Das Paradies im Pazifik wirkt magisch anziehend vor allem auf Abenteurer, Aussteiger, Outdoor-Enthusiasten, Sportler und Wanderer. Sie alle kommen der atemberaubenden Landschaften wegen, die hier so vielfältig und abwechslungsreich sind wie kaum sonst wo auf der Erde.
Neuseeland ist für immer mehr Menschen das Traumziel schlechthin, gilt es doch als Paradies am Ende der Welt. „Aotearoa" – „Land der langen weißen Wolke" nannten die Maori die beiden lang gestreckten Inseln im Süd-Pazifik. Insgesamt 14 Nationalparks gibt es in Neuseeland, sie machen etwa zehn Prozent der Gesamtfläche des Landes aus. Verantwortlich für die Unterhaltung der Parks ist das Department of Conservation (DoC). Gletscher und Geysire, Vulkane, smaragdgrüne Kraterseen, reißende Gebirgsbäche und majestätische Gipfel, 17 von ihnen über 3.000 Meter hoch, liegen in den Naturschutzgebieten, ebenso finden sich grüne Hügel und Ebenen, Sandstrände, felsige Küsten, malerische Buchten oder regenwaldbedeckte Hänge.
Was den Schutz der Umwelt angeht, präsentiert sich Neuseeland gern als beispielhaft. Die neue Regierung, mit der jungen Ministerpräsidentin Jacinda Ardern an der Spitze, hat jüngst eine Klimainitiative gestartet und will ein dauerhaftes Visum für Menschen einführen, die wegen der Folgen der Klimaveränderungen ihre Heimat verlassen müssen. So sollen beispielsweise Klimaflüchtlinge aus Pazifikstaaten wie Kiribati oder Tuvalu aufgenommen werden, die wegen des steigenden Meeresspiegels dort nicht mehr bleiben können.
Für Naturkatastrophen in Neuseeland selbst könnte jederzeit einer der zahlreichen Vulkane sorgen. Allein rund um Auckland, wo etwa rund ein Drittel der viereinhalb Millionen Einwohner Neuseelands leben, gibt es 48 Vulkangipfel. Sie erlauben spektakuläre 360-Grad-Blicke. Laut Neuseelands Nationaler Katastrophen-Konferenz könnte es in den Alpen eher heute als morgen ein furchtbares Erdbeben geben, welches den unter dem Taupo-See schlummernden Vulkan ausbrechen lassen, Tsunamis auslösen und den Ostteil der Nordinsel absprengen, die Orte Taupo, Rotorua und Whakatane dem Erdboden gleichmachen würde – so die wissenschaftlich begründeten Befürchtungen.
Beispielhafter Schutz der Umwelt
Da heißt es genießen, so lange es noch geht. Die Landschaften zeigen sich hier und da in satten Farben, wechseln ab mit kargen Höhenzügen, wie sie etwa in den „Herr der Ringe"-Filmen zu sehen sind. Das Auenland bei Matamata, die zerklüfteten Felsen von Mordor im Tongarino-Nationalpark oder die Weiten von Edora (Canterbury-Ebene) begeistern freilich längst nicht nur eingefleischte Hobbit-Fans.
Wer etwas über die Entstehungsgeschichte Neuseelands erfahren will, kommt nicht umhin, das Dorf Waitangi zu besuchen. Dort liegt die Gedenkstätte Treaty Grounds. Der Gast bekommt Einblicke in Neuseelands Vergangenheit. Mit dem Vertrag von Waitangi, den 1840 zunächst 45 Maori-Häuptlinge mit der britischen Krone schlossen – insgesamt unterzeichneten etwa 540 Maori-Führer aus 39 Landesteilen den Vertrag, darunter auch einige Frauen – waren den Maori grundlegende Rechte zugesichert worden.
Allerdings fühlte sich die indigene Bevölkerung im Nachhinein durch das Vertragswerk stark benachteiligt. Der Streit erreichte 1975 einen Höhepunkt. 20 Jahre später unterschrieb dann die britische Königin ein Entschuldigungsdokument ob des begangenen Unrechts seitens der Krone, sie trug damals bei dem hochoffiziellen Kotau ein Maori-Gewand aus Vogelfedern.
