Von der originalgetreuen Harley-Davidson bis zum lebensgroßen Pferd – Andrej Löchel ist mit viel Eifer und Spaß an der Kettensäge und schafft dabei riesige Kunstwerke komplett aus Holz. Im Interview spricht er über das beste Holz, seine interessanteste Auftragsarbeit und wie man bei dieser Arbeit unfallfrei bleibt.
Herr Löchel, das ist wahrscheinlich die meistgestellte Frage überhaupt, aber wie kommt man auf die Idee, ausgerechnet mit einer Kettensäge zu schnitzen?
Ich habe von Berufswegen schon mit Kettensägen zu tun. Als gelernter Forstwirt ist man viel auf Messen unterwegs und hat dort auch zu Holzspezialisten Kontakt. Da habe ich dann einen Kettensägenkünstler gesehen und mir gedacht: „Das sieht nach Spaß aus!" Damals konnte ich es mir allerdings nicht leisten, eine zusätzliche Kettensäge für das Schnitzen anzuschaffen. Also habe ich erst mal ausgelernt und mir dann gedacht: „Probierst es mal aus." Dann habe ich mir das billigste Modell angeschafft und einfach mal angefangen.
Wie fängt man an, was braucht man?
Man braucht eigentlich nur eine normale Kettensäge. Bis zu einem gewissen Bereich reicht die vollkommen aus. Nur irgendwann steigen die Ansprüche und man spezialisiert sich. Dann gibt es Carving-Schienen, Fräser, Schleifgeräte und Ähnliches im Handel als Ergänzung. Wichtig ist natürlich auch das passende Holz. Am besten ist Eichenholz, mit dem arbeite ich fast ausschließlich.
Warum Eichenholz?
Zunächst ist Eichenholz am besten für den Kunden. Er kann es reinstellen oder draußen stehen lassen, das Holz ist ausgesprochen haltbar. Außerdem hat Eichenholz eine schöne Maserung. Zum Verarbeiten ist es ebenfalls praktisch, denn es steht super und franst nicht aus, wie das zum Beispiel Nadelhölzer tun. Möchte man da zum Beispiel ein Auge ausschneiden, würde die Faser richtig rausstehen und das würde die Optik zerstören. Beim Eichenholz hingegen erscheinen alle Details so, wie man sie auch reinsägt.
Sind andere Werkzeuge neben der Kettensäge erlaubt, um zum Beispiel kleine Konturen herauszuschnitzen?
Klar ist das erlaubt. Ich greife mittlerweile auch zum Eisen, zum Stechbeil, um verschiedene Details herauszuarbeiten. Man will ja immer mehr, immer mehr. Irgendwann reicht die Kettensäge dann nicht mehr aus.
Ging schon mal etwas schief, sind alle Körperteile noch dran?
Toi, toi, toi. Zum Glück ging noch nichts schief. Ich hoffe natürlich auch, dass das in Zukunft so bleibt. Aber es gibt ja auch noch die Sicherheitskleidung. Ich habe immer Knieschützer, Sicherheitshose, Schutzbrille und so weiter an. Außerdem sollte es keine wilden Experimente geben, wie zum Beispiel mit einer Hand die Säge zu bedienen.
Ihr bekanntestes Schnitzwerk ist eine originalgroße Harley-Davidson. Wie haben Sie diese Mammutaufgabe gestemmt?
Das war eine Idee, die nachts im Bett entstanden ist. Ich habe ein Bild gesehen von einem Amerikaner, der das schon einmal gemacht hat. Da dachte ich mir: „Das kannst du auch, vielleicht sogar noch besser." Am nächsten Morgen habe ich dann Kontakt zu einem Kollegen aufgenommen der bei Harley-Davidson in Saarbrücken arbeitet. Der hat mich dann zum „Tag der offenen Tür" eingeladen und dafür habe ich ihm die fertige Holz-Harley dann als Ausstellungsstück zugesagt. Für die Schnitzarbeiten habe ich ein riesiges Stück Holz organisiert, das allein war schon schwer. Denn die Harley ist ja aus einem Stück gearbeitet, das muss der Stamm alles hergeben. Dann habe ich den Stamm zu Harley-Davidson gefahren und anderthalb Tage an dem Motorrad gearbeitet. Damit war ich allerdings noch nicht fertig und habe deshalb zu Hause weiter geschnitzt. Das hat eine knappe Woche gedauert.
War das Ihr liebstes Schnitzwerk oder gibt es andere Favoriten?
