Manch einer hat weiterhin ein klassisches Telefonier-Handy in der Tasche oder ein Smartphone der ersten Generation, das immer noch „hält". Einfach zu bedienen, elegant und nicht zu neugierig sollten deren Nachfolger für Technik-Zauderer sein. Die Gigaset GS370 (Plus)-Modelle und das Huawei Mate 10 lite treten an, auch neuen Zielgruppen mit Trendmerkmalen Freude zu bereiten.
Höchste Zeit für einen Vergleich der neuen Flaggschiffe im bezahlbaren Mittelklasse-Segment. Hier will man bei Gigaset High-End-Funktionen für knapp unter 300 Euro (ab 279 Euro) mitliefern. Bei Huawei lässt sich mit der Mate-10-lite-Version (Listenpreis für 64 GB: 399 Euro, Angebote ab 299 Euro), die abgespeckter Variante des Mate 10 Pro, Ähnliches erreichen.
Beide Smartphones liegen angenehm in der Hand, haben abgerundete Ecken, sind gut zu umgreifen und mit einer Hand zu bedienen. Sie passen trotz ihres XXL-Umfangs von nahezu sechs Zoll gut in die Hosentasche. Allerdings nur bei Männern, Frauen müssen zum Smartphone-Transport sowieso auf andere Taschen zurückgreifen, wenn sie kein Herausrutschen aus den Mini-Textilfächern riskieren wollen.
Beide Hersteller verwenden Aluminium-Metallgehäuse. Gigaset wählt das hochklassige Material erstmals. Der Made-in-Germany-Hersteller liefert das tabletflache Telefon in mattem Schwarz oder hübschem Blau (nur in der Plus-Variante), Huawei zudem in Gold. Die Displays der Mate- und GS-Smartphones sind augenfreundlich groß, mit fast rahmenloser Optik. Ein sehr aktuelles Feature, das von hochpreisigen High-End-Geräten übernommen wurde. Ebenso andere feinfühlige Merkmale, wie Magnetometer- und Gyroskop-Sensoren, um zu navigieren oder mit „Kippeln" zu spielen. Andere Sensoren registrieren Beschleunigung, Näherung und Helligkeit. Der Fingerabdrucksensor bietet bei den Gigaset-Geräten über die Multifunktionen wie Scrolling und Fotografieren hinaus die Möglichkeit, dass sich bis zu fünf Familienmitglieder in ihr persönliches Smartphone-Szenario mit ihren jeweiligen Fingerabdrücken einloggen.
Das Gigaset-Mobilphone (151 x 72 x 8,2 Millimeter) ist mit 145 Gramm und 5,7 Zoll etwas dünner, zierlicher und leichter als das Mate lite von Huawei (5,9 Zoll, 156,2 x 75 x 7,5 Millimeter, 164 Gramm), was beispielsweise fürs längere Halten beim digitalen Zeitungs- und Bücher-Lesen überraschend deutlich angenehmer ist. Angesichts von komfortabler Optik und Haptik des XXL-18:9-Displays mit HD+-Auflösung bekommt man einen ersten Eindruck davon, wie Gigaset seine postulierte Annäherung ans Highend-Segment zu Mittelklasse-Preisen knapp unter 300 Euro mit sinnvollen Features umsetzt. Etwas „huddelige" Youngsters empfinden allerdings das minimal schwerer und fester in der Hand liegende Mate lite als zuverlässigeren Smarte-Welt-Gefährten, der sie nicht so leicht verlässt.
Versehentliches Fallenlassen sollte dem GS370 (Plus) nicht gleich etwas ausmachen: Die Designer aus dem Haus Gigaset haben für ihre Eigenkreation extra robustes, kratzfestes, schmutzabweisendes, transparentes Glas gewählt, ähnlich dem Gorilla-Glas. Ein Display-Material, das in besser nicht nachzuahmenden Tests auch Stürze aus 80 Metern Höhe überstanden haben soll. Das Display wurde extra nicht zu groß ausgelegt, um so die Zerbrechlichkeit und Energieaufnahme herabzusetzen, dadurch auch mit einem flacheren Akku auszukommen. Das augenfreundliche IPS-Display von Huawei wird mit einer unauffälligen Schutzfolie geliefert, wodurch es im normalen Alltagsgebrauch kaum staub- und wassertropfenanfällig ist.
