Andreas Ronken leitet die Alfred Ritter GmbH seit 2014. Mit der eigenen Plantage musste das Unternehmen lernen, sich an die Launen der Natur anzupassen, Rückschläge inklusive.
Herr Ronken, wer hatte die Idee, selbst in den Kakaoanbau einzusteigen?
Wir hatten immer schon den Traum als Schokoladenhersteller in den eigenen Kakaoanbau zu gehen. Das hat sich so ergeben damals mit der Familie Ritter in vielen Diskussionen. Wir haben uns verschiedene Modelle überlegt, und kamen dann darauf, dass eine eigene Plantage uns viele Vorteile bietet.
Inwiefern?
Viele Vorteile bezüglich Nachhaltigkeit, weil wir da wirklich beweisen können, dass man Kakao unter guten Umständen anbauen kann, und dass die Qualität unserer Schokolade nochmal höher wird.
Fürchtet Sie die Konkurrenz jetzt als Big-Player in der Branche, der sich unabhängiger vom Markt macht?
Tatsächlich wurden wir anfangs belächelt. Das war ja ein ganz ungewöhnlicher Weg für einen Schokoladenhersteller, Bauer zu werden und einfach selber in den Kakaoanbau zu gehen. Im Nachhinein glaube ich, dass wir manche Leute damit ein bisschen provoziert haben.
Den Kritikern haben Sie es gezeigt. Ihre Plantage dürfte die größte zusammenhängende Kakaoanbaufläche der Welt sein. Erfüllt Sie das mit Stolz?
Uns geht es nicht um ein „größer, weiter, stärker", sondern darum, das zu machen, was wir für richtig halten. Eine Kakaoplantage, die so produziert, dass wir sagen können: Da kann jeder offen hinschauen, das ist eine richtig gute Sache, wenn wir hier Schokolade ohne schlechten Nachgeschmack produzieren.
Wie viel hat Ritter Sport in den eigenen Anbau investiert?
Wir haben jedes Jahr einen mittleren einstelligen Millionenbetrag für den Aufbau der Plantage investiert. Aber wir haben vor allem viel dahingehend investiert, einen anderen Weg, ein Risiko zu gehen. Das größte, was wir gelernt haben, ist, mit der Natur zu wirtschaften. Wir sind gewohnt, Schokolade in geschlossenen Hallen zu produzieren. Aber Natur, Wasser, Dürre und alles was so zu einem Agrarunternehmen gehört, das haben wir mit viel Demut lernen müssen. Das war im Nachhinein das größte Investment.
Wer einen Lernprozess durchläuft, muss sicher auch Rückschläge einstecken.
Das stimmt. Vor zwei Jahren ist die Regenzeit in Nicaragua quasi ausgefallen. Wir haben hier geplant, keine Bewässerung haben zu müssen, weil genügend Wasser in der Anpflanzphase vorhanden ist. Die jungen Bäume werden in der Regenzeit gepflanzt. Aber wir haben erleben müssen, dass kein Wasser da war. Über 200.000 junge Bäume sind vertrocknet und wir mussten ad hoc und schnell ein Bewässerungssystem installieren. Das hat uns ein Jahr zurückgeworfen.
20 bis 30 Prozent der benötigten Kakaomasse sollen bis 2023 von Ihrer eigenen Plantage kommen. Können Sie in Zukunft ausschließen, dass Kakao aus Plantagen, auf denen es noch schlechte Arbeitsbedingungen gibt, in Ihren Schokoladen landet?
Unsere Vision ist, dass wir wirklich dorthin fahren können, wo unser Kakao wächst und uns vergewissern können, dass der Anbau und die Umstände und die Qualität des Kakaos so sind, wie wir uns das vorstellen. Das geht weit hinaus über Zertifikate, die sicherlich gut sind – wir haben ausschließlich zertifizierten Kakao – aber wir wollen hinfahren und uns ein Bild machen, ob alles so ist, wie wir uns das vorstellen.
Gibt es dafür einen Zeitplan?
Das hängt von den Projekten ab. Wir waren aber bei der Umstellung zum hundertprozentig nachhaltigen Kakao schneller als wir gedacht haben. Das haben wir Anfang des Jahres erreicht, deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir das in den nächsten Jahren schaffen werden.
Zur Nachhaltigkeit gehört auch, dass Sie bessere Löhne zahlen als andere. Warum zahlen Sie in Nicaragua nur 20 Prozent über dem Mindestlohn? Sollte ein deutsches Unternehmen die Löhne nicht verdoppeln können?
Wir müssen im Rahmen unseres Umfelds bleiben. Es wäre auch nicht nachhaltig und nicht gut, wenn wir 100 Prozent mehr zahlen. Dann würden wir den anderen Arbeitgebern im Land die Arbeitsplätze nehmen. Das geht nicht. Man muss sich immer dem Umfeld, in dem man sich bewegt, anpassen und nicht sagen: Ich komme aus einem Land das reicher ist und mehr bezahlen könnte und dann einfach die Preise komplett für alle im ganzen Land kaputt machen.