Während die Scheinwerfer auf das große Koalitionspokern gerichtet waren, hat sich im Bundestag fast unbemerkt fraktionsübergreifend eine neue Abgeordneten-Generation eingerichtet. Markus Uhl (38), seit Kurzem auch Generalsekretär der Saar-CDU, über erste Orientierungen in der Polit-Bürokratie und die Erwartung, dass mit einer neuen Regierung die eigentliche Arbeit bald beginnen kann.
Herr Uhl, Sie hatten es ja ein bisschen einfacher als manch anderer. Ihr Büro war bereits bezugsfertig …
Da ich für Alexander Funk, der in den Saarländischen Landtag gewechselt war, zum Ende der letzten Legislaturperiode bereits nachgerückt bin, hatte ich natürlich die Chance, mich im neuen Job schon etwas einzuleben. Dabei war es großes Glück, dass ich seine frei gewordenen Büroräume übernehmen konnte und vom „allgemeinen Umzugschaos“ nach der Bundestagswahl somit nicht betroffen war. Aber wie gesagt, erst mit dem Wahltag war ja dann auch klar, dass ich dieses Büro auch endgültig behalten kann, nachdem ich meinen Wahlkreis 299 – Homburg – direkt gewonnen hatte.
Damit waren Sie hier im Bundestag angekommen. Man kann morgens am Brandenburger Tor reingehen und abends hinten an der Spree wieder raus, ohne am Tageslicht gewesen zu sein. Finden Sie sich denn mittlerweile hier zurecht?
Den Weg zum Plenarsaal finde ich ohne Probleme, zumal mein Büro ja genau gegenüber vom Reichstagsgebäude liegt. Ganz am Anfang hatte ich glücklicherweise viele nette Bundestagskolleginnen und -kollegen, die ich schon aus meiner Zeit in der Jungen Union kenne, die mich etwas an die Hand genommen haben und mir die Wege gezeigt und natürlich auch die organisatorischen Abläufe erklärt haben. Hin und wieder brauche ich in den riesigen Gebäuden auch heute noch einen Moment, um mich zu orientieren. Und noch immer entdecke ich neue Wege über irgendwelche Tunnel, wie man dann von A nach B auf einem noch kürzeren Weg kommt.
Wie waren denn die ersten Tage, als Sie hier als frisch gekürter Berufspolitiker quasi im Olymp angekommen sind?
Sie werden lachen, das war zunächst mal recht profan! Es gibt als Erstes sehr viel Organisatorisches und vor allem Bürokratisches zu regeln. Dazu gibt es von der Bundestagsverwaltung ein Begrüßungspaket für Abgeordnete mit zahlreichen Handbüchern und vor allem Formularen, die man ausfüllen muss. Damit ist man mehrere Tage beschäftigt, um das auch alles richtig zu machen. Für mich als IT-Menschen besonders gewöhnungsbedürftig war: Alles, was mit Computern zu tun hat, ist streng geregelt. Dadurch wird ein schnelles Update oder die Installation eines Programms zu einem langwierigen Prozess. Für alles muss ein Antrag gestellt werden – aber es funktioniert – und die Beschränkungen haben sicherlich auch ihren Sinn, denn in der Vergangenheit ist der Bundestag ja schon mehrfach von ausländischen Hackern angegriffen worden.
Der Beginn der politischen Arbeit war bestimmt nicht ganz so einfach: Das Parlament war ohne Regierung über drei Monate nicht voll arbeitsfähig.
Na, man geht hier als neues Mitglied natürlich mit großem Respekt, aber auch großem Enthusiasmus an die Sache. Und stellt dann als allererstes fest: Hier wird auch nur mit Wasser gekocht. Das heißt, das ist hier sehr formell, es gibt für alles Vorschriften. Und dann kommt noch das hinzu, was Sie ja schon gesagt haben: Es ist für jemanden, der sich hier politisch einbringen will, natürlich schwierig, wenn die Regierungsbildung so lange dauert. Die Arbeit in den Ausschüssen und im gesamten Parlamentsbetrieb geht selbstverständlich mit einer Regierung einher. Jedoch war das Parlament stets arbeits- und handlungsfähig. Mit einer geschäftsführenden Regierung gibt es fast keine Vorlagen, was natürlich auch Einfluss auf die Arbeit im Bundestag hat – aber das wird ja jetzt bald hoffentlich ein Ende haben.
