Dampfhammer-Rhetorik und Drohkulissen: Ein Jahr US-Präsident Donald Trump.
Am 20. Januar ist Donald Trump genau ein Jahr lang Präsident der USA. Mehr als 2.000 Tweets hat er in dieser Zeit in das digitale Universum gejagt. Emotionale Torpedos, die mal vor Beleidigungen, mal vor Seht-her-wie-toll-ich-bin-Bekenntnissen strotzen.
Kaum ein Tag, an dem Trump nicht Gift und Galle gegen ein Heer von selbsternannten Feinden spuckt: mexikanische Einwanderer, chinesische Billiglohn-Unternehmen, „Fake News“-Medien, das politische Establishment, Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un und viele andere mehr. Wut und Aufgeregtheit, aber auch überschwängliches Lob – vor allem für sich selbst – sind die Schmiermittel seines Seins.
Trump lechzt nach Anerkennung und Bewunderung. Sein Selbstbild ist mit Superlativen verziert. „Ich bin der größte Job-Produzent, den Gott jemals erschuf“, ließ er die Welt vor seinem Amtsantritt wissen. „Ich bin die am wenigsten rassistische Person, die Sie je interviewt haben, das kann ich Ihnen sagen“, prahlte er am vergangenen Sonntag vor Journalisten. Er setzte sich damit gegen Rassismus-Vorwürfe zur Wehr. Trump soll zuvor in einer Sitzung mit Abgeordneten und Senatoren Haiti, El Salvador und afrikanische Staaten als „Drecksloch-Länder“ bezeichnet haben.
Sein ehemaliger Chef-Stratege Steve Bannon hat Trump als „einfache Maschine“ beschrieben. In Michael Wolffs gerade erschienenem Bestseller „Feuer und Zorn“ sieht Bannon beim Präsidenten einen „Einschaltknopf der Schmeichelei“ und einen „Ausschaltknopf der Verleumdung“. Dies liege in der Verkäufernatur des früheren New Yorker Immobilienmoguls begründet. Bannon deutet Trump in dem Buch folgendermaßen: „Sein strategischer Glaube bestand darin, dass es völlig in Ordnung war, einem Interessenten ein Produkt in den höchsten Tönen anzupreisen. Aber wenn der Kunde nicht anbiss, war es auch völlig in Ordnung, ihn oder sie mit Verachtung und Prozessen zu überziehen.“
Sein Weltbild holt sich der Präsident aus ihm genehmen TV-Sendern wie Fox News. Der Autor Wolff und andere kolportieren, dass er seinen Tag um sechs Uhr mit dem Hofberichterstattungs-Programm „Fox & Friends“ beginnt. Danach zappt er sich durch die Kanäle. Zwischendurch twittert er, seine ersten Termine werden auf elf Uhr gelegt.
Trump bewegt sich in einer hausgemachten Tele-Realität, aus der er den Stoff für seinen Schwarz-Weiß-Kosmos bezieht. Er biegt sich die Dinge so zurecht, dass sie zu seinen Behauptungen passen. Politische Prozesse und Konzepte sind ihm fremd – was nicht verwundert, da er nur über eine geringe Aufmerksamkeitsspanne verfügt.
Die Bilanz des Präsidenten ist daher äußerst bescheiden. Viele der großspurigen Versprechen wurden nicht eingelöst: Das betrifft sowohl die Grenzmauer, für die die Mexikaner Milliarden Dollar zahlen sollten, als auch den strikten Einreisebann für ausgewählte muslimische Länder oder das Aus für die unter Barack Obama eingeführte Krankenversicherung. Stattdessen hat Trump mit seiner Tirade gegen die Nato wichtige Partner der USA vor den Kopf gestoßen und die Welt mit seinem Ausstieg aus dem Klimavertrag brüskiert.
Dampfhammer-Rhetorik, verbale Muskelspiele und Drohkulissen: Damit kennt sich der Präsident aus. Seine Basis schwört auf den provokanten Auftritt und die schrille „Make-America-Great-Again“-Phraseologie. Es ist die Sehnsucht nach der Vergangenheit mit den vermeintlich einfachen Lösungen – nach der Ära der 50er- und 60er-Jahre, in der die USA in Wirtschaft, Politik und Militär den Ton angaben. Diese Zeiten sind vorbei. Trump arbeitet mit einem rosaroten Nostalgie-Gemälde. Dennoch bleibt festzuhalten, dass er damit eine vagabundierende Grund-Unzufriedenheit in der amerikanischen Gesellschaft kanalisiert.
Einzig mit seiner Steuerreform kann der Präsident ein greifbares Ergebnis vorweisen: Firmen werden dramatisch entlastet, die Unter- und Mittelschicht bekommt ein paar Bonbons. Das verleiht der Wirtschaft neuen Schub. Die Aktienmärkte jagen von einem Rekordstand zum nächsten. „Mehr Jobs, mehr Wohlstand“, jubelt die Propaganda-Maschinerie des Weißen Hauses. Dass viele neue Stellen schlecht bezahlt sind, blenden die regierungsamtlichen PR-Strategen ebenso aus wie das astronomisch anwachsende Staats-Defizit. Die Botschaft des Ich-Präsidenten muss einfach und eingängig sein.