Im Sauna-Theater des Satama-Saunaparks in Wendisch Rietz in Brandenburg wird die Kunst des Sauna-Aufgusses regelrecht zelebriert. Steven Becskei ist dort einer von 15 Aufguss-Meistern. Der 27-Jährige will sich jetzt für die Aufguss-Weltmeisterschaft qualifizieren.
in bisschen sei es wie im Theater, sagt Steven Becskei. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass sein Publikum nackt ist. Denn Becskei ist Aufgussmeister – er zelebriert die Kunst des Saunaaufgusses. Wenn der 27-Jährige und seine Kollegen vom Satama-Saunapark in Wendisch Rietz in Brandenburg den Aufguss erledigen, dann geht es um viel mehr, als einfach nur ein bisschen Wasser über die heißen Ofensteine zu gießen. „Es ist eine Kunstform", erzählt Becskei – mit Feuer und Eis, Musik sowie Lichteffekten. Die Aufgussmeister tragen Kostüme und wirbeln die Handtücher durch die Luft wie ein Pizzabäcker seinen Teig. Als Well-Tainment bezeichnen sie es in der Anlage am Scharmützelsee – eine Mischung aus Wellness und Entertainment. Den Begriff hat sich das Satama sogar schützen lassen.
Es geht um das beste Gesamtpaket
In diesem Jahr richtet der Saunapark bereits zum dritten Mal nach 2013 und 2016 die Aufguss-Weltmeisterschaften aus. Vom 17. bis zum 23. September treffen sich die weltbesten Aufgießer vor den Toren Berlins. Eines will Steven Becskei dazu gleich klarstellen: „Mit der Sauna-WM hat das nichts zu tun." Bei diesem Event ging es darum, möglichst lange in der 110 Grad heißen Sauna auszuharren. Nachdem dabei allerdings 2010 ein Teilnehmer aus Russland ums Leben gekommen war und ein weiterer aus Finnland schwere, bleibende Schäden durch Verbrennungen davontrug, wurde die Veranstaltung eingestellt.
Bei der seit 2011 ausgetragenen Aufguss-WM entscheidet nicht der Schweiß über den Sieger, sondern die beste Show und das beste Gesamtpaket: Schafft es der Aufgießer, die Hitze langsam zu steigern und sie gleichmäßig in der Sauna zu verteilen? Verwendet er angenehme und zum Thema passende Düfte und ätherische Öle? Beherrscht er die Wedeltechniken? Wurde die Musik entsprechend ausgewählt? Und hat er sich ein kreatives Thema ausgedacht und dieses gut umgesetzt?
In seinem neuesten Programm erzählt Steven Becskei, den im Betrieb alle nur „Paule" nennen, von einem Mann, der auf einer einsamen Insel gestrandet ist. Er hat dafür sogar extra beleuchtete Handtücher gebastelt, mit denen der Insulaner versucht, vorbeifahrende Schiffe auf sich aufmerksam zu machen. „Während des Aufgusses schlüpft man für 15 Minuten in eine Rolle", sagt er.
Die passende Kleidung dafür gibt es im hauseigenen Kostümfundus. Der kleine Raum ist vollgestopft mit Klamotten und Accessoires: von der Feuerwehruniform bis zum Rennfahreranzug, von Rockys Boxhandschuhen bis zum Helm eines römischen Gladiators. „Es gibt eigentlich nichts, das es nicht gibt. Für Fasching braucht sich von uns jedenfalls niemand eine Verkleidung zu besorgen", berichtet Becskei. Auch ein Eisbären-Kostüm ist vorhanden, das seinem Träger sogar ein wenig arktische Kälte spendet. „Wenn man das an hat, schwitzt man weniger, weil es vor der Hitze schützt."