Der Bundestag ist ein Arbeitsparlament, das von der Arbeit der Ausschüsse lebt. Aber auch die konnten ja erst zum Jahresbeginn besetzt werden.
Es gab ja von Anfang an den Hauptausschuss. Aber Sie haben Recht, die Arbeitsausschüsse fehlten lange Zeit. Jetzt haben wir sie endlich. Ich selbst darf als ordentliches Mitglied im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur mitarbeiten. Das ist ein sehr wichtiger Ausschuss, weil wir hier in Deutschland sowohl von der Verkehrs-, aber auch der digitalen Infrastruktur sehr abhängig sind, und es auf diesem Gebiet noch eine Menge zu tun gibt.
Sehr gefreut hab ich mich über die mir angetragene Aufgabe als stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss. Als ständiger Vertreter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion werde ich dort für den Haushalt des Ministeriums für Justiz und Verbraucherschutz zuständig sein. Ein für mich großer Vertrauensvorschuss. Und wenn Heiko Maas Minister bleibt, dann sind wir Saarländer da unter uns … (lacht)
Daraus höre ich schon die Freude, wenn man hier im Bundestag ab und an alte Bekannte wiedertrifft. Im Saarland sind Sie ein bekanntes Gesicht, hier im Bundestag eher nicht. Wie geht man mit dieser plötzlichen Anonymität um?
Das ist in der Tat eine Herausforderung für mich hier in Berlin, jetzt neue Netzwerke zu bilden. Aber ich bin da guter Dinge. Einige kenne ich ja wie schon gesagt aus meiner JU-Zeit und allein schon durch die Arbeit im Plenum, in den Ausschüssen, in der Fraktion und in den Arbeitsgruppen ergeben sich die Kontakte. Und insbesondere unter den jüngeren Abgeordneten sind wir da ein Kreis, der sich auch gerne untereinander und parteiübergreifend austauscht.
Und man darf eines nicht vergessen: Eine Sitzungswoche in Berlin ist nicht nur Bundestag. Man bekommt ja auch noch jede Menge Einladungen zu Veranstaltungen, die auch mal partyähnlichen Charakter haben können.
(lacht) Sie spielen auf den heutigen Abend an, das ist richtig, da hab ich zwei Einladungen. Aber bei dem Termin nachher in der saarländischen Landesvertretung treffen wir beide uns ja dann auch wieder …
Wenn die saarländische Ministerpräsidentin einlädt, dürfen wir ja nicht kneifen!
Und daran erkennt man ja schon, das sind in den allermeisten Fällen weniger Partys als vielmehr Informations- und Arbeitstermine, bei denen es im Anschluss einen kleinen Umtrunk gibt. Im Vordergrund solcher Termine steht die Aufgabe als Bundestagsabgeordneter und damit als Interessenvertreter meiner Wähler. Das heißt aber auch, der Tag in der Sitzungswoche beginnt morgens zwischen 7 und 8 und endet nicht vor 22 Uhr. Klar, jeden Abend kann man zwischen bis zu zehn Terminen wählen. Aber da muss ich immer schauen: Wo kann ich etwas für meinen Wahlkreis tun und nicht wo kann man am besten feiern?
Eine Frage wird Ihnen hier als saarländischer CDU-Abgeordneter bestimmt ständig gestellt: Wie ist das gelaufen mit den Gerüchten, dass Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer nach Berlin geht – wahlweise als Ministerin oder gleich als Bundeskanzlerin?
Zunächst mal ist es ja ein Zeichen der Wertschätzung, dass man unserer Ministerpräsidentin diese Rollen in der Bundespolitik alle beide zutraut. Ich finde, man wird ihr da auch gerecht, und ich würde mich bei einer solchen Entwicklung auch freuen, gleichwohl wir durch Peter Altmaier und Heiko Maas bislang auf der Bundesebene exzellent vertreten sind. Aber ansonsten beteilige ich mich nicht an solchen Spekulationen. Angela Merkel ist unsere Bundeskanzlerin. Und sie wird hoffentlich auch demnächst erneut zur Bundeskanzlerin gewählt.