Am 4. Februar gastiert in der Luxemburger Philharmonie ein echter Weltstar. Nana Mouskouri, die unangefochtene Grande Dame des populären Liedes, besucht das Großherzogtum.
Forever Young" („Für immer jung") ist die Tour überschrieben, und dieser Titel scheint Mouskouri wie auf den Leib geschneidert. Bis heute nämlich hat die mittlerweile 83-jährige Sängerin offenkundig nichts von dem künstlerischen Engagement und der musikalischen Vitalität eingebüßt, die sie schon immer ausgezeichnet haben. Steht sie auf der Bühne, zieht sie das Publikum wie eh und je in ihren Bann und lässt es teilhaben an den Empfindungen, die sie selbst aus der Musik gewinnt. Und genau dies war schon immer Mouskouris erklärtes Ziel gewesen – ihre Emotionen mit jenen Menschen zu teilen, für die sie singt.
Mit dem Konzert in Luxemburg schlägt die Künstlerin einen Bogen zurück in die Anfangsjahre ihrer Laufbahn, denn schon 1963 hatte sie das Land beim Grand Prix Eurovision vertreten. Zwar erreichte ihr Beitrag damals nur einen für sie enttäuschenden achten Platz, zufälligerweise aber hatte Harry Belafonte ihren Auftritt gesehen, und bald schon lud er die Interpretin zu einer gemeinsamen Tournee durch die USA und Kanada ein. Diese sollte sich als ganz entscheidender Schritt auf dem fulminanten Siegeszug erweisen, der Mouskouri fortan rund um den Globus führte. In unzähligen Ländern der Erde hat sie bei Konzerten ihre Fans begeistert, und selbst dort, wo man sie nicht persönlich erleben konnte, ist sie mit ihrer Musik oft eine feste Größe.
Sprachliche Barrieren scheint die Künstlerin dabei nie gekannt zu haben. Gängige Sprachen sind ihr ohnehin geläufig und aus ihrem umfangreichen gesanglichen Repertoire auch gar nicht wegzudenken. Aber selbst weniger bekannten Idiomen stellt sie sich, wenn sie damit ihr Publikum erreichen kann. So staunte auch die Vizepräsidentin Vietnams einmal nicht schlecht, als Mouskouri mit ihr gemeinsam eine traditionelle vietnamesische Weise anstimmte. Vielleicht ist es neben ihrer außerordentlichen musikalischen Begabung gerade auch diese Offenheit anderen Menschen und fremden Kulturen gegenüber, die ihre außergewöhnliche Weltkarriere befördert haben.
Die Herzen der Deutschen erobert
Den eigentlichen Anfang hat Mouskouris internationale Popularität einst in Deutschland genommen, in jenem Land, das in ihrer Jugend soviel Unheil über ihre griechische Heimat gebracht hatte, dem sie sich nach eigener Aussage aber trotz allem in ganz besonderer Weise verbunden fühlt. Mit „Weiße Rosen aus Athen" hatte sie 1961 die Herzen der Deutschen im Sturm erobert, und binnen kürzester Zeit wurden von dem Lied mehr als eine Million Platten verkauft. Die dafür verliehene Goldene Schallplatte war die erste von mittlerweile mehr als 300 Goldenen, Platinen und Diamantenen Schallplatten weltweit.
Nach Madonna gilt Mouskouri heute als die erfolgreichste Sängerin überhaupt. Dabei war ihr der überragende Erfolg keineswegs in die Wiege gelegt. In Chania auf Kreta geboren wuchs sie als Tochter eines Filmvorführers in Athen auf. Dort erlebte sie die Gräuel der deutschen Besatzung Griechenlands, und auch die Auswirkungen des darauf folgenden griechischen Bürgerkrieges blieben ihr nicht verborgen. Überdies wurde das Familienleben der Mouskouris von der Spielleidenschaft des Vaters überschattet, so dass häusliche Streitigkeiten und finanzielle Nöte keine Seltenheit im Alltag der kleinen Nana und ihrer zwei Jahre älteren Schwester waren. Bei alldem aber entwickelte sie schon früh eine tiefe Leidenschaft für das Kino und die Musik, und als sie älter wurde, reifte in ihr zusehends der Wunsch Sängerin zu werden. Ihre Begabung ermöglichte Mouskouri schließlich die Aufnahme ins Athener Konservatorium, und rasch galt sie dort als durchaus vielversprechendes Talent. Auf wenig Verständnis allerdings stieß bei ihren der Klassik verschriebenen Lehrern ihre Liebe zum Jazz und zur „einfacheren" Musik, der sie neben ihrem Studium nun zunehmend bei Auftritten in Nachtclubs und Tavernen nachging. Da sie damit nicht aufhören wollte, wurde sie vom Konservatorium schließlich ohne Abschluss entlassen.
Was folgte, war die wohl schicksalhafteste Begegnung ihrer ganzen Karriere. Manos Chatzidakis, neben Mikis Theodorakis der zweifellos wichtigste und wegweisendste griechische Komponist des 20. Jahrhunderts, war auf Mouskouri aufmerksam geworden und bot ihr eine Zusammenarbeit an. Dritter im Bunde wurde schnell der Dichter Nikos Gatsos, der mit seinen Liedtexten die griechische Musik bis heute nachhaltig beeinflusst und geprägt hat. Er sollte bis zu seinem Tod 1992 auch einer der wichtigsten und treuesten Freunde Mouskouris bleiben. Mit Chatzidakis zusammen feierte die Künstlerin nicht nur in Griechenland ihre frühesten großen Erfolge, mit seiner Musik betrat sie erstmals auch die internationale Bühne. Chatzidakis hatte nämlich den Soundtrack für den Dokumentarfilm „Traumland der Sehnsucht" des Regisseurs Wolfgang Mueller-Sehn geschrieben, dessen Lieder von Mouskouri auf Griechisch gesungen wurden. Nach dem Erfolg des Films auf der Berlinale 1961 nahm sie zwei der Titel dann aber auch auf Deutsch auf, eines davon mit dem Titel „Weiße Rosen aus Athen".
Karriere mit Vielfalt an Musikrichtungen
Auf eine bestimmte Musikrichtung ließ Mouskouri sich in den vielen Jahrzehnten ihrer Karriere niemals festlegen, und so hatte sie wegen ihrer Leidenschaft für den Jazz und die „Unterhaltungsmusik" einst ja schon das Konservatorium verlassen müssen. Ihr Publikum dagegen dankt der Sängerin ihre Vielfalt aus populären Liedern, Jazz und Klassik. Und gerade, wenn sie ihre großen Klassiker wie beispielsweise „Hartino to fengaraki" („Papiermond") anstimmt, eines der schönsten Lieder, die Chatzidakis und Gatsos jemals gemeinsam geschrieben haben, trägt sie ihre Zuhörer in eine andere Welt. Mühelos gelingt es ihr, in einem solchen Augenblick die einzigartige Macht der Musik offenbar werden zu lassen.