Disneys Film „Moana", an dem auch Neuseeländer beziehungsweise Menschen mitwirkten, die in Neuseeland aufgewachsen sind, weckte nach dem Kinostart bei einem Teil der jüngeren Generation wieder das Interesse für die eigenen Wurzeln. 2013 war bei einer amtlichen Erhebung herausgekommen, dass nur weniger als ein Viertel der Maori in Neuseeland heute noch in der Lage sind, sich in der Sprache ihrer Vorfahren zu verständigen. Heute sollen gerade noch etwa 148.000 Einwohner Maori sprechen.
Für den früheren Regierungsmitarbeiter Haami Piripi sorgte ausgerechnet Disney mit dem Animationsfilm „Moana" dafür, dass „te reo Maori" seitdem unter jungen Leuten durchaus wieder als „cool" und „sexy" gilt.
Ein Zentrum der Maori-Kultur ist Rotorua, dort dürfen die Besucher den traditionell in Federkleidern beziehungsweise mit Strohröckchen bekleideten Frauen und Männern bei ihren Tänzen und Spielen zusehen und beim „Hangi", einer im Erdofen gegarten Mahlzeit, meistens mit Fleisch, Fisch und Gemüse zubereitet, die besondere Gastfreundschaft der Einheimischen genießen.
Mystische Geysire und geothermische Quellen
Rotorua ist wegen seiner Geysire und geothermischen Quellen beliebt bei Wellness- und Erholungssuchenden, ebenso die Gegend um den 53.000 Einwohner zählenden Kur- und Badeort auch bei Radtouristen und Mountainbikern. Im Whakarewarewa Forest warten insgesamt 130 Kilometer Mountainbike-Tracks darauf, befahren zu werden.
Neuseelandreisende sollten vor allem Zeit mitbringen, das Land erstreckt sich von Norden nach Süden über rund 1.600 Kilometer, während es in der Breite nie mehr als 450 Kilometer misst. Neuseeland gilt auch als Hotspot für Kajakfahrer, denn mehr als 1.000 Wasserläufe durchziehen das Land. Am besten lassen sich Nord- und Südinsel per Roadtrip erkunden, mit einem Camper oder Mietwagen.
Alternativ lässt sich das Land, das etwa viermal so groß ist wie Bayern, aber auch mit dem Bus bereisen oder mit der Eisenbahn durchqueren. Zwischen Auckland und Wellington geht es mit dem Northern Explorer durch das vulkanische Zentralplateau, während die Züge von Coastal Pacific und Tranz Alpine entlang der Ostküste und durch die südlichen Alpen fahren. Neuseelands Bahn, Kiwi-Rail, hat jüngst die vier schönsten Stecken unter dem neuen Markennamen „The Great Journeys of New Zealand" gebündelt.
140 Gipfel der neuseeländischen Alpenkette, die sich wie ein knöchernes Rückgrat durch die Südinsel zieht, sind mehr als 2.000 Meter hoch, etwa 40 Prozent der Fläche ist vergletschert. Der geografische Mittelpunkt Neuseelands liegt irgendwo in Nelson, der größten Stadt auf der Nordinsel.
Durch die Gletscher geht es zu Fuß, mit dem Segelboot lässt sich die Bay of Islands erkunden. Das Postboot nimmt auch Touristen mit in entlegene Ecken. Die Dreitausender-Gipfel der neuseeländischen Alpen lassen sich zudem ohne größere Anstrengung alternativ aus der Luft bestaunen, es gibt Rundflüge, die zwischen 25 und 60 Minuten dauern und bis zu 200 Dollar oder mehr kosten.
Für Wanderer wie Berg- und Naturfans bietet Neuseeland jede Menge spektakuläre Bergpanoramen, kulinarische Überraschungen obendrein verspricht beispielsweise die neue Alpine Pacific Touring Route: Sie führt vom Flughafen von Christchurch über eine Länge von 450 Kilometern zum alpinen Bergdorf Hammer Springs. Auf dem Weg dorthin geht es vorbei an faszinierenden, teils neu entstandenen Küstenlandschaften und durch die von Touristen bislang kaum frequentierte Weinregion Waipara Valley.
