Wenn die Tage kürzer und dunkler werden, leiden immer mehr Menschen unter einem Stimmungstief, das gemeinhin als Winterblues bekannt ist. Ursächlich dafür ist ein Lichtmangel, der relativ einfach behoben werden kann.
Die dunklen Wintertage schlagen vielen Menschen aufs Gemüt. Sie fallen regelrecht in ein Stimmungstief, das gemeinhin als Winterblues bezeichnet wird und letztlich einem Lichtmangel geschuldet ist. Jeder vierte Deutsche ist davon laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) betroffen. Die häufigsten Symptome sind Antriebslosigkeit, Müdigkeit, Schlappheit, schlechte Laune und Heißhunger auf Süßes oder Fettiges. Der Winterblues ist allerdings keine Krankheit, sondern lediglich eine vorübergehende Befindlichkeitsstörung.
Auch wenn die Übergänge zu einer echten Winterdepression, die im medizinischen Fachjargon als saisonal-affektive Störung oder Seasonal Affective Disorder (SAD) bezeichnet wird, fraglos fließend sind. Aber unter der Krankheit SAD leiden hierzulande auch nur gerade mal ein bis zwei Prozent der Bevölkerung. Allerdings kann die Depression in Einzelfällen so stark ausgeprägt sein, dass die Betroffenen nicht mehr arbeitsfähig sind. Als Faustregel wird immer wieder darauf hingewiesen, dass man spätestens nach zwei Wochen anhaltendem Stimmungstief einen Facharzt aufsuchen sollte, damit dieser eine Untersuchung Richtung SAD durchführen kann. Diese kann eine ganze Reihe von gleichen Symptomen, darunter Lustlosigkeit oder Niedergeschlagenheit, wie die gewöhnliche Depression aufweisen, an der jeder vierte bis fünfte Deutsche mindestens einmal in seinem Leben erkrankt, doch gibt es bei SAD auch gravierende Unterschiede wie ein erhöhtes Schlafbedürfnis oder ein Kohlenhydratheißhunger.
Jeder vierte Deutsche ist betroffen
Sowohl für Winterblues als auch SAD ist Lichtmangel ursächlich, weil Tageslicht in ausreichenden Dosen in Herbst und Winter in unseren Breitengraden Mangelware ist. Morgens auf dem Weg zur Arbeit dämmert es meist noch, zum Feierabend ist es draußen schon wieder dunkel. Die künstliche Beleuchtung beispielsweise in Büroräumen ist mit 500 bis 700 Lux bei Weitem nicht ausreichend. An einem durchschnittlichen Wintertag herrscht draußen eine Lichtstärke von bis zu 10.000 Lux (zum Vergleich: an einem hellen Sommertag bis zu 100.000 Lux). Selbst ein völlig wolkenverhangener Winterhimmel bringt noch 3.000 Lux. Die einfachste Therapie gegen Winterblues oder SAD ist daher ein Aufenthalt im Freien. Täglich eine halbe Stunde sollte es schon sein, besser eine ganze Stunde.
Wer dazu keine Zeit oder Lust hat und stark unter dem Winterblues oder SAD leidet, der kann sich einer Lichttherapie mit speziellen Lampen unterziehen. Diese ahmen in weißlicher oder bläulicher Strahlung Tageslicht in Stärken zwischen 3.500 und 10.000 Lux nach. Statt sich einige Wochen täglich, am besten morgens, für eine halbe Stunde in der Arztpraxis in einem Abstand von 80 bis 90 Zentimetern vor eine solche Lampe zu setzen, ist der Kauf einer dieser Lampen sicherlich überlegenswert. Denn der Preis von rund 150 Euro für ein gutes Gerät muss im Vergleich zu den Kosten für die ärztliche Lichttherapie gesehen werden, die von den Krankenkassen nicht übernommen werden, weil Lichttherapie in Deutschland zu den individuellen Gesundheitsleistungen gezählt wird. Obwohl gefühlt oder gemäß der öffentlichen Wahrnehmung die Monate November und Dezember stets die tristesten, grausten und dunkelsten Monate des Jahres sind, greifen Winterblues oder SAD besonders stark in den Monaten Januar und Februar um sich. Die anhaltende Düsterheit erscheint dann nämlich vielen Menschen offenbar schier endlos. Im März pflegen sich Winterblues oder SAD zu verabschieden.
Warum Menschen überhaupt auf Lichtmangel so reagieren, ist wissenschaftlich noch nicht restlos geklärt. Es gibt offenbar genetisch bedingte Anfälligkeiten. Sicher ist auch, dass Licht mit fortschreitendem Alter schlechter verwertet wird, was mit einer Trübung der Augenlinse bei vielen betagten Personen zusammenhängt. Fest steht, dass Lichtmangel die innere Uhr außer Kraft setzt oder zumindest gehörig durcheinander bringt, da er den Melatonin-Haushalt des Körpers stört. Das Hormon Melatonin wird vor allem nachts ausgeschüttet und dient dem Einschlafen. In den langen Winternächten wird vergleichsweise viel Melatonin produziert. Wenn nach dem Aufwachen kein ausreichendes Licht ins Auge fällt, kann das Netzhaut-Pigment Melanopsin, das die Produktion von Melatonin hemmt, nicht aktiv werden. Die Folge: Manche Menschen bleiben müde und antriebsarm, die innere Uhr im Gehirn funktioniert nicht mehr richtig, das hormonelle Gleichgewicht im Gehirn ist in eine Schieflage geraten.
Johanniskraut hebt die Stimmung
Licht ist aber nicht nur ein zentraler Taktgeber der inneren Uhr. Es sorgt auch für unser Wohlbefinden, weil es die Bildung des Glücks- und Belohnungshormons Serotonin anregt, das wie ein Stimmungsaufheller wirken kann. Wie genau das passiert, konnte die Forschung bislang noch nicht herausfinden. Auf jeden Fall scheint Licht wie ein Antidepressivum zu wirken (das Medikament wird übrigens bei schweren Fällen von SAD als Ergänzung zur Lichttherapie eingesetzt). Ein altbewährtes Mittel, das dem Glückhormon Serotonin im Winter auf die Sprünge hilft, ist das Johanniskraut, das zusätzlich auch noch die Lichtempfindlichkeit der Haut steigern kann. Auch regelmäßige Bewegung oder Sport kann die Bereitstellung von Serotonin fördern.
Eine gesunde Ernährung auf der Basis von frischem Wintergemüse wie Wirsing oder Rotkohl kann natürlich nie schaden. Selbst der Heißhunger auf Süßes kann bedenkenlos gestillt werden. Nicht umsonst gibt es ja den Spruch, wonach Schokolade glücklich machen kann. Zwar gibt es keine Stoffe in der Schokolade, die eine direkte Wirkung auf das Gehirn haben, aber beim Verzehr der Köstlichkeit werden vom Belohnungssystem des Gehirns Botenstoffe, beispielsweise Serotonin, ausgeschüttet. Deshalb beruhigt das Schokoladenessen viele Menschen und kann sie glücklich machen. Ein etwaiger Vitamin-D-Mangel dürfte als weitere Ursache für Antriebslosigkeit oder Winterblues auszuschließen sein. Denn von Vitamin D pflegt sich der Körper im Sommer mithilfe von UVB-Strahlung ein ausreichendes Depot anzulegen.