Mitunter. Ich mache aber auch gerne Pferde in Echtgröße zum Beispiel.
Wie viel kostet so eine Schnitzarbeit?
Das kommt auf die Gestaltung an. Wie groß es sein soll. Bei Pferden in Echtgröße zum Beispiel, wenn die ganz normal stehen sollen, dann erfolgt die Arbeit aus
mehreren Klötzen die erst aufwendig zusammengefügt werden müssen. Da bewegen wir uns schon um die 8.000 bis 9.000 Euro. Aufsteigende Pferde werden nicht zusammengesetzt, da erspart man sich zwei Tage Arbeit. Dafür ist der Ausgangsklotz riesig. Die Kosten hierfür belaufen sich auf etwa 4.000 bis 5.000 Euro.
Nicht ganz günstig, aber individuell.
Das ist es ja. Wenn jetzt jemand käme und er sieht eine Arbeit bei mir, die schon verkauft ist, und er will ein gleiches Objekt nachgeschnitzt haben, dann gibt es das nicht. Ich müsste ja erst mal an einen dicken Stamm rankommen. Deshalb ist das so nicht umzusetzen, alle Arbeiten sind absolute Unikate.
Sie bieten auch Auftragsarbeiten an, was war die Arbeit, die Ihnen da am meisten im Gedächtnis geblieben ist?
Ich war vor einigen Wochen in Holland. Da hat die Kommunikation nicht ganz so gut geklappt. Ich fuhr also hin und wusste nicht, was mich dort erwartet. Ich sah nach der Ankunft einen großen Stamm und wir haben erst mal einen halben Tag diskutiert und überlegt, was wir daraus machen können. Dann haben wir einfach zusammen angefangen und am Ende kam da ein Fuchs heraus, auf der anderen Seite des Stamms entstand ein Hase. Im Laufe einer Woche mussten wir dann von früh um 6 bis in die Nacht arbeiten, um das Objekt fertigzustellen. Es wurde am Ende ein Fuchsbau mit Schaukel, Hasen und Hühnern.
Wie lange hält das fertige Kunstwerk?
Prinzipiell sind die Kunstobjekte sehr beständig. Wir schneiden das Sprintholz ab, übrig bleibt nur das Kernholz. Das ist sehr widerstandsfähig. Durch Sonne und Regen ergraut das Holz. Dagegen hilft eine Lasur, die das Ganze noch beständiger macht. Die Eiche an sich ist aber so robust, die hält schon allein 15 bis 20 Jahre.
Interessierte haben die Möglichkeit, Schnitzkurse bei Ihnen zu buchen. Wer kommt da so und wie stellen sich die Neulinge an?
Da kommt jeder. Vom Manager bis zum 15-jährigen Schüler. Ich habe auch Kurse, die nur von Frauen besucht werden. Das ist ganz verschieden. Manche haben noch nie eine Säge in der Hand gehabt und man denkt am Anfang, das wird nichts. Und dann schnitzen sie so schöne Eulen, wo ich mir denke: „Mist, jetzt habe ich mir die Konkurrenz aber schön groß gezogen."
Sie haben beim 15. Holzskulpturen-Wettbewerb „Kunst mit Kettensäge" den ersten Platz belegt. Damit gehören Sie offiziell zu den Besten Ihres Faches. Hat der Sieg Ihre Arbeit beeinflusst?
Mit Sicherheit. Man wird dadurch in der Schnitzerszene mehr angesehen.
Wären Sie nicht Schnitzkünstler, was wären Sie dann?
Dann wäre ich nur ein Forstwirt.
Was wollen Sie unbedingt noch schnitzen, an welchen Projekten wären Sie gerne beteiligt?
Gerade habe ich noch einen Tiger in Echtgröße fertig gemacht. Momentan arbeite ich an einem Totenkopf, 1,50 Meter groß aus einem riesigen Stamm. Neulich war hier eine Veranstaltung in der Gegend, da spielte eine Rockband. Was passt da wohl besser als ein Totenschädel auf der Bühne? Davon habe ich schon einige gemacht und die haben sich auch alle verkauft. Die Geschmäcker sind eben verschieden.
Ist denn noch Zeit für die Forstwirtschaft oder nimmt das Schnitzen den Tag ein?
Ich bin selbstständig und habe zwei Firmen. Für Baumfällung und Forstarbeiten habe ich zwei Mitarbeiter. Dafür mache ich nur noch Kundenbetreuung und erstelle Angebote. Prinzipiell bin ich nur noch im Büro oder mit der Kettensägenkunst beschäftigt.