In ihren Büchern „The Glow“ und „The Glow Code“ erklärt Autorin Anita Bechloch, wie man selbst Kosmetikprodukte mit natürlichen Inhaltsstoffen herstellt. Im Interview erzählt sie Wissenswertes und gibt Tipps rund ums Thema Schönheit.
Frau Bechloch, wie sind Sie dazu gekommen, sich mit natürlichen Inhaltsstoffen zu beschäftigen und selbst kosmetische Produkte herzustellen?
Ich hatte früher oft Probleme mit meiner Haut und konnte mir nicht erklären, warum. Das komplette Spektrum von eher harmlosen Irritationen bis hin zu extrem trockener Haut und dann wieder plötzlich Akne. Ich habe daraufhin begonnen, mich gesünder zu ernähren und auf meine Ernährung zu achten. Aber erst als ich auf die Inhaltsstoffe meiner Kosmetik schaute, merkte ich, dass auch hier viele Rohstoffe aufgeführt waren, die alles andere als natürlich klangen. Nach etwas Recherche stellte ich fest, dass der Großteil handelsüblicher Kosmetikprodukte aus Wasser besteht – dicht gefolgt von Emulgatoren, Konservierungsstoffen, Stabilisatoren et cetera. Sprich: Synthetisch hergestellte Rohstoffe aus dem Labor. Wirklich hochwertige Pflanzenöle- und Buttern machen – wenn überhaupt – nur ein Minimum der Inhaltsstoffe aus. Ich wollte für meine Haut die allerreinsten Produkte, die man sich überhaupt vorstellen konnte. Die gab es so aber nicht im Handel. Also habe ich angefangen, sie selbst herzustellen.
In Drogeriemärkten gibt es inzwischen viel Naturkosmetik. Warum haben Ihnen diese nicht ausgereicht?
Günstige Naturkosmetik-Produkte aus dem Drogeriemarkt bestehen trotzdem hauptsächlich aus Wasser und brauchen somit auch Emulgatoren und Konservierungsstoffe. Dafür wird oft Alkohol verwendet, der die Haut reizen oder austrocknen kann. Die enthaltenen Öle sind meist billige Pflanzenöle. Verständlich, denn wenn man sich in einem günstigen Umfeld behaupten muss, kann man kaum teure pflanzliche Wirkstoffe verwenden. Ich hoffe, dass sich das bald ändert, aber momentan sind Drogeriemärkte noch kein guter Ort, um Naturkosmetik einzukaufen. Erstens muss man als Konsument sehr aufpassen, um zwischen echter Naturkosmetik und „Greenwashern“ zu unterscheiden. Da Naturkosmetik gerade Trend ist, springen auch die großen Konzerne auf den Wagen auf. Wenn man sich die ellenlange Liste der Inhaltsstoffe auf der Rückseite anschaut, sieht man aber, dass das leider nicht der Fall ist. Ein paar natürliche Inhaltsstoffe machen noch keine Naturkosmetik. Es geht vielmehr darum, was man alles weglässt. Hochwertige Naturkosmetik enthält keine Mineralöle, Konservierungsstoffe wie Phenoxyethanol oder Parabene, Dioxin, Sodium Laureth Sulfate und so weiter. Davon abgesehen ist das Problem bei jeder Art von bisher angebotener Kosmetik, dass die Rezepturen nun mal fix sind, man kann somit nie auf die aktuellen Bedürfnisse der Haut eingehen. Die meisten Menschen benutzen immer die gleiche Creme, ob im Sommer oder im Winter. Dabei ändert sich der Hautzustand meiner Erfahrung nach ständig. Stress, Ernährung, der Zyklus – all das wirkt sich täglich auf die Haut aus.
Um die individuell passende Kosmetik herstellen zu können, muss man erst seinen Hauttyp bestimmen …
Ich denke, wenn man Konsumenten in Hauttypen unterteilt, können die Produkte dementsprechend immer nur einen Teil der Bedürfnisse abdecken. Der Hauttyp ist ja nur zu einem gewissen Teil genetisch vorgegeben, den Rest bestimmen wir selbst mit unserer Pflege und Lebensgewohnheiten. Das Ziel der selbst gemachten Kosmetik ist es, die Haut wieder in ihren Normalzustand zurückzuführen, der sich bei den meisten nach der Pubertät leider verabschiedet hat. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Haut sich sehr gut erholt, wenn man sie nicht täglich mit synthetischen Inhaltsstoffen traktiert und atmen lässt.
Gibt es grundsätzliche Inhaltsstoffe, die in allen selbst gemachten Produkten enthalten sind?