Reichlich Raum zum Speichern
Wahre Größe beweisen Gigaset GS370 (Plus) und Huawei Mate lite 10 in der Ausgestaltung der Foto-Features, die manchen bisherigen Smartphone-Verweigerer mit den steten Begleitern versöhnen dürften. Zumal Fotoexperten wie Leica noch im Sommer monierten, dass es keine echten Kamera-Smartphones, die für Fotografen taugen, gebe. Zu hoffen ist, dass Gigaset beim Ausbau der Bildaufnahme-Optionen bleibt und für künftige Smartphone-Entwicklungen nicht auf jene hört, die nur eingeschränkte Fotofunktionen wünschen, um eventuelle Fehler beim schnellen Knipsen zu vermeiden. Derartigen Ängsten wird aktuell mit intuitiver Bedienung, klassischen Fotofunktionen sowie smarten Bildgestaltungsneuerungen bei den Dual-Kamera-Handys beider Hersteller gegengesteuert.
Huawei Mate-10-lite-Nutzer freut, dass ihr Smartphone im Gegensatz zum doppelt so teuren, großen Bruder Mate 10 Pro und zum Gigaset auch an der Vorderseite mit einer Dualkamera ausgestattet ist. Huawei fährt auch bei der lite-Variante mit 2.160 x 1.080 Pixeln in Full HD+ auf. Für den sogenannten Bokeh-Effekt lässt sich der Fokuspunkt mit der Hauptkamera auch im Nachhinein verändern und anpassen. Gemeint ist damit die sahneweiche Unschärfe hinter dem Hauptmotiv. Die Daten der hinteren Dualkamera: 16 Megapixel (MP), Phasenvergleich-AF, LED-Blitz, Videos mit 1.080p (Hauptkamera); 2.0 MP, Tiefenschärfe (Zweitkamera). Die Dualkamera vorne verwöhnt mit 13 MP, LED-Blitz, Videos mit 1.080p (Hauptkamera); 2.0 MP, Tiefenschärfe (Zweitkamera). Die Aufnahmen werden scharf, das Display leuchtet hell. Spontan bei schönen Ausflügen, netten Alltagsintermezzi, tollen Sonnenuntergängen oder einem Konzertbesuch das Smartphone ziehen und dann tatsächlich akzeptable bis begeisternde Bilder im Speicher haben – das macht nicht nur beim Testen Spaß.
Beim Spaziergang mit dem Gigaset-Spitzengerät (Auflösung 1.440 x 720 Pixel (HD+), 16,7 Millionen Farben, 282 PPI) lässt sich beim Selfie-Aufnehmen zugleich das gegenüberliegende Panorama fotografieren und dann beide Bilder für eine interessante Situations-Perspektive ineinander montieren. Das GS370 (Plus) verfügt nicht nur über eine noch eher seltene Panorama-Funktion. Zudem steuert es klar in Richtung Action-Cam: Zeitlupe und ähnliche Spezialfunktionen werden beispielsweise genutzt, wenn das Smartphone zur Aufzeichnung ans Fahrrad gesteckt wird oder wenn Aufnahmen von Autofahrten zu Dokumentationszwecken erstellt werden. Beide GS370-Smartphones offerieren als rückwärtige Hauptkamera ein Dual-Kamera-System, das eine 13-Megapixel-Kamera mit f/2.0-Blende mit einer Acht-Megapixel-Kamera mit 120-Grad-Weitwinkel kombiniert. Der Bokeh-Effekt wird von der App berechnet. Die Frontkamera ist mit einem Fünf- (GS370) beziehungsweise Acht-Megapixel-Sensor (GS370 Plus) ausgestattet. Hübsch ist, dass sich Fotos bei Gigaset mithilfe der Gestensteuerung auch durch ein Lächeln auslösen lassen. Gigaset und Huawei bieten in den neuen Geräten reichlich Raum zum Speichern: wahlweise 32 oder 64 Gigabyte (GB) beim GS370 beziehungsweise GS370 Plus, und 64 GB beim Mate lite. Außerdem Slots, in die bis zu 128 GB (Gigaset) oder bis zu 400 GB (Huawei) fassende Speicherkarten als zusätzliche Datenlager eingesteckt werden. Der Smartphone-Hersteller aus Deutschland denkt dabei an Nutzer, die sowohl eine berufliche als auch eine private SIM-Karte und auch noch eine Datenspeicher-Karte unterbringen müssen: Es gibt insgesamt drei Einschubfächer beim GS370 und beim GS370 Plus, beim chinesischen Huawei zwei. Die Arbeitsspeicher von vier GB sind beim GS370 Plus und beim Mate 10 lite gleich groß. Auch setzen beide Hersteller auf Octa-Core-Prozessoren.
