Drei Fragen an IG Metall-Chef Jörg Hofmann zur anstehenden Umstrukturierung in der Automobilindustrie aus Sicht der Arbeitnehmer.
Herr Hofmann, nicht nur die Autobauer stehen vor großen Herausforderungen. Auch die Industriegewerkschaft Metall muss zusehen, dass die unausweichliche Umstrukturierung nicht vollends auf Kosten Ihrer Mitglieder vonstatten geht. Wie gelingt das?
Was wir überall versuchen ist, dort, wo wir Standortgespräche haben, zu schauen: Wie kann man die Transformation der Werke gestalten? Wir müssen den Zeitraum, der sich ergibt, vor allem zur Weiterbildung nutzen. Das ist der wichtigste Punkt. Und das gelingt auch: Wir haben jetzt mit den großen Automobilherstellern überall neue Standortsicherungsverträge bis weit in die 2020er Jahre abschließen können.
Das wird kein Zuckerschlecken, aber es zeigt: Diese Umstellung ist auch für uns als Gewerkschaft gestaltbar, wenn wir als Arbeitnehmervertreter mit den Arbeitgebern eng zusammenarbeiten. Dreh- und Angelpunkt ist die Qualifikation, so dass wir die Arbeitnehmer mit Unterstützung der Unternehmen auf ihre Tätigkeit von morgen vorbereiten.
Wie viele Arbeitsplätze hängen denn in Deutschland direkt am Verbrennungsmotor?
Wir haben in etwa 320.000 Menschen, die direkt in der Produktion des Antriebsstrangs beschäftig sind. Wenn man jetzt davon ausgeht, dass bis 2030 in Deutschland gut 25 Prozent der Autos vollelektrisch produziert werden, dann macht das rund 80.000 Arbeitsplätze, die da wegfallen könnten. Das heißt für uns als IG-Metall: Wir müssen in den kommenden zwölf Jahren diese 80.000 Menschen qualifizieren. Das ist unsere Aufgabe, das ist eine Riesenherausforderung, aber da kommen wir nicht drum herum. Doch das ist zu schaffen.
Eine Frage, die sich aufdrängt: Wie viel ist denn für Elektromobilität drin im Koalitionsvertrag, den Union und SPD ausgehandelt haben?
Es kommt da gar nicht so sehr auf den Koalitionsvertrag an, sondern vielmehr auf die Akzeptanz der Verbraucher. Politiker können Gesetze machen, wie sie wollen - wenn die Kunden die E-Autos nicht kaufen, ist niemandem geholfen. Der Kunde nimmt E-Mobilität dann an, wenn die Reichweiten der Fahrzeuge stimmen. Er nimmt sie dann an, wenn die Infrastruktur, sprich: flächendeckende Ladesäulen, stimmt. Der Kunde nimmt die E-Mobilität dann an, wenn Preis und Leistung einfach stimmen, sonst fährt er weiter den Verbrennungsmotor. Um jetzt auf ihre Frage zurückzukommen, wieviel E-Mobilität steckt im Koalitionsvertrag: Ob das, was sich SPD und Union hineingeschrieben haben, ausreicht, da habe ich persönlich meine Fragezeichen. Aber die Debatte werden wir noch führen müssen.