Fast alle selbst gemachten Produkte bestehen aus pflanzlichen Inhaltsstoffen, also Ölen, Pflanzenbutter wie zum Beispiel Sheabutter und ätherischen Ölen. Die Feuchtigkeit kommt aus Blütenwässern (Hydrolaten) oder Aloe Vera. Mineralerde wird zur Reinigung oder als Maskenbasis eingesetzt. Und dann kann man bei den selbst gemachen Produkten natürlich auch noch großartige natürliche Wirkstoffe wie Joghurt, Honig oder frische Kräuter und Früchte verwenden, ohne konservieren zu müssen.
Wo kaufen Sie Rohstoffe wie Mangobutter, Bienenwachs, Sheabutter und Öle?
Da ich einen eigenen Webshop mit Naturkosmetik-Rohstoffen betreibe, beziehe ich die Inhaltsstoffe praktischerweise direkt dort. Ansonsten findet man aber auch einige gute Basisöle (zum Beispiel Kokos, Olive, Sonnenblume) oder Kakaobutter im Biomarkt. In der Apotheke gibt es Aktivkohle, Natron oder Epsom Salt (Bittersalz) und im Reformhaus findet man teilweise auch gute Wirkstofföle.
Sie verwenden auch ätherische Öle – muss man hier etwas besonders beachten?
Unbedingt, das ist tatsächlich sehr wichtig. Ätherische Öle sind die Seele der Pflanzen und somit wirklich potente Wirkstoffe. Bei Produkten für das Gesicht würde ich sicherheitshalber nie mehr als zehn Tropfen auf 100 Milliliter Produkt verwenden. Beim Körper kann man die Dosis verdoppeln. Bei Produkten, die gleich abgewaschen werden oder im Wasser verdünnt werden (Badeöle, Scrubs) kann man etwas mehr hinzugeben. Sehr gut verträglich sind etwa Rose, Neroli, Kamille und Lavendel. Letzteres ist übrigens das einzige ätherische Öl, das man auch gut unverdünnt aufragen kann. Vorsicht ist geboten bei etwas „schärferen“ Ölen wie Teebaum, Zimt, Zitrone, Pfefferminze. Sie können die Haut reizen und manche Öle – besonders Zitrus – machen die Haut sehr lichtempfindlich. Man sollte beim Kauf vor allem darauf achten, dass die ätherischen Öle naturrein sind, also auf keinen Fall künstliche Duftmischungen wie „Grüner Apfel“ oder „Pfirsich“ verwenden. Wer zu Allergien oder sensibler Haut neigt, sollte ätherische Öle am besten erst mal ganz weglassen oder 48 Stunden vorher einen kleinen Allergietest in der Armbeuge machen.
Welches Equipment benötigt man?
Das meiste hat man eigentlich in der Küche: einen kleinen Topf und eine Schüssel fürs Wasserbad, einen kleinen Trichter, einen kleinen Rührbesen oder noch besser einen Milchschäumer.
Selbst gemachte natürliche Kosmetik enthält oft keine Konservierungsstoffe. Ist das nicht notwendig?
Das ist bei jedem Produkt verschieden. Wenn Wasser oder frische Inhaltsstoffe in der Kosmetik stecken, muss sie auf jeden Fall konserviert werden. Allerdings nicht so lange wie Kosmetik aus dem Handel, die bis zu zwei Jahre im Regal „überleben“ muss. Bei selbst gemachter Kosmetik verwendet man meist reinen Weingeist. Generell hält die selbst gemachte Kosmetik so lange wie der Inhaltsstoff mit der kürzesten Haltbarkeitsdauer. Also wenn Sie ein Serum aus drei Ölen mischen, gilt die Haltbarkeit des Öls, das zuerst abläuft. Öle und Pflanzenbuttern kann man mit Vitamin E vor Oxidation schützen. Eine Maske mit frischen Inhaltsstoffen wie Kräutern oder Joghurt hält sich nur wenige Tage im Kühlschrank. Man kann sie aber in Eiswürfelbehältern einfrieren, dann hat man immer eine Portion frische Maske parat. Im Internet habe ich öfters Rezepte gesehen, die gar keine Konservierung enthalten, diesen Fehler darf man auf keinen Fall machen. Im Zweifelsfall sind Konservierungsstoffe harmloser als ein verkeimtes Produkt.
Können Sie einen effektiven Gesichtsreiniger oder eine Maske gegen Unreinheiten empfehlen?
Für die Gesichtsreinigung nehme ich gerne ein Balm oder einen Ölreiniger. Das nennt man Oil Cleansing Method (OCM). Dazu massiert man den Ölreiniger auf der ungereinigten Haut ein und nimmt ihn dann anschließend mit einem sauberen Tuch oder Waschlappen und viel warmem Wasser wieder ab. Die Haut fühlt sich danach großartig rein und samtig an. Menschen, deren Haut zu Unreinheiten neigt, trauen sich oft nicht, mit Öl zu reinigen. Aber genau hier wirkt die OCM am besten. Nach dem Prinzip „Gleiches mit Gleichem bekämpfen“ verbindet sich das Öl mit Make-up, Talg und Schmutz und hinterlässt eine wirklich reine Haut, ohne ihren Schutzmantel anzugreifen. Seifen und Alkohol sind bei unreiner Haut leider genau das Falsche, weil sie austrocknend wirken. Die Haut produziert dann nur noch mehr Talg, um sich zu schützen. Wenn der Talg nicht abfließen kann, weil die Haut ausgetrocknet wurde, kommt es zu Entzündungen.
