Jahre ein Gesicht von RTL, hatten einen guten Job, haben gut verdient. 2015 haben Sie gekündigt, was hat Sie dazu bewegt?
Es waren letztendlich mehrere Dinge und vor allem auch das Ende eines langen Prozesses. Ich habe mir im Vorfeld Gedanken über mein Leben gemacht: Ist das in Ordnung, so wie ich es führe? Ich hatte mir ein Buch darüber gekauft, was Menschen auf dem Sterbebett sagen. Dazu kam, dass eine gute Freundin an Krebs erkrankte und später auch starb. Ich konnte an alles einen Haken machen: Familie, Gesundheit – alles toll. Nur im Job hat es gehakt. Das war für mich verwunderlich, weil ich das ganz lange als Traumjob gesehen hatte. Themen wie Umwelt- und Nachhaltigkeit konnte ich bei RTL allerdings nicht so anbringen, wie ich mir das gewünscht hätte. Dort sagte man mir, die Zuschauer seien noch nicht so weit, hätten genug andere Probleme. Mir war das aber so wichtig, dass ich gekündigt habe.
Wie hat Ihr Umfeld reagiert?
Grundsätzlich total verständnisvoll und positiv. Einige haben gesagt, ob ich das nicht erst mal parallel machen wolle. Ich bin aber ein Entweder-oder-Typ. Ich hatte auch nicht das Gefühl, dass eine Live-Sendung, unser Familienleben mit Sohn und der Einsatz für die grünen Themen parallel umsetzbar sind. Es gab dann eine krasse Situation nach dem Urlaub, in der ich mehr oder weniger in einer Kurzschlussreaktion gekündigt habe. Dass ich kündigen wollte, stand fest, aber nicht in der Situation und zu dem Zeitpunkt. Dann stand es aber fest. Ich bin kein Mensch, der dann am nächsten Tag hingeht und sagt: „Oh, war ein Versehen". (lacht) Das wäre ja unfassbar peinlich. Der Schritt fühlte sich dann von Stunde zu Stunde besser an.
Das klingt alles sehr klar. Hatten Sie selbst auch mal Zweifel an der Entscheidung?
Zweifel hatte ich nicht – vor allen Dingen nicht an der grundsätzlichen Entscheidung. Aber am Anfang war meine Vorstellung „Es soll etwas mit Green Lifestyle werden" noch sehr unkonkret. Ich wusste, ich werde Aufträge als Event-Moderatorin haben, aber es war eben alles noch nicht so klar. Das hat mich und mein Umfeld zeitweise irre gemacht, weil ich ständig eine neue Idee und einen neuen Fokus hatte. Es hat sich dann sortiert, als der Name Green Janine stand. Nichtsdestotrotz dauert es lange, bis man sich fokussiert, bestimmte Honorare aufruft, nicht so viele Dinge umsonst macht, weil man in der Anfangsphase ist und Kontakte knüpfen will. Ich hatte im März 2015 meine letzte Sendung und seit Mitte dieses Jahres läuft es wirklich richtig gut und ich sehe auch für 2018, dass es in einen guten Bereich kommt.
Jetzt setzen Sie sich ein für die Themen Umwelt, Gesundheit und Nachhaltigkeit. Warum liegt Ihnen das so am Herzen?
Das ist das Kernthema, mit dem wir uns alle auseinandersetzen müssen. Wenn wir den Klimawandel nicht stoppen, werden alle anderen Probleme irgendwann nebensächlich. Deshalb ist es mir ein Anliegen, für die nachfolgende Generation nicht so einen Mist zu hinterlassen. Die Geburt meines Sohnes hat das sicherlich noch verstärkt. Es war aber auch das Ergebnis einer konkreten Suche, was mein Herzensthema sein könnte. Ich komme zwar vom Land, bin aber nicht in einem typischen Ökohaushalt aufgewachsen.
Sie engagieren sich nicht nur aus persönlichen Beweggründen, sondern versuchen auch diese Themen nach außen zu tragen. Wie kann man die Menschen dazu bewegen, nachhaltiger, bewusster und gesünder zu leben?
Das ist tatsächlich die große, große Frage. Ich glaube, es gibt mehrere Probleme. Zum einen wird das Thema an sich sehr düster verkauft. Ich glaube, man muss die Menschen nicht unbedingt beim Klimawandel oder Umweltschutz packen, sondern bei der Frage: Was bringt mir das? Zum Beispiel für mein Portemonnaie und meine Gesundheit. Viele Menschen vermuten hinter diesen Themen Verzicht und haben keine Lust dazu. Ich nenne es deshalb „Future Lifestyle" und versuche zu vermitteln, dass der Spaß macht und etwas bringt. Zum Beispiel habe ich mein Auto abgeschafft, fahre mehr Rad oder greife im Notfall auf Carsharing zurück. Das spart Geld und ich stehe nicht mehr in Staus. Außerdem kann ich in der Bahn gut arbeiten, beim Fliegen gelingt mir das nicht, weil die Zeit zu kurz ist. Wir brauchen mehr Möglichkeiten, diesen „Future Lifestyle" auszuprobieren.
