Im Südosten Venezuelas stürzen die Wassermassen fast einen Kilometer von einem Tafelberg in die Tiefe. Weltrekord! Benannt wurde der Salto Ángel oder Angel Falls nach seinem Entdecker: Jimmie Angel.
Am 18. November 1933 entdeckte der amerikanische Abenteurer Jimmie Angel auf der Suche nach Gold beim Überfliegen der bis dahin völlig unerforschten Gran-Sabana-Hochebene im Südosten Venezuelas einen geradezu gigantischen Wasserfall. Bei der genauen Vermessung durch die amerikanische Fotojournalistin Ruth Robertson im Jahr 1949 wurde die Fallhöhe des Wasserfalls auf 979 Meter samt einer Einzelfallstufe von unvorstellbaren 805 Metern taxiert.
Immer noch einsamer Weltrekord, „eine Kaskade, die aus dem Himmel stürzt", wie es der von seiner Entdeckung selbst hellauf begeisterte Jimmie Angel formulieren sollte. Oder gar ein „achtes Weltwunder", wie der auf Erlass der Regierung in Caracas „Salto Ángel" getaufte Wasserfall bald von enthusiastischen Wissenschaftlern genannt wurde. Im englischen Sprachraum wurde Angel Falls gebräuchlich, bei den hier noch immer lebenden Ureinwohnern, den Pemón-Indianern, wird er seit jeher als Kerepakupai Merú (Ort des tiefsten Sprunges) bezeichnet.
Der Wasserfall ist eine der Hauptattraktionen des Nationalparks Canaima, der 1994 von der Unesco zum Weltnaturerbe erklärt wurde. Er wird gespeist vom Río Churún, dessen Fluten sich von einem Vorsprung des Auyan-Tepui, einem bis zu 2.535 Meter hohen, aus dem tropischen Regenwald herausragenden Tafelberg, eine schroffe Steilwand hinunter in mannigfachen Gischtwolken ergießen.
Die Anreise zu dem mitten im Urwald liegenden Naturwunder ist auch heute noch sehr aufwendig. Mit Hilfe von kleinen Cessnas werden die Reisenden von Ciudad Bolívar nach Canaima geflogen, der einzigen nennenswerten Siedlung im Umkreis von Hunderten von Kilometern. Hier werden Rundflüge angeboten, bei denen man den Salto Ángel nur mal eben kurz von oben in Augenschein nehmen kann. Aber die meisten Touristen möchten natürlich den Wasserfall hautnah erleben. Wofür sie zunächst ein elektrisches Einbaumboot besteigen müssen, mit dem sie über Stromschnellen durch den eindrucksvollen Nationalpark transportiert werden. Das letzte Stück des Weges muss zu Fuß zurückgelegt werden. Als Belohnung öffnet sich der Dschungel nach eineinhalb Stunden mit einer Lagune mit rot-braun gefärbtem Wasser und dem tosenden Wasserfall.