Kari Bremnes begibt sich zum Songschreiben noch immer auf die Lofoten – jene so betörend schöne und zugleich den Launen der Natur nahezu schutzlos ausgelieferte, norwegische Inselgruppe. Dort wurde Bremnes vor 60 Jahren geboren, verbrachte Kindheit und Jugend, bevor sie nach Oslo übersiedelte – von wo aus sie ihre beispiellose Folk-Karriere startete. Dass diese Verbundenheit nie abriss, war auf all ihren feinen Alben spürbar – sogar auf jenen, die sie in Englisch sang.
Mittlerweile vertraut die Künstlerin wieder ausnahmslos der Ausdrucksstärke ihrer Heimatsprache. Das Faszinierendste am Werk dieser Frau sind weiterhin die unglaubliche Ruhe und die außergewöhnliche Klarheit des Vortrags. Transportiert wird beides von einer charismatischen Stimme, welche die Pole Wärme und Coolness, Nähe und Distanz, Dur und Moll gänzlich mühelos auszutarieren weiß.
So vermag sie immer wieder dem ergebenen Hörer den Boden unter den Füßen wegzuziehen, um ihn alsbald wieder verlässlich zu erden – so dass er sich für jeden potenziell aufziehenden Sturm gewappnet fühlt …
Unbegreiflich, wie Kari Bremnes das mit nur wenigen Verschiebungen, minimalen Varianten, ganz dezentem Nuancieren schafft. So liegt also auch auf „Det Vi Har" reichlich Geheimnis in der Luft. Die meisten Songs dieses neuen Reigens hat Bremnes gemeinsam mit Bengt E. Hanssen – seines Zeichens PC-Programmierer im kongenialen Begleiter-Quintett – verfasst. Seine Beiträge ruckeln und pochen sanft, sie reiben und schaben den akkuraten Sound-Fluss (aus zwei Gitarren, Bass und Trommel) immer wieder behutsam auf.
Am freizügigsten und intensivsten gelingt dies auf dem sehr bedrohlich ratternden „Kanskje" und dem besonders raffiniert gezügelten House-Beat von „Spor". Doch egal ob diese Norweger sich moderner Horizonterweiterung hingeben oder lieber in vertrauter Folk-Innigkeit schwelgen, man lauscht gebannt – und denkt: Der Winter passt trefflich zu diesem Klang. Und wenn die Schneeflocken dazu leise rieseln, ist’s sogar noch schöner …