Die „Sandwicherie" in Saarbrücken ist weit mehr als nur ein Laden für belegte Brötchen. Je nach Tageszeit finden die Kunden hier ein völlig anderes Warenangebot. Und das kommt bestens an.
In aller Herrgottsfrühe führt mich mein Weg in die „Sandwicherie" in der Martin-Luther-Straße in Saarbrücken. Schon gegen 6.30 Uhr geht es hier zu wie in einem Taubenschlag. Ein ständiges Kommen und Gehen. Ich setze mich an den langen Tisch und bestelle mir einen Kaffee und ein Croissant. Mittlerweile stehen die Kunden bis vor dem Laden auf der Straße.
Der Betreiber hier ist Michel Bruch. Ein gebürtiger Franzose, weshalb sein Name auch „Brüch" ausgesprochen wird. Er hat sein langes Arbeitsleben großteils in Hotels und der Gastronomie verbracht. Angefangen hat er in München, wo er als junger Mann die Hotelfachschule besuchte. Hier lernte er deutsch, sogar ganz ohne bayrischen Akzent. Später war er viel unterwegs – in Berlin, in Südafrika, in England und natürlich in Frankreich. Ein gestandener Gastronom eben. „Es war eine große Achterbahn, eine lange Reise", erzählt er lächelnd.
Bruch kennt sich aus in der Gastronomie. Und jetzt also eine Sandwicherie in Saarbrücken. „Wichtig ist, dass man professionell vorgeht", sagt er. „Völlig egal, was man macht, man muss Ahnung von seinem Metier haben. Ob im großen Restaurant, im mondänen Hotel oder wenn man Bratwurst oder Sandwiches verkauft. Wir suchen als Mitarbeiter auch niemanden, der nur schnell einen Job sucht. Wir bilden selbst aus, damit wir den Kunden eine Top-Qualität bieten können."
Diese geben seiner Philosophie Recht, das zeigt sich auch am Tag meines Besuchs. Die Kunden sind vor allem Menschen, die ihr Essen mit zur Arbeit nehmen. Auch Nachbarn aus dem Nauwieser Viertel oder aus kleinen Betrieben rund um die Martin-Luther-Straße.
Vor mehr als zehn Jahren kam Bruch nach Saarbrücken und startete ganz klein mit Sandwiches an einer anderen Adresse. Hier, in der Martin-Luther-Straße, ist er nun seit knapp zwei Jahren. Aber warum brummt dieser Laden so? Die Antwort ist im Grunde ganz einfach: Qualität ist der Schlüssel für seinen Erfolg. Beliefert wird er von zwei Bäckern. Sein Baguette kommt von Stephane Hubert, einem Bäcker aus Frankreich. Natürlich auch Croissants und alles andere, was die Deutschen an französischen Backwaren so lieben.
Doch das genügt nicht. Michel Bruch beobachtet den regionalen Markt ganz genau. Vor Jahren schon startete er mit dem „Sandwich der Woche". Er analysierte genau, was die Saarländer mögen. Natürlich lieben sie gute Butter, Schinken, Cornichons oder einen schmackhaften Ziegenkäse. Doch auch was sie nicht so gerne mögen, stellte er genau fest. Er verkauft ganz wenig vom Schwein, nur Hinterschinken und Salami. Für jeden hat er etwas im Angebot.
Das Besondere an seinem Laden ist, dass es eigentlich drei unterschiedliche Angebote über den Tag verteilt gibt. „Wir öffnen morgens sehr früh", erzählt Bruch. „Wenn wir um 6.30 Uhr aufmachen, warten bereits unsere ersten Kunden an der Tür. Tatsächlich fangen wir hinter den Kulissen schon viel früher an, damit unsere Angebote fertig in der Vitrine liegen. In den ersten Stunden verkaufen wir viele kleine belegte Baguettes für zwei Euro. Unsere Kunden nehmen dieses Angebot an, weil alles knackfrisch ist. Das Baguette aus Frankreich wurde erst kurz vorher geliefert. Statt ihre Brötchen für die Frühstückspause selbst zuhause zuzubereiten, kommen sie eben zu uns."
