Eine Begegnung mit dem legendären südafrikanischen Bischof Desmond Tutu hat ihn geprägt. Der Rechtsanwalt Harald Cronauer setzt sich mit seiner Quierschieder Stiftung DHC in Afrika und im Saarland für Bildung und Konfliktprävention ein. Aktuelles Großprojekt ist die Renovierung eines einsturzgefährdeten Schulgebäudes im Kongo.
Gebannt richten sich die Augen von zwei Dutzend Kindern auf den Mann in seinem prachtvollen gelb-braunen Gewand. So voller kraftvoller Farben, Formen und Muster seine Kleidung ist, so rhythmisch, beschwingt und laut schlägt Max Bousso mit seinen flachen Händen auf die Trommel vor sich ein. Mit Begeisterung tun es ihm die Grundschüler aus Fischbach, Göttelborn und Umgebung nach, und von Minute zu Minute werden sie sicherer auf ihren bunten Instrumenten, die sie zuvor selbst gebastelt haben. Mit jedem Schlag sind die Nachwuchstrommler ein Stück mehr im rhythmischen afrikanischen Takt. Der Einsatz der insgesamt rund 60 anwesenden Kinder und der mehr als 50 freiwilligen Helfer weckt Begeisterung bei Pater Floribert Malemo, dem Leiter des College Mwanga Goma in der Demokratischen Republik Kongo. Seine Schule ist akut vom Einsturz bedroht, und das Geld, das an diesem Tag im Saarland eingenommen wird, kann Malemo mit nach Afrika nehmen, um seine Lehranstalt zu renovieren.
„Trommeln für Afrika“ hieß das Motto zum zehnjährigen Bestehen der DHC-Stiftung. DHC steht für „Dir Hilft Christus“ und ist das Lebenswerk des früheren Managers Dr. Harald Cronauer. Der 60-jährige Jurist war in den 90er-Jahren Landesvorsitzender der FDP und 20 Jahre lang in verschiedenen Positionen beim größten Grobblechwerk Europas, der Dillinger Hütte, tätig, zuletzt bis 2004 als Finanzvorstand. Als sich sein 50. Geburtstag näherte, wollte Cronauer nicht bloß eine schöne Feier ausrichten, sondern etwas Bleibendes schaffen. Am 4. Dezember 2006 gründete er deshalb die gemeinnützige Stiftung, die sich sowohl regional als auch international dem Ziel verschrieben hat, Völkerverständigung und Friedenssicherung zu fördern. Die Stiftung unterstützt einschlägige Initiativen und Forschungsprozesse und finanziert Stipendien. So werden zurzeit mehr als 30 bedürftige Kinder in Afrika mit Patenschaften unterstützt, die über die gesamte Schulzeit laufen. „Nur durch unsere Unterstützung erfahren sie Bildung und damit eine Zukunft in ihrem Heimatland“, sagt Cronauer. „Sie sollen in verantwortungsvolle Berufe gelangen, um später zu Konfliktlösungen in ihren Heimatländern beizutragen.“
Mehrere Aufenthalte in Südafrika waren es, die bei ihm vor mehr als zehn Jahren einen tiefen Eindruck hinterließen und zur Initialzündung für die Stiftungsgründung wurden. Dieses Land war jahrzehntelang von der Apartheid-Rassentrennung gezeichnet. Es kam zu Folter, Verschleppung und Mord. Für Menschen wie den schwarzen Freiheitskämpfer Nelson Mandela, der bis 1990 mehr als 27 Jahre lang in Haft gesessen hatte, wäre es naheliegend gewesen, nach dem Ende der weißen Herrschaft auf Rache zu sinnen. Doch Mandela und der charismatische anglikanische Erzbischof von Kapstadt, Desmond Tutu, setzten vielmehr auf Versöhnung statt auf Rache und Vergeltung. Mit ihrer Wahrheits- und Versöhnungskommission, bei der die Opfer der Apartheid eine Stimme bekamen, setzten sie internationale Maßstäbe in der Konfliktlösung. Cronauer, der Tutu damals persönlich begegnete, erinnert sich noch genau an die Freude auf den Gesichtern von Opfern wie Tätern, die er in Südafrika wahrnahm. „Diese Versöhnung ist Feindesliebe. Sie führt zur Befreiung, zum Neuanfang im Leben und damit allein zur endgültigen Überwindung eines Konfliktes“, erklärt der Stifter.
