Rochus Misch war der letzte Mann im Führerbunker. Er erlebte den Untergang des Dritten Reichs als Funker und Telefonist. In der Nacht zum 3. Mai 1945 schaltete er den Bunker ab, nachdem die NS-Führung geflohen war oder sich umgebracht hatte. Im März 2005 gab Misch dieses Interview, am 5. September 2013 starb er.
Herr Misch, Sie saßen beinah ein Vierteljahr lang mit der NS-Führung im Bunker in Berlin Mitte. Sie waren auch in den letzten Stunden unmittelbar dabei – wie haben Sie den Selbstmord von Adolf Hitler in Erinnerung?
Der Führer hat sich bei uns nachmittags [am 30. April 1945] verabschiedet und gesagt, er möchte jetzt mit Eva nicht weiter gestört werden. Es war mucksmäuschenstill, jeder im Bunker flüsterte nur. Das ging ein bis zwei Stunden so, und dann rief einer: „Ich glaube, es ist so weit!" Der hatte den Schuss gehört. Und als dann die zweite Tür zu seinem Arbeitszimmer aufging, konnte ich ihn sehen: Da saß Hitler eingebrochen am Tisch und Eva auf dem Sofa mit dem Kopf zu ihm.
Wann war denn Adolf Hitler persönlich klar, dass der Krieg endgültig verloren war?
Am 22. April hat Hitler alle entlassen. Er bleibt hier in Berlin, der Krieg ist zu Ende, und alle sollen gehen – bis auf die, wo es sich nicht anders machen lässt, und das waren wir: Der Hentschel, der sorgte für Licht, Luft und Wasser und ich für den Kontakt nach außen mit dem Telefon und Fernschreiber.
Der Bunker leerte sich, aber es soll dann noch Kontakt zu den West-Alliierten von Berlin aus gegeben haben?
Ja, die West-Alliierten sind drauf eingegangen. Aber wir sollten Berlin noch drei Wochen halten und das ging nicht mehr. Das haben sie sich zu spät überlegt, was zu machen ist. Das weiß man ja, US-General Herr Patton, der hat ja gesagt: „Was interessiert mich dieser Hitler, wir müssen nach Osten, nach Moskau weiter!" [Anm.: Dies wurde von verschiedenen US-Zeitzeugen ebenfalls berichtet, konnte aber nie bewiesen werden.]
Wie sah das Ende im Führerbunker aus?
Goebbels kam am 2. Mai zu uns und sagte: „Wir haben verstanden zu leben, dann werden wir auch verstehen zu sterben. Sie können jetzt hier Schluss machen." Das war die Entlassung von Goebbels. Und ich hab’ dann alles zerstört, alles völlig zerstört, und bin dann hin zum Hentschel und hab’ gesagt: „Wir sind nicht mehr erreichbar." Dann sind wir vom Bunker direkt in den U-Bahn-Tunnel gestiegen und von da unter den sowjetischen Linien nach Süden. In Neukölln haben die Russen uns dann geschnappt und ab in die Gefangenschaft."