Das Kerngeschäft bleibt ganz klar das Sandwich-Konzept
Der zweite Bäcker, der Hauslieferant ist, heißt Stefan Anstadt aus Assweiler im Bliesgau. Bruch ist begeistert über diese Kooperation: „Stefan Anstadt ist hier im Saarland sehr bekannt. Der Aroma-Bäcker aus dem Bliesgau. Ich hatte noch eine Vitrine frei, so kamen wir schnell ins Geschäft. Denn meine Kunden fragten mich monatelang nach Körner- oder Roggenbrot und ähnlichem. Also nahm ich vor drei Monaten sein gesamtes Angebot an Aroma-Broten in mein Programm auf. Dazu kam glücklicherweise, dass viele Kunden kommen, nur um seine Brote zu kaufen. Und dies von 6.30 Uhr bis 21.30 Uhr. Es ist mir eine Ehre, seine Produkte zu führen."
Gegen 10 Uhr krempelt Meister Bruch dann sein Konzept um. Wer schon einmal ein von einer französischen Hausfrau zubereitetes Sandwich gegessen hat, weiß, dass dieses ein vollwertiges Mittagessen sein kann. Nur zu gerne erinnere ich mich an Urlaube in Südfrankreich, wenn „Maman" uns für den Tag am Strand mehrere Pan Bagnat mitgab. Die schmeckten himmlisch. Bei Michel Bruch gibt es als Mittagessen 20 Varianten davon. Von „Le Classic" über „Paris", „Valence", „Camenbert" bis zu „Bergerac". Für jeden Geschmack ein anderes. Mit Hähnchenbrustfilet, Thunfisch, frischen Champignons, Rostbraten oder Räucherlachs. Auch gegrillte Paninis gibt es, ebenso eine kleine Auswahl an Pizzen und Flammkuchen.
Nachmittags verändert die Sandwicherie ein weiteres Mal das Angebot. Jetzt werden vor allem Pizzen und Flammkuchen in vielen Varianten verkauft. „Eigentlich habe ich drei Geschäfte in einem. Morgens verkaufen wir Backwaren aus der Backtheke. Dazu das absolut tolle Brot von Stefan Anstadt, das unserm Haus Glanz gibt. Das hat unser hohes Niveau noch höher gebracht. Mein Kerngeschäft bleibt aber mein Sandwichkonzept. Und ab 16 Uhr gibt es dann bis 22 Uhr Pizza und Flamm."
Ein paar Tage später ging ich nachmittags nochmals in der Sandwicherie vorbei. Ich wollte den empfohlenen Flammkuchen mit Munsterkäse mal probieren. Es ergab sich erneut ein unterhaltsames Gespräch mit Michel Bruch. „Unsere Lage hier ist perfekt. Viele fahren hier vorbei, nicht nur zur Universität. Und unser Vorteil ist, dass jeder kurz vorm Haus anhalten kann. Nach der Arbeit kommen viele Nachbarn vorbei, um sich einen Salat oder Flammkuchen mit nach Hause zu nehmen. Unsere Produkte sind zu 80 Prozent regional. Die Crème fraîche für die Flammkuchen kaufe ich allerdings in Frankreich. Sie ist leichter, hat eine andere Struktur. Das gibt einen anderen Geschmack. Ebenso kaufe ich den Senf drüben, dort bekomme ich den richtigen für unsere Joghurt-Mayonnaise."
Ab 17 Uhr liefert Bruch Pizzen und Flammkuchen auch nach Hause. Allerdings nur im Umkreis von fünf Minuten. „Damit unser Produkt knusprig und heiß nach Hause kommt. Ich lege da Wert auf Qualität und Präsentation. Wir haben vier französische Studentinnen, die haben das richtige Gefühl für gutes Essen. Sie bringen nicht nur einfach ein Paket nach Hause. Wenn man die Tür öffnet, stehen sie da, hell bekleidet. Man kriegt doch sonst Angst, wenn jemand im Dunklen mit dunklen Kleidern vor einem steht. Und sie erklären genau, was sie liefern. Mit einem Lächeln."
Bestellt jemand von weiter weg, muss er seine Pizza abholen kommen. Nicht ganz fertig gebacken, der Kunde muss sie noch mal zuhause in seinen Ofen schieben. Etwa vier Minuten. Und dann mmh ...