Prognosen über exakte Zahlen sind schwierig, aber dass es einen erheblichen Pflegekräfte-Mangel gibt, ist offenkundig. Verbesserungen der Rahmenbedingungen sind das eine, gute Nachwuchskräfte zu finden das andere. In einer großen Gemeinschaftsaktion unter Federführung des Sozialministeriums hat das Saarland einen „Monat der Pflegeberufe“ initiiert.
Ihr Credo klingt ebenso einleuchtend wie drängend: „Wir wollen alle vernünftig versorgt werden“. Beim Thema Pflege ist Monika Bachmann (CDU) in ihrem Element. Für die saarländische Gesundheits- und Sozialministerin ist „Pflege“ mehr als nur eines unter vielen politischen Feldern, die es zu beackern gilt: „Wenn Sie oder ich morgen darauf angewiesen wären, wollten wir doch auch bestmöglich versorgt werden“, unterstreicht sie, dass letztlich das Thema jeden trifft, sei es als Pflegebedürftiger oder als Angehöriger.
Dabei sind die Herausforderungen in diesem Bereich drängender denn je – und werden künftig nicht geringer werden. Das Wort vom „Pflegenotstand“ ist keine Erfindung der letzten Monate. Die Situation ist an einem Punkt angekommen, an dem durchaus nicht alltägliche Allianzen die Folge sind. Noch im vergangenen November, während der ersten Sondierungen für eine neue Bundesregierung, damals noch in Richtung Jamaika, haben die Gewerkschaft Verdi und der Diözesan-Caritasverband im Bistum Trier gemeinsam an die (Bundes-) Politiker appelliert: „Machen Sie ihren Einfluss geltend und ergreifen Sie Maßnahmen, um dem Pflegenotstand entgegenzuwirken.“
Den Handlungsdruck sieht auch Monika Bachmann und macht aus ihrer Ungeduld keinen Hehl. Ohne Klarheit über eine neue Bundesregierung und die Frage, wer als Minister oder Staatssekretär auf Bundesebene Ansprechpartner ist, bewegt sich erst einmal gar nichts. Und das nun schon seit Monaten. Dass das Pflegethema in den Koalitionsverhandlungen angekommen ist, ist ein Erfolg, aber im Ergebnis nur ein bescheidener. Im Koalitionsvertrag für die mögliche Neuauflage der Großen Koalition sind zumindest 8.000 zusätzliche Stellen vermerkt. Verteilt man diese nach dem „Königssteiner Schlüssel“ auf die Länder, würde das fürs Saarland knapp 100 bedeuten. Die Landesregierung geht allerdings davon aus, dass in den nächsten Jahren mindestens 1.000 zusätzliche Kräfte benötigt werden. Es wäre aber ein erstes klares Signal aus Berlin, dass das Problem angepackt wird. Nur selbst der bescheidene Schritt steht bekanntlich noch unter dem Fragezeichen des laufenden SPD-Mitgliedervotums.
Mehr Stellen, bessere Rahmenbedingungen und Bezahlung, das alles ist in der politischen Diskussion angekommen. „Man redet darüber, aber die Leute wollen Ergebnisse“, weiß Bachmann, die selbst gerne wüsste, mit welchen Rahmenbedingungen der Bundespolitik sie umgehen kann und muss.
Selbst wenn dann Verbesserungen wie beispielsweise auch Personalschlüssel beschlossen sind, stellt sich nach wie vor eine ganz zentrale Frage, die bereits jetzt vielen Trägern erhebliches Kopfzerbrechen bereitet: Woher soll dann das entsprechend qualifizierte Personal kommen?
„Die Leute wollen Ergebnisse“
Rund 20.000 Menschen sind derzeit im Saarland im Pflegebereich tätig, „von der Geburt bis zur Bahre“, wie die Ministerin betont. Der Bedarf wird, neben dem aktuellen Bedarf, weiter steigen, wie sich die demografische Entwicklung unschwer ausrechnen lässt. Dazu kommen besondere Herausforderungen, die sich auch in der Ausbildung widerspiegeln müssen, wie beispielsweise die zunehmende Zahl an Demenz erkrankter Menschen. Deshalb war es auch eines der zentralen Ziele des vor eineinhalb Jahren mit 21 Partnern gegründeten „Pflegepaktes Saar“, zu Verbesserungen beizutragen und für Nachwuchs zu werben.
So wurde inzwischen die Praxisanleiterverordnung so geändert, dass ein Ausbilder sich in der Regel um 20 Auszubildende kümmern muss. Zuvor waren es um die 50, mit der Folge, dass sich Pflege-Azubis nicht selten allein gelassen vorkamen. Darüber hinaus hätte sich Bachmann durchaus gerne weitergehende Schritte bei der Reform der Pflegeausbildung (Stichwort „generalistische Ausbildung“) gewünscht. Immerhin ist eine lang und heftig diskutierte Reform noch vor der Bundestagswahl verabschiedet worden. Es sind Maßnahmen ergriffen worden, die den Pflegeberuf attraktiver machen sollen.
Mit dem „Pflegepakt“ im Saarland wurde auch eine Kampagne zum Wiedereinstieg in den Pflegeberuf nach einer Auszeit gestartet sowie klassische Werbekampagnen aufgelegt. „Wir brauchen Menschen mit Leidenschaft und Herzblut“, wirbt die Ministerin, im Einklang mit den Trägern, aber auch Arbeitskammer und Gewerkschaft Verdi, wie sie immer wieder betont. Dass Verdi nicht müde wird, auch lautstark und öffentlichkeitswirksam für die Beschäftigten zu kämpfen sei eben auch ein Ausdruck dafür, dass es beim grundsätzlichen Anliegen um dieselben Ziele gehe, nur sei „der Weg manchmal ein anderer“, betont Bachmann, die Auftritte bei Gewerkschaften trotz Kritik nicht scheut. Letztlich wüssten schließlich alle: „Wir brauchen uns gegenseitig“.
Sichtbarster Ausdruck dafür ist die Auftaktveranstaltung zum „Monat der Pflegeberufe“ (siehe Infokasten links). Die Liste der Aussteller verzeichnet ebenso wie die in den verschiedenen Programmpunkten angekündigten Vertreter der unterschiedlichsten Einrichtungen und Institutionen das übergreifende gemeinsame Ziel für qualifizierten Nachwuchs. In dieser Form, betont Bachmann, sei das Saarland bundesweit Vorreiter.