Was Harald Cronauer antreibt, was nach seinen Worten die Basis seines Handelns ausmacht, ist sein persönlicher Glaube an Christus. Der Katholik engagiert sich seit fast 20 Jahren in seiner Seelsorgeeinheit vor Ort, wo er Pfarreiratsvorsitzender ist. Auf dem klassischen Jakobsweg in Spanien habe er täglich lernen dürfen, „dass wahres Leben im Vertrauen auf Jesus gelingt“, so Cronauer, der im Neuen Testament eine „Gebrauchsanweisung“ sieht: „Christus lehrt und verlangt als einziger die Feindesliebe. Damit begründet er das Ziel der Stiftung.“
Doch wie passt das Motto „Dir hilft Christus“ zu all dem Elend in vielen afrikanischen Ländern? „Natürlich gibt es viel Elend, Armut und Hunger auf dieser Welt“, räumt Cronauer ein. „Aber wenn man die Ursachen dafür hinterfragt, so stellt man doch meist fest, dass menschliches Handeln ursächlich ist“. Deshalb gelte es, zu helfen – vor allem, weil es manchmal nur recht wenig brauche, um einen jungen Menschen glücklich zu machen. Ein Beispiel ist Nicolas aus dem südafrikanischen Kapstadt, der erste und damit älteste von der Stiftung unterstützte Schüler. Er besucht seit Oktober 2015 aufgrund eines Stipendiums der DHC-Stiftung das St. Joseph’s Marist College, eine katholische Privatschule. „Nicolas entwickelt sich großartig und seine Mutter engagiert sich vor Ort als Vertreterin für die DHC-Stiftung“, berichtet Cronauer. Die Südafrikanerin habe Kontakte zu Partnerorganisationen aufgebaut, um den Kurs „Konflikte fair lösen“ in Kapstadt zu vertiefen. Es sei geplant, weitere Kinder zu unterstützen und die Zusammenarbeit mit dem St. Joseph’s Marist College im Hinblick auf die Konfliktprävention auszuweiten.
Patenschaft kostet 200 Euro im Jahr
Zu den aktuellen Hauptprojekten zählen die rund 140.000 Euro teure Renovierung des massiv einsturzgefährdeten Schulgebäudes in Goma sowie die Unterstützung armer, aber begabter Kinder im College Mwanga im Kongo und des St. Joseph’s Marist College in Kapstadt, Südafrika. Konfliktprävention steht nicht nur auf dem Schwarzen Kontinent, sondern auch in saarländischen Grundschulen auf dem Programm. Im Rahmen einer Partnerschaft zwischen der Grundschule Fischbach/Göttelborn und dem College Mwanga tauschen die Kinder französischsprachige Briefe aus und pflegen Freundschaften. Der mehrwöchige Kurs „Konflikte fair lösen“ soll den saarländischen Schülern mehr Selbstbewusstsein und Fähigkeiten im Umgang mit Konflikten vermitteln. Das Illinger Unternehmen „proWIN international“ hat die Schulpartnerschaft mit einem Preisgeld von 10.000 Euro prämiert.
Wie für fast alle Stiftungen, die ihre Ausgaben in der Regel aus den Zinserträgen bestreiten, ist für DHC der jahrelange Niedrigzinssatz auf das Anlagevermögen eine Herausforderung. Cronauer betont, dass man rechtzeitig alternative Anlagen getätigt habe und verstärkt auf das Einwerben von Spenden Dritter setze. „In den letzten Jahren ist es gelungen, Mehrspenden in Höhe von rund 30.000 Euro pro Jahr zu erhalten, wofür die Stiftung den Spendern sehr dankbar ist.“
2016 hat die Stiftung zudem ihre Internetpräsenz auf Facebook und Twitter verstärkt und sich auf der Projektseite betterplace.org präsentiert. „Dort kann man sich bislang über drei unserer Projekte informieren und direkt über einen Button Spenden für das jeweils gewünschte Projekt tätigen“, erklärt Projektleiterin Nina Forler. Eine besondere Aktion, die sich vor allem an Firmen richtet, ist die Aktion „Schenken durch Spenden“. Dabei spenden Firmen einen gewissen Betrag, woraufhin ein Klassenzimmer oder eine ganze Etage einer renovierungsbedürftigen afrikanischen Schule nach ihr benannt wird. Forler hebt hervor: „Eine Patenschaft im Kongo kostet nur 200 Euro im Jahr!“