Früher verdiente der Homburger Karlsberg-Konzern vor allem mit klassischem Bier, Discountern und dem Massengeschäft. Damit ist kaum noch Geld zu machen. Deshalb setzt Unternehmenschef Christian Weber heute vor allem auf reichlich bunte Bier- und Softdrink-Innovationen.
Kellerbier, Helles, Radler und Weizen, Ginger Brew von Bunderberg, Mixery, Ultimate Energy, Irish Cider, Asa, Rhabi und Tuja Schorle, Fruchtlimo in rot mit Kaktusfeige, in weiß mit Bergamotte und gelb mit Mandarine oder Rhabarber-Mirabelle. Und das sind längst nicht alle: Was mittlerweile aus dem Unternehmensverbund von Karlsberg fließt, hat mit den reinen Bier-Klassikern von früher immer weniger zu tun. Seitdem Christian Weber das Sagen in Homburg hat, kommt der Konzern experimentierfreudiger und innovativer rüber. Weber, 38 Jahre alt und Generalbevollmächtigter der Karlsberg Brauerei, hatte 2012 das Ruder von seinem Vater Richard Weber übernommen. Setzte das traditionsreiche Familienunternehmen Karlsberg früher konsequent auf hohen Bierabsatz vor allem auch im Discountbereich, hat Christian Weber gemeinsam mit seiner Führungscrew um Martin Adam, Dr. Hans-Georg Eilts und Markus Meyer die Traditionsbrauerei kräftig umgekrempelt. Ein absolutes Muss, wie er heute sagt, um Karlsberg fit für die Zukunft zu machen. Denn der Durst auf die reinen Bierklassiker hat in Deutschland in den letzten Jahren abgenommen. Neue Biersorten, trendige Mixgetränke, Longdrinks auf Bierbasis für die Jüngeren und Junggebliebenen unter den Alten sowie alkoholfreie Getränke haben dagegen deutlich zugelegt.
40 Stellen werden sozialverträglich abgebaut
Der studierte Volkswirt Christian Weber, der sein Handwerk bewusst im Ausland und nicht im heimischen Homburg unter den Fittichen seines Vaters gelernt hat, drehte in den vergangenen zwei Jahren den margenschwachen Handelsmarken im Discount sprichwörtlich den Hahn zu, setzte unbeirrt auf eine Markenvielfalt im Premiumbereich mit zahlreichen neuen Produkten, stärkte die Dachmarke Karlsberg durch einen Relaunch und verfolgte im Unternehmen ein konsequentes Kostenmanagement. Dass so etwas nicht immer glatt laufe, hier und da das Fass zum Überlaufen bringe, sei unvermeidlich, betont Christian Weber. Durch Altersteilzeit und Abbau von Wochenendarbeitszeiten werden rund 40 Stellen maximal sozialverträglich abgebaut. Heute arbeiten im Verbund rund 570 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 300 am Stammsitz in Homburg. Die Umsatzerlöse gingen von 159 Millionen Euro auf 123 Millionen Euro zurück. Zudem konzentriert sich das Unternehmen klar auf seine Kerngebiete Saarland und Rheinland-Pfalz und will dort durch Erlebbarkeit und neue Biersorten mehr „Bock" auf Bier machen. Nur mit der Marke Mixery ist die Brauerei in ganz Deutschland unterwegs und das mit einem Marktanteil von fast 20 Prozent. Vom derzeitigen Craft-Beer-Boom in Deutschland profitiere Karlsberg in puncto Marketing, betont Christian Weber, obwohl die abgesetzten Mengen an Craft-Beer aller Brauereien zusammen deutschlandweit lediglich 0,5 Prozent am Biermarkt ausmachen. Selbst ist die Brauerei in diesem Segment gar nicht unterwegs. Es sei einfach eine gut gemachte PR-Geschichte und es gebe wohl mehr Magazine über Craft-Beer als abgesetzte Mengen, sagt der Karlsberg-Chef.
Der Abbau margenschwacher Handelsmarken vor allem im Auslandsgeschäft und der Ausbau des Markengeschäfts im Inland scheinen Karlsberg Recht zu geben. Im Markengeschäft konnte der Umsatz im vergangenen Jahr um 3,8 Prozent auf fast 66 Millionen Euro gesteigert werden.
Um weiterhin die Nummer eins im heimischen Biermarkt in Südwestdeutschland zu bleiben, will Karlsberg mit starken Marken den regionalen Bezug weiter auf Vordermann bringen und so mehr Marktanteile hinzugewinnen. Zwar sei Ur-Pils nach wie vor der Renner unter den Bieren, aber mit neuen Produkten wolle man bei den Konsumenten punkten, betont Geschäftsführer Markus Meyer von der Karlsberg Brauerei.
Zum Beispiel mit dem neuen Kellerbier, ein naturtrübes kräftiges Bier mit 5,2 Prozent Alkohol. Bei der Homburger Brauereinacht am 27. April sollen gleich drei neue Biersorten erstmalig der Öffentlichkeit zum Testen vorgestellt werden, frohlockt schon mal der Brauereichef. Außerdem blickt der Konzern schon jetzt voller Erwartungen auf die anstehende Fußball-Weltmeisterschaft, die in Deutschland immer gerne mit Bier begleitet werde.
Ein echter Umsatzbringer bleibt Mixery. Kamen im vergangenen Jahr die drei Ultimate Versionen Lemon, Energy und Tequila auf den Markt, sollen weitere innovative Mischungen den Geschmack junger Leute treffen. Im zweiten Halbjahr sollen Bier-Longdrinks hinzukommen. Sie haben die vor fünf Jahren angekündigten Bier-Cocktails in Dosen abgelöst. Nicht alles könne eben immer und überall erfolgreich sein, gibt Christian Weber zu, aber Kreativität und Mut, Neues zu machen, seien Voraussetzung für die Zukunfts- und Überlebensfähigkeit in einem hart umkämpften Markt, der in punkto Mengen von den großen Konzernen, allen voran der US-Brauerei-Riese Anheuser-Busch, weitestgehend bestimmt wird.
Während im Inlandsgeschäft die Margen im Premiumbereich im einstelligen Prozentbereich zulegten, entwickelte sich das Auslandsgeschäft konträr. Die Konzentration gilt Frankreich und dem außereuropäischen Geschäft. Die Franzosen scheinen mehr und mehr Gefallen an Bier zu finden, sagt Weber, und so braut man am Standort in Saverne bei Karlsbräu mittlerweile auch Biere belgischen Stils, die, wie es heißt, auf dem Markt gut angenommen würden. Der Export nach Asien litt Anfang 2017 vor allem unter Containerengpässen und den damit verbundenen Kostensteigerungen, das Afrika-Geschäft wird derzeit neu strukturiert, lediglich das Südamerika- und Nahost-Geschäft entwickelte sich positiv, sodass der Umsatz im Auslandsgeschäft insgesamt deutlich rückläufig war.
Auch wenn der Veränderungsprozess mit Kosteneinsparungen für die Belegschaft noch nicht ganz abgeschlossen sei, gebe es für die Konsumenten eine gute Nachricht: „Bis zum Herbst sind in diesem Jahr erst einmal keine Preiserhöhungen vorgesehen", so Martin Adam, Geschäftsführer der Karlsberg Holding. Denn die habe man schon 2017 durchgeführt.