Bei Unreinheiten würde ich das gereinigte Gesicht erst mal bedampfen. Dazu nimmt man einfach heißes Wasser, füllt es in eine Schüssel und hält dann das Gesicht darüber. Idealerweise gibt man noch ein oder zwei Tropfen Teebaum- und Lavendelöl hinzu.
Als Maske kann man Mineralerde mit einer Messerspitze Aktivkohle mischen und das Ganze dann mit etwas Wasser, einem Hydrolat und eventuell ein oder zwei Tropfen Lavendelöl zu einer Paste verrühren und auftragen. Die Mineralerde und Kohle saugen den ganzen Schmutz aus den Poren. Wichtig ist, dass man die Maske abnimmt, bevor sie ganz angetrocknet ist.
Welche Stoffe und Anwendungen wirken hautstraffend und aufpolsternd?
Dazu würde ich die Haut täglich ein bis zwei Minuten mit einem Serum aus Wirkstoffölen massieren. So wird die Haut gut durchblutet, sie wirkt praller und frischer. Die Wirkstoffe tun dann ihr Übriges. Für reife Haut sind Arganöl, Wildrosenöl, Granatapfelkernöl und Kaktusfeigenöl wirklich fantastisch. Nach ein paar Tagen sieht man bereits einen Unterschied in der Hauttextur.
Wie sieht Ihr 28-Tage-Programm für den perfekten Glow aus?
Kurz zusammengefasst: eine schrittweise Umstellung aller Pflegeprodukte auf ganz natürliche, selbst gemachte Kosmetik sowie entzündungshemmende Ernährung, Hormone ausgleichen und auf die Darmgesundheit achten. Der genaue Plan bedarf allerdings etwas mehr Erklärung, die Zusammenhänge habe ich im Buch „The Glow Code“ genauer erläutert.
Welche Nahrungsmittel eignen sich denn für eine strahlend schöne Haut?
Eigentlich alles, was möglichst natürlich und unbehandelt ist. Sprich: frisches, unbehandeltes, saisonales Obst und Gemüse aus biologischem Anbau, Nüsse und Samen, Omega-3-reicher Fisch aus Wildfang. Schlecht für die Haut sind vor allem Zucker, Alkohol und Produkte aus Weißmehl.
Wie bekommt man den Glow auch ins Haar?
Am schnellsten geht das, indem man auf Shampoo, Silikone und Styling mit Fön und Glätteisen verzichtet. Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Ich empfehle eine Haarpackung aus Kokos- und Olivenöl, die man im feuchten Haar einwirken lässt.
Benutzen Sie Make-up? Können Sie Produkte empfehlen?
Gesunde und gut genährte Haut, die im Gleichgewicht ist, braucht fast gar keine Foundation, höchstens eine leichte Abdeckcreme, um Rötungen oder Augenringe zu mildern. Dafür mag ich Uncover Up von RMS Beauty, eine fantastische und ganz natürliche Kosmetikline aus den USA.
Kann man auch Make-up selbst herstellen?
Natürlich, aber da gibt es mittlerweile ein paar sehr gute Hersteller wie Ilia, Kjaer Weis, RMS oder Und Gretel. Auch Alverde bei DM hat ein paar schöne Produkte in der dekorativen Kosmetik.
Welche Vorteile hat selbst gemachte Naturkosmetik?
Man kann sich die Pflege wie schon beschrieben auf den Leib schneidern. Das betrifft natürlich auch den Duft. Die meiste Kosmetik ist für mein Empfinden viel zu stark parfümiert. Davon abgesehen schont man die Umwelt: keine Plastikverpackung und natürlich keine Tierversuche. Auch für Veganer und Allergiker ist die selbst gemachte Kosmetik toll.
Außerdem ist sie um Längen preiswerter als Produkte aus dem Handel, da sie nicht zum Großteil aus Wasser besteht, sondern aus hochwertigen Wirkstoffölen. Davon abgesehen macht es riesigen Spaß, sich seine Pflegeprodukte selbst herzustellen.
Womit sind Sie aktuell beschäftigt?
Ich habe gerade eine fertige Kosmetiklinie entwickelt, welche die ganzen Vorzüge des Selbermachens hat, ohne dass man sich dafür selbst in die Küche stellen muss.
Ich freue mich wahnsinnig auf diesen Schritt und hoffe, dass meine Leser und Kunden davon genauso begeistert sein werden.