Nachdem die Gegend 2016 von einem Erdbeben heimgesucht worden war, ebbten die ohnehin geringen Besucherzahlen dort hinterher merklich ab. „Wir hatten einen drastischen Einbruch zu verkraften, bis zu 80 Prozent weniger Besucher als vor dem Erdbeben kamen hierher", beklagt Kauahi Ngapora von Whale Watch Kaikoura.
Auch den nördlichsten Zipfel Neuseelands ließen die Touristen bisher eher links liegen. Seit jedoch der Architekt Friedensreich Hundertwasser dort ein Toilettenhäuschen errichtet hat, ist das anders, denn das ungewöhnliche Bauwerk gibt ein besonderes Fotomotiv ab. Gerüchten zufolge soll dieser Umstand das Dorf sogar vor der Pleite bewahrt haben. Bereits in den 90er-Jahren wollte Hundertwasser am Hafen von Whangarei ein Kunstzentrum errichten. 16,25 Millionen Dollar soll es kosten und auf dem Gelände des früheren Northland Harbour Board errichtet werden. 2019 wird es nun voraussichtlich eröffnet, nicht zuletzt dank einer ordentlichen Spende der neuseeländischen Lotteriekommission in Höhe von 3,5 Millionen neuseeländischer Dollar. Neben dem Werk Hundertwassers gibt es dann dort zeitgenössische neuseeländische Kunst zu sehen. Das Zentrum soll mehr Besucher in die bisher vom Tourismus kaum berührte Gegend locken und wirtschaftlichen Aufschwung bringen.
Vom aktuell von der Regierung beworbenen „TeArarora", dem mit rund 3.000 Kilometer langen, von Cape Reinga im Norden bis nach Bluff im Süden führenden neuen Wanderweg, soll weitgehend das ganze Land profitieren. Cape Reinga ist für die Maori ein bedeutender spiritueller Ort: Von hier aus treten, so der Glaube, die Seelen der Toten ihre letzte Reise in das Land der Vorfahren an. Von den zahlreichen Tracks ist besonders der Tongarino Alpine Crossing beliebt, jeden Sommer trauen sich allein hier nicht weniger als 70.000 Wanderer auf die Strecke, um die eindrucksvolle Vulkanlandschaft und die Aussichten auf den Lake Taupo und den Mount Taranaki zu genießen.
Stille abseits der Touristenströme
Den Abel Tasman Coast Track, einer der am stärksten frequentierten Wanderwege in Neuseeland, bevölkern im Sommer zwischen Marahau und Totaranui angeblich sogar gleich Hunderttausende Wanderer – viel zu viele: An manchem engen Wegabschnitt ist daher geduldiges Warten allererste Tugend.
Zu den „Great Walks" Neuseelands gehören der Milford Track, für den fünf Tage eingeplant werden sollten, der Kepler Track (vier Tage) oder der Routeburn, der in den Mount Aspiring National Park führt (drei Tage). Allein im Fiordland Nationalpark, Weltnaturerbe der Unesco, gibt es ein 500 Kilometer umfassendes Wanderwegenetz, das zu Gipfeln, Bergseen und moosbedeckten Tälern führt.
Abenteurer campieren beispielsweise tagelang an einem abgelegenen Goldgräberfluß, klettern im Dauerregen über die Eismassen der Gletscher hinweg oder kämpfen sich mit einem Windjammer in der Bay of Islands durch den Sturm. Wer in Neuseeland wandern will, sollte sich auf jedes Wetter gefasst machen und gut ausgerüstet sein für plötzlich auftretende Wetterumschwünge, mit heftigen Regenschauern, Schnee und starken Winden rechnen. Mitunter herrschen Sturmböen mit bis zu 100 Stundenkilometern – nichts für Leichtgewichte. Stille gibt es abseits der Touristenströme, etwa bei einem Besuch von Stewart Island.
Schon schottische Siedler staunten über das besondere südliche Polarlicht, das Flora und Fauna in langen Winternächten unvergleichlich leuchten lässt – die „Aurora australis". Nach so einem Erlebnis darf sich der Gast dann im Restaurant „Church Hill" am Kaminfeuer wärmen, eine exzellente Küche und die spektakuläre Aussicht auf die Halfmoon Bay genießen.