15 Aufgussmeister gibt es im Satama. Das Besondere: Keiner von ihnen macht diesen Job hauptberuflich. Becskei zum Beispiel arbeitet normalerweise an der Rezeption, andere Kollegen sind im Restaurant oder an der Bar tätig. Die Aufgüsse sind für sie jedes Mal eine willkommene Abwechslung von ihrer täglichen Routine. „Da kann man mal in eine andere Rolle schlüpfen und so richtig aufgehen. Denn als Aufgießer wird man nun einmal mehr gefeiert als wenn man einen Kaffee serviert", schwärmt Steven Becskei. Oft klatschen die Gäste lautstark mit und merken dabei gar nicht, wie sehr sie ins Schwitzen geraten. „Eine gute Show lenkt von der Hitze ab", erklärt Becskei.
Der 27-Jährige ist ein klassischer Quereinsteiger. Früher war er Bauleiter in einer Abrissfirma, die auch für den Abriss und Neubau eines Hotels zuständig war, das zum gleichen Unternehmen gehört wie der Saunapark. So lernte er den Geschäftsführer kennen. Becskei schmiss seinen alten Job und begann in dem Hotel zu arbeiten, zunächst als Hausmeister, später als Rezeptionist. In dieser Funktion wechselte er dann auch ins Satama. Bis dahin war er nie in die Sauna gegangen. Doch schon an seinem zweiten Tag im Satama setzte er sich in den Showaufguss eines Kollegen und war sofort hellauf begeistert. „Ich hatte Tränen in den Augen und das nicht wegen der Hitze", erinnert er sich. Bald darauf wurde er selbst zum Aufgussmeister.
In diesem Jahr will er sich nun erstmals für die Weltmeisterschaften qualifizieren. Im vergangenen Jahr nahm er bereits an der nationalen Vorrunde teil, schaffte dort aber nicht den Sprung zur WM. In diesem Jahr stehen die Chancen besser. Das Satama als Ausrichter hat sowohl im Einzel als auch bei den Teams jeweils eine Wildcard – in einem internen Wettbewerb werden die Mitarbeiter im August anlässlich des hausinternen „Aufguss-Scharmützels" den lokalen Starter ermitteln. Bis dahin wird auch feststehen, ob sich schon jemand über den klassischen Qualifikationsweg seinen Platz gesichert hat.
Licht- und Tontechnik und sogar ein eigenes Tonstudio
Bei der WM hat jedes Land bis zu drei Startplätze, sodass beim Finale knapp 100 Teilnehmer antreten werden. Dabei hat jede Nation ihre eigenen Qualitäten: Die Polen sind Meister im Wedeln, die Italiener wahre Duftkünstler und die Deutschen können hervorragend Geschichten erzählen. Mittlerweile ist die Veranstaltung derart gewachsen, dass nur noch wenige Anlagen über eine ausreichend große Sauna verfügen. Auch deshalb ist das Satama nun schon zum dritten Mal Gastgeber. Das dortige Sauna-Theater mit 200 Plätzen ist die größte Sauna in Berlin und Brandenburg. „Wir haben unseren Mitarbeitern einen Spielplatz gebaut", sagt Betriebsleiterin Janina Lindner. Die Sauna ist ausgestattet mit Licht- und Tontechnik und verfügt sogar über ein eigenes Tonstudio. Der Kostenpunkt für das Sauna-Theater: 1,5 Millionen Euro.
Die Rahmenbedingungen könnten also kaum besser sein. Die Bühne ist nahezu perfekt – das erhöht allerdings auch den Druck für diejenigen, die dort auftreten. „Wir müssen uns immer weiterentwickeln und uns ständig neue Aufgüsse ausdenken", betont Steven Becskei. Schließlich will der Gast bei seinem nächsten Besuch nicht wieder das Gleiche sehen.
An einem neuen Aufguss arbeitet er oft mehrere Monate, manchmal auch noch nach Feierabend: „Man muss das auch wollen und bereit sein, ein bisschen mehr zu geben. Freistoßspezialist wird man schließlich auch nicht vom normalen Fußballtraining allein. Da muss man schon zusätzliche Einheiten einlegen." Doch die Mühe lohnt sich: 2016 belegte zuletzt eine Aufgussmeisterin aus Wendisch Rietz, Anja Becker, bei den Weltmeisterschaften den dritten Platz. Steven Becskei meint: „Die Begeisterung der Gäste entschädigt für allen Schweiß."