Im Alltagstest stellten weder jüngere, noch im Berufsleben etablierte Nutzer irgendwelche Leistungsmängel mit diesen Ausstattungen fest. Ausgeliefert mit dem Betriebssystem Android 7.0, peilen Gigaset wie Huawei an, im kommenden Frühling auf Android 8.0 upzudaten. Einen wichtigen Unterschied gibt es dabei. Raphael Dörr, Kommunikationschef bei Gigaset: „Wir setzen auf Android pur, damit haben wir eine bessere Performance als bei angepassten Betriebssystemen."
Laden ohne Kabel noch kein Thema
Für unkompliziertere Updates wolle man keine vorinstallierten Apps mehr verbauen, den Kunden nicht mit Werbe-Apps überfluten. Das Huawei Mate 10 lite hingegen hat mehr vorinstallierte Apps als sonst üblich. Diese sind aber leicht zu entfernen und decken auch diejenigen Anwendungen sozialer Netzwerke ab, die sich digital Natives ansonsten sowieso herunterladen würden. Nett gemeint, aber ein Feature, das bei jüngeren Nutzern nicht so gut ankommt, sind die beim Mate 10 lite wie auch bei den GS370 (Plus) unten angebrachten Lautsprecher, die flach aufgelegt auf den Tisch nicht verstellt werden. Beim Mate lite ist sogar der Klinkenanschluss für Kopfhörer unten: Beim Joggen mit Musik steht das Smartphone in der Hosentasche auf dem Kopf und verwirrt den anders geprägten Nutzer beim schnellen Bedienen. Laden ohne Kabel ist beim Mate 10 lite wie bei den GS370-Mittelklasse-Smartphones derzeit kein Thema: Schließlich wollen die 1.000-Euro-Smartphone-Käufer den 300-Euro-Handys noch ein paar Kleinigkeiten voraushaben. Auch der vorauseilende Gehorsam und Service durch extra viel Künstliche Intelligenz (KI) im Korpus fehlt den Mittelklässlern. Doch auf diese genau registrierenden, vom Nutzer dazulernenden IT-Attribute verzichten bewusste Hüter der eigenen Daten oft noch gerne.
Fazit: Die Gigaset Flaggschiffe GS370 sowie GS370 Plus und das Huawei Mate 10 lite sind sich in ihren (Highend)-Komfort-Attributen ähnlich und durchaus ausreichend für einen erfüllten, genussvollen 24-Stunden-Smartphone-Tag, inklusive Arbeiten, Video-Streamen, Lesen, Fotografieren, Filmen und Spielen.
Beide machen etwas her und liegen (fast) rahmenlos im Trend. Für jüngere Digital Natives ist das Huawei Mate 10 lite der passendere Partner, für Tech-Zögerer, die dann aber gleich etwas Tolles wollen, das vertraute Gigaset, das auch im Smart Home mithilft.