Dauerhaft schlank bleiben ohne Ernährungsumstellung, operative Eingriffe, Diäten oder Sport: bislang nur ein schöner Traum. Doch nun haben US-Forscher ein Fett-Weg-Pflaster entwickelt, das die Pfunde einfach schmelzen lassen soll.
Fast ein Drittel der Weltbevölkerung, darunter auch immer mehr Kinder und Jugendliche, ist übergewichtig oder fettleibig. Mehr als die Hälfte der besonders stark übergewichtigen Menschen leben in zehn Ländern, dazu gehören die USA, China, Indien und auch Deutschland. Gravierend sind die durch die Fettsucht (Adipositas) verursachten Folgeschäden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenschäden, Blut-
hochdruck, Arthrose oder Diabetes. Den sozialen Druck durch das westliche Schönheitsideal nicht zu vergessen. Kein Wunder, dass viele Menschen nach jedem Strohhalm greifen, wenn es darum geht, abzunehmen. Zwar versprechen immer neue Diäten Wunder, doch einen dauerhaften Gewichtsverlust können sie allesamt nicht gewährleisten. Denn dazu bedarf es einer grundlegenden Ernährungsumstellung in Kombination mit regelmäßigem Sport.
Bei extremer Fettleibigkeit ist häufig die Magenverkleinerung ein letzter Rettungsanker. Der „Schlauchmagen" kann nur noch ein Zehntel der üblichen Nahrungsmenge von zwei bis drei Litern aufnehmen, weshalb das Sättigungsgefühl wesentlich schneller einsetzt. Der einzig hierzulande zugelassene und wirksame Appetitzügler Orlistat, der unter dem Markennamen „Xenical" vertrieben wird, kann bei längerer Einnahme schweren Vitaminmangel als Nebenwirkung haben. Beauty-Junkies leisten sich beim Schönheitschirurgen schon mal eine kostspielige Fettabsaugung unter Vollnarkose, um lästige Speckpolster rund um die Hüften zu beseitigen.
Möglicherweise ist das bald alles Schnee von gestern. Denn Forscher der Columbia-University und der University of North Carolina haben ein Nadelpflaster entwickelt, über dessen feine Spitzen ein Wirkstoff ins Gewebe eindringen und den Fettstoffwechsel ankurbeln kann. Im Laborversuch mit wohlgenährten Mäusen konnten tatsächlich Pfunde zum Schmelzen gebracht werden. Jedem Versuchstier wurden je zwei fingerkuppengroße Pflaster auf den Bauch geklebt, eines mit wirkstoffreichen Nadeln, das andere mit einem Placebo. Einen Monat lang wurden die Mäuse alle drei Tage mit einem neuen Nadelpflaster versorgt. Nach Versuchsende konnten die Wissenschaftler an den behandelten Stellen eine Reduktion des Fettgehalts um 20 Prozent feststellen. Zudem konnte eine wesentliche Senkung der Blutzuckerwerte registriert werden, weshalb laut den US-Forschern, die ihre Studie vor kurzem im Fachmagazin „ACS Nano" publiziert hatten, auch Diabeteskranke von der neuen Technologie profitieren könnten.
Bei dem den Nagetieren verabreichten Medikament handelte es sich um Rosiglitazon, eine Substanz, die dazu in der Lage ist, im menschlichen Körper eine Umwandlung von weißem Speicherfett in braunes Verbrennungsfett anzustoßen. Braunes Fettgewebe, das voll von Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen) ist und daher dank starker Fettverbrennung für reichlich Wärme sorgt, ist vor allem bei Neugeborenen im Alter von bis zu zwei Jahren anzutreffen (bei Erwachsenen konnten vor einigen Jahren Reste nachgewiesen werden) und wird gemeinhin als Babyspeck bezeichnet.
Umwandlung in verbrennungsfähiges Fett
Schon vor Rosiglitazon hatten weltweit Wissenschaftler erfolgreich mit Substanzen zur Bräunung des Fettes experimentiert, um wirksame Pharmaka für stark übergewichtige Patienten zu erhalten. Doch die gängige Verabreichung in Form von Injektionen oder Tabletten hatte meist nicht unerhebliche Nebenwirkungen wie beispielsweise erhöhte Knochenbrüchigkeit, Kopfschmerzen oder Übelkeit zur Folge.
Bei der Studie bekamen die Mäuse das Rosiglitazon mit Hilfe eines Nadelpflasters einerseits nach und nach und andererseits genau dort, wo das weiße Fett abgebaut werden sollte, verabreicht. Der Wirkstoff war auf winzigen Nadeln (400 Mal dünner als ein Haar) in kleinsten Kügelchen verpackt. Diese Miniteilchen mit einem Durchmesser von gerade mal 250 Nanometern wanderten nur kurze Distanzen unterhalb des Pflasters ins Gewebe, lösten sich langsam auf und setzten dann den Wirkstoff ohne jegliche erkennbaren Nebenwirkungen frei. Weißes Speicherfett wurde durch Ankurbelung des Fettstoffwechsels in braunes, verbrennungsfähiges Fett verwandelt.
Eine Genanalyse brachte den Nachweis, dass die Fettreduktion auf eine Erhöhung der braunen Fettzellen und eine Reduktion der weißen zurückzuführen war. Man darf gespannt sein, ob das Nanotech-Pflaster auch beim Menschen eine ähnliche Wirkung entfalten kann. Was sicherlich einer wissenschaftlichen Revolution gleichkommen würde. „Viele Leute werden wahrscheinlich begeistert sein zu hören, dass wir möglicherweise mit einer nicht-invasiven Alternative zum Fettabsaugen Speckröllchen reduzieren können", so Li Qiang, einer der Mitautoren der Studie. Wichtiger sei jedoch, dass das Pflaster womöglich auch sicher und wirkungsvoll zur Behandlung von Fettleibigkeit und damit verbundenen Stoffwechselstörungen wie Diabetes eingesetzt werden könne.
Allerdings gibt es seit einigen Jahren eine Reihe von Studien, aus denen hervorgeht, dass nicht jede Form von Übergewicht gesundheitlich negative Auswirkungen haben muss. Ein leichtes Übergewicht soll das Risiko senken, an Demenz zu erkranken. Die Lebenserwartung leicht übergewichtiger Menschen soll sogar höher als die von unter- oder normalgewichtigen Personen sein.
Bei deutlichem Übergewicht werden sich die schon genannten Volkskrankheiten in der Regel allerdings fast zwangsläufig einstellen. Von daher macht es wenig Sinn, Körperfülle oder Fettleibigkeit einfach zum neuen Schönheitsideal zu erklären – schon eher, leichtes Übergewicht zum neuen Normalgewicht zu deklarieren.