Vor Kurzem wurde wieder im Europapark Rust die diesjährige Miss Germany gekürt. Auch Miss Saarland Michelle Molitor war dabei. Sowohl für sie wie auch ihre Kolleginnen war die Vorbereitungszeit kein Zuckerschlecken. Enttäuschungsschmerz am Ende inklusive.
Leggings statt Ballkleid, Lockenwickler statt wallender Mähne und Crocs statt High Heels: Entspannt sitzt Michelle Molitor vor dem beleuchteten Schminkspiegel. Auf ihrem Kopf türmen sich die Lockenwickler, vor ihr auf dem Tisch ein Meer an Rouge, Lidschatten und Lippenstift, zwischendrin der ein oder andere Pappbecher Kaffee. Ein Make-up-Artist verpasst der 23-Jährigen den letzten Schliff. Rechts und links neben der Wallerfangerin sitzen die anderen 21 Kandidatinnen vor dem lang gezogenen Schminkspiegel. Um jede von ihnen wuselt ein Make-up-Artist herum. Ihnen gegenüber ein ähnliches Bild: Hier befreien Friseure die jungen Frauen gerade von ihren Lockenwicklern. Während die einen Kandidatinnen in sich gekehrt wirken, machen die anderen Späße und fotografieren sich gegenseitig. Bis zum Showbeginn sind es noch knapp vier Stunden, von Aufregung keine Spur. „Das fängt erst direkt vor der Show an, wenn die Musik angeht", sagt sie.
Michelle Molitor ist die amtierende Miss Saarland. Das allerdings nur nebenbei: Im „normalen" Leben arbeitet die junge Frau als Fachkraft für Lagerlogistik bei den Ford Werken in Saarlouis als Staplerfahrerin. Schon vor zwei Jahren versuchte sie sich bei verschiedenen Misswahlen. „Angefangen hat es mit der Wahl zur Miss Saarbrücken, Miss Kaiserslautern und der Miss Beach im Jahr 2015. Auch bei der Wahl zur Miss Saarland hatte ich damals teilgenommen, allerdings ohne eine Platzierung zu erzielen", erzählt Michelle. Sie habe sich damals in ihrem Körper nicht wohl gefühlt. Heute, nach zwei Jahren und unzähligen Trainingseinheiten im Fitnessstudio, fühlt sie sich besser und selbstbewusster.
Auf Vorurteile wegen ihres Hobbys sei sie weder bei der Arbeit noch in ihrem Freundeskreis gestoßen. „Wer mich kennt, weiß, dass ich niemand bin, der sich nur auf Äußerlichkeiten bezieht." Eine Einstellung, mit der sie der Miss Germany-Wahl lässig entgegensieht. „Mein Ziel war es, einmal dabei zu sein, das Ziel hat sich erfüllt. Alles andere wäre nur das Sahnehäubchen."
Drei Wochen sind die 22 Finalistinnen aus ganz Deutschland zusammen unterwegs. Dazu gehörten ein zehn Tage langer gemeinsamer Fuerteventura-Aufenthalt und anschließend die gut einwöchige Vorbereitung auf die Misswahl im Europa-Park. Auch ein Besuch im Europaparlament in Straßburg stand auf dem Plan. Alles unter der Organisation der Miss Germany Corporation, dem langjährigen Veranstalter der Wahl.
„Der Druck war extrem hoch"
„Der Startschuss für das Camp fiel bereits Anfang Februar im Europapark in Rust", berichtet Michelle. „Dort haben sich alle Missen getroffen, um sich erst einmal vier Tage näher kennenzulernen. Auch standen die ersten Presse- und Fototermine auf dem Programm. Wir wohnten alle im ‚Hotel Colosseo‘ im Europapark Rust. Das Zimmer habe ich mit einer anderen Teilnehmerin geteilt, mit der ich mich wirklich von Anfang an wunderbar verstanden habe. Am vierten Tag ging es ab Frankfurt mit Condor Richtung Sonne, nämlich nach Fuerteventura. Schon während des Fluges stand ein „Highlight" an. Es gab eine Miss-Wahl über den Wolken. Die Fluggäste durften die Miss Condor 2018 wählen."
