Niko Kovac hat sich binnen zwei Jahren vom neuen Gesicht in der Bundesliga zum Anwärter auf den Trainerjob bei den Bayern hochgearbeitet. Das alles bei der Eintracht aus Frankfurt, die in der öffentlichen Wahrnehmung zu einem Topclub in der Bundesliga herangewachsen ist.
Als Niko Kovac damals die abstiegsbedrohten Frankfurter übernahm, kam den meisten sofort das Bild des Spielers Kovac in den Kopf: knallhart, kompromisslos – Kovac eben. Nicht wenige erwarteten den Kroaten eben auch als diese Art Trainer, denn als Spieler verbreiteten die Kovac-Brüder auch in der Bundesliga Angst und Schrecken. Gänzlich hat der ehemalige kroatische Nationaltrainer seine etwas kalte Art noch nicht abgelegt, vielleicht ist sie aber auch sein Erfolgsgeheimnis. Denn als der unerfahrene, heute 46-Jährige damals nach Frankfurt kam, wird er sich gefragt haben, was er sich da denn genau antut. „Es war eine sehr intensive Zeit, wir hatten einiges durchzumachen, es gab viele Tiefen", sagt der Cheftrainer der Eintracht.
Eine Tiefe, von der Kovac sprach, war die Partie zum Start gegen Borussia Mönchengladbach. Die Gladbacher begrüßten den neuen Übungsleiter der Eintracht nämlich mit einem satten 0:3, und nicht allzu viele Fans der Eintracht glaubten an einen längeren Verbleib von Niko und seinem Bruder Robert. Die weiteren fruchtlosen ersten Wochen erweckten eher den Eindruck, dass die Eintracht einen Neuanfang in der Zweiten Liga starten müsse. Stefan Reinartz, damaliger Spieler unter Niko Kovac, attestierte ihm aber eine „unfassbar souveräne Art." Reinartz ging mit der damaligen Mannschaft jedoch selbst hart ins Gericht: „Er muss gedacht haben: In was für eine Regionalliga-Mannschaft bin ich denn hier geraten? Er musste mit uns komplett bei Null anfangen". Eine solche Aussage zeigt, wie groß die Leistung des Übungsleiters alleine in dieser Zeit war.
„Die Spieler sind meine Freunde"
Dies wäre ohne die eigene Erfahrung als Spieler wahrscheinlich nie möglich gewesen. In seiner Kindheit war Niko Kovac ziemlich genau das, was man unter einem Straßenfußballer versteht. Im Berliner Wedding kickte der 1971 in der Hauptstadt geborene Kroate in den berüchtigten „Käfigen" und auf Beton. „Ich war meistens der Kleinste", sagte der heutige Trainer während einer seiner ersten Pressekonferenzen. Wenn er mit aufgeschlagenen Knien und blauen Flecken nach Hause kam, stand die Mutter in der Tür. „Sie fragte, was ich da machen würde und konnte es, ehrlich gesagt, nicht verstehen."
Doch im Rückblick scheint der junge Niko alles richtig gemacht zu haben. Als Spieler wurde Kovac zu einem der besten Defensivspieler der Bundesliga, mit Bayern München gewann er als „Abräumer" im Mittelfeld 2003 das Double aus Meisterschaft und DFB-Pokal. Als Trainer trifft der 46-Jährige seit mehr als eineinhalb Jahren in Frankfurt den richtigen Ton, in der vergangenen Saison führte er die Hessen ins DFB-Pokal-Finale. Zuvor trainierte der Kroate von 2013 bis 2015 die Nationalmannschaft seines Heimatlandes. Bei Red Bull Salzburg war er ein Jahr Co-Trainer. Der 46-Jährige ist authentisch, er weiß, wie er mit den Spielern umgehen muss. Dass das auch mit eher schwierigen Charakteren funktioniert, zeigt das Beispiel Kevin-Prince Boateng, der schon als „Enfant terrible" abgestempelt worden war, unter Kovac aber zu alter Stärke zurückfindet.
„Ich versuche, jedem gegenüber offen, ehrlich und freundlich aufzutreten", sagte Kovac und ergänzt: „Die Spieler sind meine Freunde. Das sage ich nicht einfach so, das meine ich genauso. Das beginnt schon mit der Art, wie wir uns begrüßen: Shakehands, per Faust oder Abklatschen. Ich bin 46, mein Bruder Robert 43, wir zählen uns schon noch zur Generation der Spieler. Das macht es für uns alle ein bisschen leichter". Und alle Fußball-Experten schwärmen vom Kroaten und seinem Auftritt als Trainer.Im Grunde braucht Kovac aber keine Referenzen von Dritten, denn seine Arbeit spricht laut und deutlich für sich. Er hat aus einem scheinbar sicheren Absteiger eine verschworene Einheit geformt und sie zurück in die Erfolgsspur begleitet. Aus dem zusammengewürfelten Leihspielertrupp des Vorjahres wurde durch sein Zutun, wie Kovac selbst sagte, eine Art „Wertanlage" für den Club. Zwar wird seiner Mannschaft vor allem immer die physische Spielweise als Stärke ausgelegt, neben dieser Tugend weist diese Mannschaft aber auch ein eigenes, spielerisches Profil auf. Niemand bestreitet das, denn nur mit physischem Spiel setzt sich keine Mannschaft im oberen Drittel der Bundesliga fest.
Und wie sollte es auch anders sein, mittlerweile wird auch sein Name für den begehrtesten Trainerjob der Liga gehandelt. Die anhaltenden Diskussionen um seine Zukunft und das Lob von Bayern-Trainer Jupp Heynckes in den vergangenen Wochen kommentierte Kovac gewohnt gelassen: „Es ist schön, ein Lob aus solch einem Mund zu bekommen – vor allem für die Mannschaft". Und sein Kontrakt? „Ich habe noch länger einen Vertrag, darüber brauchen wir gar nicht zu reden. Meine Aufgabe ist, das, was wir aufgestellt haben, fortzuführen. Mein Vertrag ist da nicht wichtig." Doch können die Fans dem Kroaten das wirklich glauben?
„Wir gehen klar und offen miteinander um"
Dass Kovac der Münchener Außenseiter-Kandidat ist, lässt Sportvorstand Fredi Bobic eher kalt. Er gab zuletzt im kicker-Interview an, „ein gutes Gefühl" zu haben, dass Kovac am Main bleibe. Der Vertrag des Trainers läuft bis 2019. „Wir gehen klar und offen miteinander um. Da mache ich mir gar keinen Kopf", sagte Bobic. „Die Bayern werden schon jemanden finden, aber sicherlich im Ausland." Für Kovac spricht definitiv der Stallgeruch, der den Bayern so wichtig ist. Dennoch – dem Kroaten kaufen die Fans und Verantwortlichen durchaus ab, dass er länger bei der Eintracht bleiben will. „Dass ich mit meinem nächsten Vertrag wesentlich mehr Geld verdienen werde, ist mir egal", sagte der 46-Jährige. Ob dieser bei der Eintracht oder bei den Bayern unterschrieben wird, wird die Zukunft zeigen. In dieser Saison will er mit der Eintracht so lange wie möglich oben dabei bleiben. Dass seine Chancen auf einen Vertrag bei einem größeren Verein mit jedem weiteren Dreier mit der Eintracht steigen, wird Kovac jedoch nicht gänzlich kalt lassen.