Alle, die im nachhaltigen Segment erfolgreich sind, sind es, weil sie in erster Linie ein gutes Produkt machen. Wir müssen Gleichwertiges anbieten – wie etwa die Ethletic Schuhe, die nachhaltige Kopie von Converse, bei denen es keinen Preisunterschied gibt. Das Ziel muss sein, dass der Konsument den Nachhaltigkeitsgedanken gar nicht mehr bemerkt oder wenn er ihn bemerkt, denkt: „Oh, der kommt noch als Bonus oben drauf".
Viele Dinge, die wir tun, die nicht nachhaltig und umweltfreundlich sind, sind bequem, zeitsparend oder günstig – der Coffee-to-go-Becher, Onlineshopping, Klamotten vom Discounter. Wie zeit-, nerven- und kostenaufwendig ist die Umstellung des eigenen Lebensstils aus Ihrer Erfahrung?
In Teilen ist es aufwendig. Dafür gibt es aber Menschen wie mich, die das vorrecherchieren. Ich würde mir von den Menschen nur wünschen, dass sie Lust haben, mehr auszuprobieren. Angebote gibt es zahlreich. In einigen Städten etwa gibt es schon das Angebot, den Coffee-to-go in einem Mehrwegbecher in einem Laden zu kaufen und ihn auf dem Weg in einer anderen Filiale wieder abzugeben. Es muss uns gelingen, den Menschen den Zugang zu dieser Lebensweise so leicht wie möglich zu machen. Bei Lebensmitteln ist es für den Konsumenten schwierig. Man muss sich entscheiden, ist mir vegan, regional, die Herstellung oder die Haltung der Tiere wichtig. In den meisten Fällen geht nicht alles auf einmal. In manchen Bereichen ist das teurer, in anderen wieder nicht. Wenn Sie bei Armedangels ein T-Shirt kaufen, ist das kein H&M-Preis, aber trotzdem ein normaler Preis. Ein bewusstes und umweltfreundliches Leben ist nicht teurer, es ist nur rechercheaufwendiger.
Haben Sie zwei, drei Tipps, wie man vielleicht auch ohne ganz großen Aufwand ein bisschen grüner werden kann?
Die Trinkflasche ist ein gutes Beispiel, weil Plastik ungesund für den Körper ist und man in Deutschland sehr gut Leitungswasser trinken kann. Sie können also Ihr Leitungswasser einfach in eine Mehrwegflasche umfüllen. Außerdem würde ich ausprobieren, hin und wieder auf das Fahrrad oder den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen. Auch Sharing-Konzepte sparen Geld und sind gut für uns.
Sie haben Plastik angesprochen. Deutschland ist tatsächlich Europameister in puncto Müll – 213 Kilo Verpackungsmüll verursacht ein Deutscher pro Jahr. Wie können wir weniger Müll produzieren?
Da sind zwei Gruppen in der Pflicht: die Verbraucher und die Industrie. Wir als Verbraucher können zum Beispiel unsere eigenen Einkaufstaschen mitbringen und beim Einkaufen entscheiden, ob wir Lebensmittel mit oder ohne Verpackung kaufen. Es gibt die Unverpackt-Läden, die vom Gedanken her richtig sind, aber keine Lösung für die große Masse. Insofern glaube ich, dass in erster Linie die Industrie handeln muss. Da passiert auch viel, es gibt Forschungsprojekte zu anderen Verpackungen, die zum Teil auch schon getestet werden.
Die Forschung tut also etwas. Welche Projekte planen Sie selbst für die Zukunft? Was würden Sie gerne umgesetzt sehen?
Ich begegne ständig neuen Menschen, die geile Ideen haben. Ich selber habe keine innovativen, aber ich habe die Seite futurewoman.de, die noch über meine Homepage zu erreichen, bald aber als eigene Seite aufrufbar ist. Dort stelle ich Frauen mit innovativen Ideen vor, weil Frauen gerade in diesem Bereich immer noch wenig gezeigt werden.
Das ist in vielen Bereichen noch so …
Ja, und das geht mir auf den Wecker. Deshalb habe ich mich auf die Frauen konzentriert. Es gibt etwa eine Frau, die eine grüne Mobile Autopflege in Köln ins Leben gerufen hat. Gerade habe ich die Designerin von Sono Motors interviewt, die den Sion, das erste Solarauto herausgebracht haben. Es wird eine Professorin dabei sein, die sich mit Recycling-Beton auseinandersetzt. Future Women zu zeigen, sie untereinander zu vernetzen und im besten Fall irgendwann auszuzeichnen, ist mein Anliegen.