Im Camp kam für Michelle der erste Schock, sie stieß an ihre Grenzen und bekommt Heimweh. „Ich treibe viel Sport und meine Ernährung ist von Haus aus gesund und ausgewogen. Aber die Insel hat mir alles abverlangt", erinnert sie sich. „Der Druck unter den Mädels war extrem hoch. Wir mussten in kurzer Zeit ein hartes Fitnessprogramm, einen Knigge-Kurs und Shootings über uns ergehen lassen. Der Tag fing morgens um 8 Uhr an und endete manchmal abends erst sehr spät. Es blieb keine Zeit für Privates, wie den Kontakt zur Familie zu pflegen. Der Schmerz im Herzen wurde immer größer." Michelle vermisste ihre Familie. „Nicht nur einmal flossen Tränen, aber mir ging es dabei nicht alleine so. Missen-Mama Ines war da, wenn es uns schlecht ging. Sie hatte immer ein offenes Ohr und einen guten Tipp, wie wir damit am besten fertig werden."
Sie dachte auch mal daran aufzugeben, gibt sie zu. Vor allem am Anfang fiel ihr alles wegen der großen Entfernung zur Heimat schwer. Auf die Frage wie es mit der Stimmung aussah und ob es Rivalitäten unter den Kandidatinnen gegeben hätte, sagt Michelle: „Die Stimmung im Team und unter den Mädels war echt super!"
Von Fuerteventura aus ging es für Michelle und die anderen Missen rund eine Woche vor dem großen Tag direkt nach Rust, wo Ausflüge, Presse- und Fototermine, aber auch Proben für die Wahl anstanden. Besonders beeindruckt war die Miss Saarland vom Besuch im Europaparlament in Straßburg. Dort gab es neben einem Rundgang durchs Haus, vielen Infos übers Parlament und seinen Aufgaben auch ein kleines Shooting vor den Fahnen. Einen bleibenden Eindruck hinterlässt der große Konferenzraum, wo simultan in vielen verschiedenen Sprachen übersetzt wird.
Eine Welt bricht zusammen
Die Saarländerin erzählt, was sie daran reizen würde, den Titel Miss Germany zu tragen. „Jeder Tag ist anders, mal bist du in Köln, mal in Berlin, mal in Hamburg. Das ist einfach spannend." Ihr Arbeitgeber würde ihr dabei jedenfalls keine Steine in den Weg legen. „Ich habe mit dem Personalrat darüber gesprochen, die Ford-Werke stehen hinter mir."
Mittlerweile sind es nur noch zwei Stunden bis zur Show. Haare und Make-up sitzen. Michelle Molitor ist bereit. „Jetzt gehe ich noch meine Anziehsachen hinten ausbreiten, damit später kein Stress ausbricht." Weg ist sie.
Pünktlich um 8 Uhr startet auch für die rund 1.400 Gäste die Wahl zur Miss Germany 2018. Fernsehmoderator Alexander Mazza und Rebecca Mir, bekannt aus Germany’s Next Topmodel führen durchs Programm. Eine achtköpfige Jury wartet auf die Kandidatinnen. Die zeigen sich am Anfang in einer äußerst beeindruckenden Show. Ein gelungener Auftakt, in dem sich Michelle gut präsentiert. Die Fans im Publikum sind außer Rand und Band.
In einem zweiten Durchgang präsentieren sich die Teilnehmerinnen in Bademode. Zeit auszusieben: Die Jury verabschiedet sich von 17 der jungen Damen. Darunter ist auch Michelle Molitor. Für die junge Frau bricht eine Welt zusammen, Tränen fließen.
Schließlich wird aus den letzten Fünf die neue Miss Germany gekürt. Es ist die blonde Studentin und Miss Baden-Württemberg Anahita Rehbein (23). Sie erhält für ein Jahr das Krönchen der Miss Germany und wird Deutschland bei rund 150 offiziellen Terminen im In- und Ausland repräsentieren.
Michelle kämpft noch mit ihrer Enttäuschung. „Ich habe mich positiv entwickelt in den drei Wochen, das habe ich auch ausgestrahlt auf der Bühne. Ich dachte, mit meiner natürlichen Art punkten zu können." Ihr Freund und ihre Familie versuchen zu trösten. Für sie ist ganz klar Michelle die Gewinnerin.